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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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Ranken
wie ein Vorhang vor der Türöffnung hingen. Der Turm war der einzige Teil des
Schlosses, der das Feuer fast unbeschadet überstanden hatte. Im Innern schwärmten
die Fledermäuse, und die Strickleiter, die Jacob vor Jahren angebracht hatte,
schimmerte silbrig in der Dunkelheit. Die Elfen hinterließen ihren Staub
darauf, als wollten sie ihn nicht vergessen lassen, dass er vor Jahren aus
einer anderen Welt herabgestiegen war.
    Fuchs
blickte ihn besorgt an, als er nach den Seilen griff.
    »Wir
brechen auf, sobald ich mit Will zurück bin«, sagte er.
    »Aufbrechen?
Wohin?«
    Aber Jacob
kletterte schon die schwankende Leiter hinauf.
    Das Turmzimmer
war hell vom Licht der beiden Monde und sein Bruder stand neben dem Spiegel. Er
war nicht allein.
    Das
Mädchen löste sich aus seinen Armen, sobald sie Jacob hinter sich hörte. Sie
war hübscher als auf den Fotos, die Will ihm gezeigt hatte. Verliebter Narr.
    »Was macht
sie hier?« Jacob spürte den eigenen Ärger wie Frost auf der Haut. »Hast du den
Verstand verloren?«
    Er wischte
sich den Elfenstaub von den Händen. Wenn man nicht aufpasste, wirkte er wie ein
Schlafmittel.
    »Clara.«
Will griff nach ihrer Hand. »Das ist mein Bruder. Jacob.«
    Er sprach
ihren Namen aus, als hätte er Perlen auf der Zunge. Will hatte die Liebe schon
immer zu ernst genommen.
    »Was muss
noch passieren, damit du begreifst, was das hier für ein Ort ist?«, fuhr Jacob
ihn an. »Schick sie zurück. Sofort.«
    Sie hatte
Angst, aber sie gab sich Mühe, sie zu verbergen. Angst vor dem Ort, den es
nicht geben konnte, vor dem roten Mond, der draußen am Himmel stand - und vor dir, Jacob. Sie schien überrascht, dass er
tatsächlich existierte. Wills älterer Bruder. Unwirklich wie der Raum, in dem
sie stand.
    Sie griff
nach Wills entstellter Hand und strich sich über die Stirn. »Was ist das?«,
fragte sie mit stockender Stimme. »Ich habe so einen Ausschlag noch nie
gesehen!«
    Natürlich. Studentin der Medizin ... Sieh sie an, Jacob! Sie ist genauso
liebeskrank wie dein Bruder. So verliebt, dass sie Will selbst
in eine andere Welt folgte.
    Über ihnen
war ein Scharren zu hören und ein hageres Gesicht lugte von den Balken auf sie
herab. Der Stilz, der Jacob bei seinem ersten Ausflug hinter den Spiegel
gebissen hatte, ließ sich auch nach all den Jahren nicht vertreiben, doch sein
hässliches Gesicht verschwand hastig zwischen den Spinnweben, als Jacob die
Pistole zog. Für eine Weile hatte er die alten Revolver aus der Sammlung seines
Vaters benutzt, aber schließlich hatte er eines der altmodischen Gehäuse von
einem Waffenschmied in New York mit dem Innenleben einer modernen Pistole
ausstatten lassen.
    Clara
starrte entgeistert auf den schimmernden Lauf.
    »Schick sie
zurück, Will.« Jacob schob die Waffe wieder in den Gürtel. »Ich sag es nicht
noch mal.«
    Auch Will
waren inzwischen Dinge begegnet, die mehr Angst machten als große Brüder, doch
schließlich wandte er sich um und strich Clara das helle Haar aus der Stirn.
    »Er hat
recht«, hörte Jacob ihn flüstern. »Ich komme bald nach. Es wird verschwinden,
du wirst sehen. Mein Bruder findet einen Weg.«
    Jacob
hatte nie begriffen, woher dieses große Vertrauen kam. Nichts hatte es je
erschüttern können, nicht einmal all die Jahre, in denen Will ihn kaum je zu
Gesicht bekommen hatte.
    »Komm
schon.« Jacob wandte sich um und ging auf die Bodenluke zu.
    »Geh
zurück, Clara. Bitte«, hörte er Will sagen.
    Aber Jacob
stand bereits am Fuß der Strickleiter, als sein Bruder endlich nachkam. Will
kletterte so zögernd, als wollte er niemals unten ankommen. Dann stand er da
und betrachtete den Elfenstaub an seinen Händen. Tiefer Schlaf und betörend
schöne Träume. Nicht das schlechteste Geschenk. Aber Will wischte sich den Staub
von den Fingern, wie Jacob es ihm beigebracht hatte, und fasste sich an den
Hals. Inzwischen zeigte sich auch dort schon das erste blasse Grün.
    »Du
brauchst niemanden, oder, Jake?« Aus seiner Stimme klang fast so etwas wie
Neid. »So war es schon immer.«
    Jacob
schob den Efeu zur Seite.
    »Wenn du
sie so sehr brauchst«, sagte er, »dann solltest du sie dort lassen, wo sie
sicher ist.«
    »Ich
wollte sie nur anrufen! Sie hatte seit Wochen nichts von mir gehört. Ich habe
nicht erwartet, dass sie mir nachkommt.«
    »Ach ja?
Worauf hast du denn da oben gewartet?« Darauf erwiderte Will nichts.
     
    Fuchs
wartete bei den Pferden. Und es gefiel ihr gar nicht, dass Jacob Will
zurückbrachte.

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