Fundort Jannowitzbrücke
Küchenschrank ab.
Ich muß handeln, dachte sie, und zwar schnell. Ihr mußte etwas einfallen, bevor er die Pistole unter dem Vorhang entdeckte und zu ihr zurückkehrte. Sie stand auf und sah sich panisch um. Über der Wanne war ein Fenster, doch es war viel zu klein, sie würde niemals hindurchpassen.
Sie suchte den Raum ab, in der Hoffnung, etwas zu finden, was sie als Waffe benutzen konnte. Da endlich hatte sie einen Einfall.
Sie lehnte sich über die Wanne und riß das Fenster auf. Es führte in den Innenhof, sie konnte die erleuchteten Fenster des Hinterhauses sehen. Sie stellte eine Shampooflasche vor die Scheibe, damit sie nicht wieder zufallen würde. Dann wandte sie sich zum Waschbecken. Der Spiegel ließ sich mühelos von der Wand entfernen. Er war jedoch schwer, und sie hatte einige Mühe, ihn zu halten.
Dann stellte sie sich vor die Tür und schob die Badematte zur Seite, um sicheren Halt finden zu können. Mit ihrer ganzen Kraft schwang sie den Spiegel hoch und hielt ihn über ihren Kopf. Sie atmete durch. Dann begann sie zu schreien.
Die Ampel sprang endlich auf Grün. Michael raste mit quietschenden Reifen über die Kreuzung. Nach hundert Metern sprang eine weitere Ampel auf Rot, und er mußte erneut abbremsen.
Fluchend beugte er sich vor und kramte im Handschuhfach nach seinem Handy. Er bereute es, daß er sich nie in seinem klapprigen Golf ein Blaulicht hatte installieren lassen, das er auf das Autodach stellen konnte.
Schließlich fand er das Handy, zog es hervor und wählte die Nummer von Wolfgang Herzberger. Er hatte ihn bereits von der Bar aus anrufen wollen, in der er Maria Flores getroffen hatte, doch es hatte Probleme mit dem Netzempfang gegeben, und so war er in seinen Wagen gesprungen und losgefahren. Nun versuchte er es wieder. Er hoffte, daß sein Chef das Handy mit nach Hause genommen hatte. Es zählte jede Minute.
Wolfgang meldete sich, als die Ampel auf Grün sprang. Michael drückte wieder das Gas durch. Die Stimme seines Chefs ging in dem plötzlichen Quietschen unter.
»Wolfgang, das ist ein Notfall!« rief er. »Ich weiß, wer die Frauen umgebracht hat.«
»Tobias Wink?«
Michael war sprachlos.
»Es ist nur eine Vermutung«, sagte Wolfgang. »Wir sind gerade auf dem Weg zu ihm. Die Überprüfung der Autos hat uns auf seine Spur gebracht.«
An der Straßenecke erschien die vertraute Tankstelle, die hellen Preistafeln leuchteten ihm entgegen. Nun waren es nur noch ein paar hundert Meter.
»Wo seid ihr gerade?« fragte Michael.
»Auf der Schönhauser Allee. In gut fünf Minuten müßten wir dasein.«
Michael setzte den Blinker und bog in die Binzstraße ein. Er schaltete den Motor aus und ließ sich langsam die Straße hinunterrollen. Barbaras Sportwagen stand hinter dem Fiesta von Tobias Wink.
»Es sind Komplikationen eingetreten«, sagte Michael. Er bremste ab und kam neben Barbaras Sportwagen zum Stehen. »Barbara Nowack ist ebenfalls auf die Spur des Mörders gekommen.« Er spähte in ihren Wagen hinein. Doch sie hatte ihn bereits verlassen. »Und ich fürchte, sie ist gerade bei Tobias Wink in der Wohnung.«
Wolfgang verstummte. »Kannst du das näher erklären?« fragte er schließlich.
»Barbara Nowack hat sich einer Freundin anvertraut, die wiederum Kontakt zu mir aufgenommen hat. Barbara hat es auf irgendeine Weise geschafft, die Identität des Mörders herauszufinden. Ich vermute, daß sie ihre Schwester rächen will.«
Er sah zu den Fenstern hinüber, konnte jedoch niemanden im Inneren der Wohnung sehen.
»Ihr Wagen steht jedenfalls vor seinem Haus«, sagte er. »Und er ist leer.«
»Du bist dort? In der Binzstraße?« Wolfgangs Stimme klang erschrocken.
»Ich bin gerade eingetroffen.« Nach einem Moment fügte er hinzu: »Ich habe versucht, dich zu erreichen, doch ich hatte keinen Empfang.«
»Schon gut«, sagte Wolfgang. »Bleib, wo du bist. Wir sind in vier Minuten da.«
»Aber wenn sie bereits im Haus ist?«
»Das ist nicht gesagt. Vielleicht steht sie auch nur irgendwo in den Büschen und beobachtet dich beim Telefonieren.«
Michael wollte protestieren, doch Wolfgang unterbrach ihn.
»Falls sie in seiner Gewalt sein sollte, kannst du alleine ohnehin nichts unternehmen«, sagte er. »Ich werde ein Sondereinsatzkommando anfordern. Wenn alles gut klappt, können wir innerhalb von fünfzehn Minuten einen Zugriff vorbereiten.»
»Soll ich denn die Hände in den Schoß legen und warten, daß er sie in der Zwischenzeit ermordet?«
»Ich will
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