Funkelnde Leidenschaft
»Wenn ich doch so eine Mutter hätte …« Um ihre Tränen zu verbergen, trat sie rasch ans Fenster. Sicher hätte sie ein anderes Leben geführt, wäre sie in der Obhut einer solchen Frau wie Lydia aufgewachsen.
»Da wir gerade von Müttern reden – ich werde mich noch einmal auf der Straße umsehen. Im Morgengrauen reisen wir weiter.«
Bei seiner Rückkehr lag sie im Bett und trug wieder Lydias viel zu großes Nachthemd. Nur der Mondschein erhellte das Zimmer.
»Alles in Ordnung«, erklärte er und schnallte seinen Waffengurt ab. »Da Lydia eine sehr große Farm besitzt, kommen die Nachbarn nicht zu nahe ans Haus heran. Also werden wir morgen unbemerkt abreisen, und niemand kann unseren Verfolgern irgendwelche Hinweise geben.« Er setzte sich auf den Bettrand und zog die Stiefel aus.
Unwillkürlich beobachtete sie, wie sich seine Rückenmuskeln unter dem dünnen Hemd bewegten, sah eine Ader an seinem Hals pochen und wünschte, sie könnte ihn umarmen, den schnellen Herzschlag besänftigen. Er stand auf, schlüpfte aus Hemd und Hose und warf beides auf einen Stuhl, dann hängte er den Waffengurt über das Kopfteil des Betts.
Während sie im schwachen Licht seinen nackten Körper betrachtete, überlegte sie, ob er sich verändert hatte. Offenbar war er schlanker geworden, die Brust noch muskulöser, das Haar etwas länger.
»Gute Nacht«, murmelte er und kroch unter die Decke.
In dem breiten Bett mußten sie sich nicht berühren. Schweigend lagen sie nebeneinander. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, starrte er die Tapete an und spürte Blazes Nähe viel zu intensiv. Wie sollte er diese Nacht bloß überstehen?
Und Blaze konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Unaufhaltsam rannen sie über die Wangen und tropften aufs Kissen, nur wenige Zentimeter von dem Mann entfernt, den sie liebte. Noch nie hatte sie sich so einsam gefühlt. In diesem Augenblick wurde ihr endgültig klar, daß sie Hazard nicht zurückgewinnen könnte. Sie bedeutete ihm nichts mehr. Gute Nacht, hatte er gesagt. Einfach nur: Gute Nacht. Sonst nichts. Als wären sie Fremde, die zufällig im selben Bett lagen …
Jetzt konnte sie nicht länger stark und tapfer sein. Es tat zu weh. In den Wochen, wo sie gegen Millicent und Yancy gekämpft hatte, um ihr Erbe, ihr Baby, ihr Leben, hatte sie einfach zuviel Kraft verbraucht. Nun war sie zu müde, um der Welt mit gewohnter Entschlossenheit entgegenzutreten. Und es gab niemanden, an den sie sich wenden konnte. Nicht einmal der Vater ihres Kindes würde ihr beistehen.
Und so flossen die Tränen unablässig. Aber sie schluchzte nicht. Ein winziger Rest ihres Stolzes war ihr doch noch geblieben.
Trotzdem hörte Hazard ihre ungleichmäßigen Atemzüge und erkannte, daß sie weinte. Sie würde sein Mitleid nicht begrüßen. Das wußte er. Deshalb zögerte er eine kleine Weile, bevor er sich zu ihr wandte und sie in die Arme nahm. An seiner Brust spürte er ihre warmen Tränen, und sein Herz flog ihr entgegen. Sie war unglücklich. Und plötzlich bedeutete ihm das sehr viel.
Endlich wieder in Hazards Armen zu liegen … Dieses Gefühl öffnete die Tränenschleusen noch weiter. Denn jetzt erst wurde ihr richtig bewußt, wie dringend sie ihn brauchte, wie unwichtig ihr die Welt ohne ihn erschien, wie allein sie in diesen letzten Wochen gewesen war.
»Was stimmt denn nicht, bia ? Sag es mir.« Zärtlich strich er ihr das wirre Haar aus der Stirn.
Überwältigt von ihren Gefühlen, konnte sie kaum atmen. Wie ein Kind, das zu lange geweint hatte, rang sie nach Luft. Er wartete geduldig, hielt sie fest – aber nicht zu fest, vor lauter Angst, er könnte sie verletzen. Nachdem er ihre Wärme in all den endlosen Wochen entbehrt hatte, würde er ihr womöglich schaden, wenn er seine Sehnsucht nicht bezähmte.
»Ich bin müde«, flüsterte Blaze nach einiger Zeit.
»Das weiß ich, Prinzessin. Diese letzten Tage waren die Hölle.« Behutsam wischte er mit einem Leintuchzipfel ihr nasses Gesicht ab.
»Jetzt will ich nicht mehr stark sein – ich kann's nicht mehr …« Neue Tränen begannen zu fließen.
Da verstand er, was in ihr vorging. Zuviel auf einmal – zu viele Lasten, zu viel Kummer, eine zu große Verantwortung für eine junge Frau, die ihr Leben lang auf Händen getragen worden war …
»Glaub mir, Prinzessin, du mußt nicht immer stark sein. Jeder darf hin und wieder Schwäche zeigen. Und in letzter Zeit sind so viele Schicksalsschläge auf dich niedergegangen. Dein Vater
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