Funkelnde Leidenschaft
verschwenderischer Extravaganz.
In Virginia City gab es alles, was man mit Geld kaufen konnte, von Austern, in Eis gepackt, bis zu luxuriöser Kleidung. Die Waren wurden über Land oder per Schiff auf dem Missouri in die Stadt gebracht. Obwohl die Frachtkosten hohe Preise verursachten, fand sich immer jemand bereit, diese Summen zu bezahlen.
»Wie kann man nur hier draußen leben ? Das alles ist so – geschmacklos«, klagte Millicent. »Und furchtbar staubig, sobald der Schlamm getrocknet ist.«
»Natürlich darfst du Virginia City nicht mit Boston vergleichen.« William bat den Fahrer, der sich bei Millicents unfreundlichem Kommentar umgedreht hatte, mit einem Lächeln um Verzeihung. »In dieser Wildnis braucht eine Stadt etwas Zeit, um sich zu entwickeln.«
»Das ist keine Entschuldigung für so was .« Empört zeigte sie mit ihrem Fächer in die Richtung eines Zelts, über dessen sackleinerner Eingangsklappe ein buntbemaltes Schild mit der Aufschrift ›Montana Belle‹ hing. Davor standen mehrere Männer Schlange. Während sie warteten, bis sie an die Reihe kamen, ließen sie eine Whiskyflasche herumgehen.
Der Colonel räusperte sich. Hier gibt's nicht allzu viele weiße Frauen, wollte er sagen. Aber in Blazes Gegenwart besann er sich eines Besseren. »Nun, sie sind eben weit weg von zu Hause.«
»Aber das ist eine Hauptstraße«, protestierte Millicent. »Man könnte sich doch etwas diskreter verhalten …«
»Habt ihr schon in Erfahrung gebracht, ob heute abend ein großes Orchester spielen wird?« fiel Blaze ihr ins Wort, wie so oft in den letzten Jahren, wenn ihre Eltern zu streiten begannen.
»Ja, es kommt aus Chicago.« Erleichtert wechselte ihr Vater das Thema. »Vergiß nicht, mir einen Tanz zu reservieren, Schätzchen. Ich weiß doch, wie schnell deine Tanzkarte immer voll ist.«
»Und paß auf deine Röcke auf, Venetia!« mahnte Millicent bissig. »Wahrscheinlich tragen alle Gentlemen ihre Sporen.«
»Gewiß, Mutter«, antwortete Blaze fügsam. Der Wagen hatte angehalten, der Kutscher ließ gerade das Trittbrett herab, und der Abend war zu schön für alberne Diskussionen.
Höflich wurden die Braddocks vom Obersten Richter des Countys und seiner jungen Frau begrüßt, die auf Wunsch des Gouverneurs als Gastgeber des Territorial Balls fungierten. Lucy Attenborough sah sehr attraktiv aus mit ihren rosigen Wangen und den leuchtenden Augen. Immer wieder lächelte sie allen Leuten in ihrer Umgebung zu, sogar ihrem betagten Ehemann, der neben ihr stand. »Sicher liegt's an der Sommerluft«, meinte ein Gast. »So ein Wetter bringt jeden in frohe Stimmung.«
»Demnächst werden wir wohl von einem freudigen Ereignis im Haus Attenborough erfahren«, flüsterte eine ältere Dame ihrer Freundin zu, mit der sie an der Wand des Ballsaals saß. »Die junge Frau strahlt George geradezu liebevoll an. Ehrlich gesagt, als ich achtzehn war, hätte mich niemand veranlassen können, einen Sechzigjährigen zu heiraten – ganz egal, wie reich er gewesen wäre.«
»Hoffen wir nur, daß das Baby keine allzu dunkle Haut hat«, bemerkte die andere Dame. Den verwirrten Blick ihrer Gefährtin registrierend, fügte sie hinzu: »Neuerdings pflegt Lucy etwas sonderbare Kontakte.« Weitere Informationen ließ sie sich nicht entlocken.
So vage diese Andeutungen auch klangen – innerhalb einer Stunde verbreiteten sie sich wie ein Lauffeuer.
Colonel Braddock geleitete Millicent in einen kleinen Salon, wo sie Sherry trinken und mit anderen Ehefrauen schwatzen konnte, die ihre Männer in den Westen begleitet hatten. Dann führte er seine Tochter auf die Tanzfläche. Das Orchester stimmte gerade eine fröhliche Mazurka an.
Nach dem ersten Tanz mit ihrem Vater wurde Blaze sofort von Verehrern umlagert, und er trat beiseite, um ihnen Platz zu machen. In den Armen eines großen blonden Texaners wirbelte sie davon. Er tanzte ausgezeichnet, versicherte ihr, sie sei schöner als die Glockenblumen in seiner Heimat und schlug ihr so ernsthaft vor, ihn gleich am nächsten Morgen zu heiraten, daß es ihr zunächst die Sprache verschlug. Sobald sie sich gefaßt hatte, lehnte sie seinen Antrag mit einem höflichen Lächeln ab, und wenig später wurde sie von ihrem nächsten Partner gerettet.
Da sie schon immer gern getanzt hatte, amüsierte sie sich köstlich. Außerdem wußten die Gentlemen – wenn sie ihr endlich genug Komplimente gemacht hatten – viel interessanter zu plaudern als ihre Bewunderer in Boston. Meistens ging es um
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