Funkelnde Leidenschaft
»Fragen Sie Curtis Adams, wenn Sie wollen. Er half ihr in die gemietete Kutsche.« Mit diesen letzten Worten versuchte sie die Zofe zu bluffen. Und sie hatte tatsächlich Erfolg.
Sobald der Freund des verstorbenen Colonels erwähnt wurde, schwanden Hannahs Zweifel. »Armes Kind … Sie will ihr Baby in dieser Wildnis zur Welt bringen …«
Nur das Ticken der Meißner Uhr war in der plötzlichen Stille zu hören.
Verwundert schaute die Zofe auf. »Wußten Sie nichts davon?«
Millicent erholte sich zuerst von dem Schock. »Nein. Aber nun kann ich Venetias Entschluß besser verstehen. Unter diesen Umständen wollte sie natürlich sofort zurückkehren. Mein armer Liebling … Aber machen Sie sich keine Sorgen, Hannah. Mit den Millionen ihres Vaters kann sie sich sogar im wilden Westen die beste Pflege leisten.«
»Hoffentlich tröstet das Baby sie in ihrem Kummer.«
»Oh, ganz bestimmt.«
»Würden Sie mich verständigen, wenn Miss Venetia Ihnen schreibt, wo sie zu erreichen ist? Ich gebe Ihnen die Adresse meiner Schwester in Lancaster. Dort werde ich wohnen.« Hannah notierte die Anschrift auf einen Zettel, den Millicent unter einen kristallenen Briefbeschwerer schob.
»In drei bis vier Wochen müßten wir wissen, wo Venetia sich aufhält. Vielen Dank für Ihre treuen Dienste, Hannah. Mein Mann hat Sie in seinem Testament mit einer großzügigen Jahresrente bedacht. Yancy, mein Lieber, würdest du ihr beim Packen helfen? Inzwischen stelle ich Ihnen einen Scheck aus, Hannah – sagen wir, für die ersten sechs Monate. Wird das genügen?«
»Gewiß, Ma'am. Aber ich packe meine Sachen lieber selber.«
Wenig später begleitete Yancy die Zofe zu einer Kutsche, die vor der Seitentür hielt. Als er in den Salon zurückkehrte, blickte Millicent von ihrem Schreibtisch auf. »Das hat doch sehr gut geklappt, nicht wahr?«
»Perfekt. Und nachdem wir die alte Hannah losgeworden sind, wird's uns sicher etwas leichter fallen, Venetia unseren Standpunkt klarzumachen. Eine junge Mutter, die ihrem Liebhaber so verzweifelt nachtrauert, ist wohl kaum bereit, ihr Baby nach der Geburt wegzugeben.«
»Und wie kommen wir an ihr Geld heran?« fragte sie und zerriß den Zettel, auf dem Hannah die Adresse ihrer Schwester notiert hatte.
»Ganz einfach. Wir zwingen sie, eine Vollmacht zu unterschreiben, und dann gehört ihr Erbe uns.«
»Wir können sie nicht für alle Ewigkeit einsperren, sonst würden die Leute reden.«
»Sobald das Kind geboren ist, wird sie nach Europa übersiedeln, vielleicht nach Südfrankreich oder in die Cotswolds. Wir schicken ihr regelmäßig Geld, und dem Kind wird nichts passieren. Inzwischen können wir in aller Ruhe überlegen, wie wir die zweiundzwanzig Millionen ausgeben wollen.«
»Oh, da muß ich nicht lange nachdenken«, erwiderte Millicent lachend.
Abends brachten sie Blaze ein Dinnertablett, nachdem sie den Dienstboten erklärt hatten, sie habe während der Testamentseröffnung einen Nervenzusammenbruch erlitten. Davon müsse sie sich erholen und dürfe vorerst nicht gestört werden. Sorgsam versperrten sie die Tür hinter sich, informierten Blaze über ihre Pläne und teilten ihr mit, Hannah sei zu ihrer Schwester übersiedelt.
»Wenn du mit allem einverstanden bist, wird's keine Probleme geben«, fügte Yancy hinzu.
»Für euch vielleicht nicht.«
»Du willst doch dein Kind behalten, nicht wahr?«
»Und ihr bekommt mein Geld.«
»Ein fairer Tausch.«
Im Grunde interessierte sich Blaze nicht sonderlich für das Vermögen. Ihr Treuhänderfonds würde unangetastet bleiben und für ihren Lebensunterhalt ausreichen. Aber Millicents und Yancys Habgier jagten ihr Angst ein.
Wie weit würden sie gehen, um sich die zweiundzwanzig Millionen anzueignen? Hazards Tod beantwortete diese Frage unmißverständlich.
Nur seinem Kind zuliebe wollte sie nicht auf ihr Erbe verzichten. An diesem Nachmittag hatte sie ihr Testament abgefaßt, das nun bei Curtis Adams' Akten lag. Wenn sie Yancy und Millicent die geforderte Vollmacht erteilte, würde das Baby leer ausgehen. Andererseits – sollte sie sich weigern, würde es vielleicht sterben. Ein kleines Kind war noch viel leichter zu töten als Hazard. »Darüber muß ich gründlich nachdenken.«
»Laß uns bloß nicht zu lange warten!« mahnte Yancy.
»Nun, ich habe noch sechs Monate Zeit.«
»Und inzwischen könnten wir dir das Leben sehr schwer machen.«
»Danke für die Warnung.«
»Spätestens in drei Wochen mußt du dich entscheiden.«
»Sicher
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