Funkelnde Leidenschaft
Und jetzt stand er vor ihr, wie durch ein Wunder. »O Hazard – du lebst!« schluchzte sie leise.
»Was ich nicht dir verdanke …« Als die Türglocke läutete, verstummte er. Madame Restell hatte zwar versprochen, niemand würde ihn stören. Aber nachdem sie sein Geld in Händen hatte, traute er ihr nicht mehr über den Weg. »Zieh schnell deinen Mantel an, Blaze. Wir gehen jetzt.«
»Wohin?« Angstvoll dachte sie an Yancy und die Leibwächter.
»Nach Montana. Wohin denn sonst? Los, beeil dich!«
»Warum hast dir mir in all den Wochen nicht geschrieben?«
»Weil ich nach der Lektüre deines faszinierenden Briefs den Eindruck gewann, eine Korrespondenz mit mir würde dich nicht interessieren.«
»Welchen Brief meinst du?« fragte sie und hob verblüfft die Brauen.
»Einfach großartig, meine Liebe!« Seine schlanken Hände klatschten ihr lautlos Beifall. »Was für eine fantastische Schauspielerin du doch bist! Aber das warst du ja schon immer, nicht wahr, bia?« Dieses letzte Wort weckte bittersüße Erinnerungen, die er rasch verdrängte. »Natürlich spreche ich von dem Brief, den du mir einen Tag vor Yancys Attacke geschrieben hast – über die du zweifellos informiert warst.«
»Davon weiß ich aber nichts. Zeig mir doch bitte den Brief!«
»Da ich ihn nicht behalten wollte, habe ich ihn vernichtet.«
»Jedenfalls war er nicht von mir, und das werde ich dir beweisen. Wenn du meine Handschrift siehst …«
»Vergiß es, Blaze, das spielt jetzt keine Rolle mehr«, unterbrach er sie ungeduldig und ergriff ihren Mantel. »Komm endlich!«
»Hazard, sicher kann ich dir erklären …«
»Spar dir die Mühe. Ich bin nicht in der Stimmung für deine Lügengeschichten, und wir haben einen langen Weg vor uns.«
»Nach Montana …«, flüsterte sie und strahlte vor Glück. Er lebte. Und sie würden heimkehren. All die Mißverständnisse konnten später geklärt werden.
Als sie ihn umarmen wollte, hob er abwehrend eine Hand.
»Ich nehme dich nur wegen meines Kindes mit. Weil es bei meinem Volk geboren werden soll. Bedauerlicherweise kann ich das Baby nicht ohne die Mutter nach Hause holen. Nach der Niederkunft kannst du gehen, wohin du willst. Aber bis dahin werde ich dich nicht aus den Augen lassen.«
»Und ich habe gar nichts zu sagen?« fragte sie tonlos.
»Was willst du denn? Nach der Geburt bist du frei. In meinem Dorf findet sich sicher eine Amme.«
»Und wenn ich nicht gehe, nachdem ich das Kind zur Welt gebracht habe?«
»Du wirst wohl kaum bei mir bleiben, weil du nur meine zweite Frau wärst.«
»Deine zweite Frau?« flüsterte sie verständnislos.
»Allerdings. Blue Flower wird sich um das Kind kümmern. Vor drei Wochen haben wir uns verlobt.«
Jedes einzelne Wort traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. »Was würde geschehen, wenn ich mich nicht von meinem Baby trennen möchte?«
»Nachdem du ein paar Monate in unserem Dorf gelebt hast, wirst du meine Wünsche erfüllen.« Vielsagend schaute er sich im Zimmer um. »Kein blauer Brokat, kein Federbett, keine Dienstboten …«
»Immerhin habe ich die Sommerjagd überstanden – und sogar genossen. Das weißt du.« Wie rasend hämmerte ihr Herz gegen die Rippen.
»Die hat nicht lange gedauert, und du bist eine sehr gute Schauspielerin. Erwarte nicht, daß ich ein zweites Mal auf dein Theater hereinfalle.«
»Verdammt, das war kein Theater!«
»Da bin ich anderer Ansicht. Und nun müssen wir endlich von hier verschwinden. Liber unsere Meinungsverschiedenheiten können wir später diskutieren. Dafür werden wir in Montana genug Zeit finden.«
»Zum Teufel mit dir, Hazard!«
Ungerührt legte er ihr den Mantel um die Schultern und führte sie zum Fenster. »Dieses Zimmer liegt glücklicherweise nicht allzu hoch über dem Boden. Setz dich aufs Sims. Ich springe hinaus, dann hebe ich dich herunter.«
»Noch bin ich nicht mit dir fertig.«
»Und ich nicht mit dir, bia. Erst in fünf Monaten.«
37
Er mietete eine Kutsche und das beste Gespann, das in New York aufzutreiben war. Dann engagierte er einen Fahrer, und innerhalb einer Stunde traten sie die weite Reise nach Westen an.
Als Blaze auf der bequemen Bank saß, bemerkte sie: »Mutter und Yancy haben mir mein Geld weggenommen.«
Hazard, der ihr gegenübersaß, schloß die Augen. »Mach dir deshalb keine Sorgen, ich besitze genug.«
»Das meine ich nicht. Ich mußte eine Vollmacht unterzeichnen, um ihnen Papas Erbe zu übertragen. Sonst wäre das Leben meines Kindes gefährdet
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