funny girl
denn sie beweisen etwas.
Zum einen reden die Leute im Internet immer Scheiß, darüber muss man sich im Klaren sein. Schlimmstenfalls kommen solche Morddrohungen einfach nur von einem Idioten, der dich einschüchtern will, weil du Neuland betrittst, ein umgekehrtes Kompliment, verstehst du? Manche Leute sehen es nicht gern, wenn jemand Neuland betritt. Das weiß ich nur zu gut. Aber ich werde die Sicherheitsmaßnahmen verstärken, nur für den Fall des Falles.«
»Sicherheitsmaßnahmen?«
»Arthur. Er wird dein Leibwächter. Wird Zeit, dass wir das Team ein bisschen vergrößern. Er passt auf, dass dir nichts passiert.«
»Arthur?«
»Ja. Der nette Killer aus unserem Kurs. Würdest du dich mit ihm anlegen wollen? Ich jedenfalls nicht. Ich hab Schiss vor ihm. Der Typ hat ein Tattoo auf dem Auge. Ehrlich. Ein kleines x auf dem Augapfel. Wenn du ganz nah rangehst, kannst du es sehen. Mann. Das ist so was von brutal. Auf dem Augapfel! Das ist ein echt harter Bursche. Verstehst du? Also, für dich hol ich Verstärkung ins Team. Damit du von deinen eigenen Leuten umgeben bist. So macht man das, immer schön eins nach dem anderen. So baut man ein Management-Team auf. Also reg dich nicht auf. Ich habe alles unter Kontrolle. Du musst einfach nur auftreten und klasse Texte schreiben.«
Azime merkte, dass sie am ganzen Leibe zitterte. Sie konnte kaum atmen. »Ich hab Angst. Ich hasse das alles. Ich hasse es.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber das legt sich. Es hat nichts zu bedeuten. Trink mal was von dem Tee. Das war eine schlimme Nacht. Und jetzt schlaf ein bisschen, damit du frisch bist für deinen Auftritt heute Abend. Ach übrigens, du kannst gern hier wohnen. Heute Abend schlaf ich nicht hier, der besoffene Blödmann von gestern möchte mich wiedersehen, ich übernachte bei ihm.«
»Oh, gratuliere.«
»Danke. Es ist, na ja, ziemlich heftig. Ich glaub, ich hab mich verliebt.«
»Du bist also schwul?«
Deniz nickte: »Scheint drauf hinauszulaufen.«
»Seit wann weißt du das?«
»Nicht lange. Ich bin noch in der Erprobungsphase.«
Er gab ihr einen Schlüssel. »Leg ihn unter den Blumentopf, wenn du weggehst, nur für den Fall, okay? Kein Dieb käme auf die Idee, unter dem Blumentopf nachzusehen.«
Azime lächelte. Zum ersten Mal an diesem Tag.
»So ist’s richtig. Lächel mal ein bisschen. Das ist gut. Und, na ja, tut mir leid, dass du da gestern Abend so reingeplatzt bist. Furchtbar. Anderen Leuten beim Vögeln zusehen zu müssen. Echt scheiße und so. Es ist nicht schön, wenn du meinen nackten Arsch im Stoßverkehr siehst.«
Schon gut, sagte sie. Für sie sei das völlig in Ordnung, schließlich sei es ja sein Leben. Und als sie ihn so sah, mit seinen Welpenaugen und in seinem gestreiften Pyjama, eine Teetasse in der Hand, wurde ihr klar, dass sie ihn nicht liebte. Deniz war nicht der Richtige. Er war ein Freund. Ein Bruder. Fast hätte sie gejubelt: »Du bist nicht der Richtige!«
Sie kamen überein, dass sie beide noch ein bisschen schlafen wollten. Azime legte sich mit einer Decke auf die Couch. Sie war so müde, dass sie auf der Stelle einschlief.
Banu. Sie musste mit Banu reden. Sofort. Sich wieder mit ihr vertragen. Azime hatte ein übermächtiges Bedürfnis, sich mit allen Menschen in ihrem Leben zu vertragen.
Während der Busfahrt zu Banus Haus googelte Azime auf ihrem Smartphone »Humor« und »Islam« und »Weisheiten«. Im Web konnte man binnen Sekunden Weisheiten finden. Während der Bus sich zischend und rumpelnd durch das schiefergraue London quälte, entzifferte sie mühsam die klaren Regeln, die es im Islam über das Witzemachen gab. Sie wollte herausfinden, ob der Zorn ihrer Glaubensgenossen eine theoretische Grundlage hatte. Ihre Eltern waren religiös, aber sie waren keine Korangelehrten, folglich war auch ihr eigenes Wissen über Koran und Sunna begrenzt.
Manche Menschen scherzen zu oft, und es wird ihnen zur Gewohnheit. Dies widerspricht der Ernsthaftigkeit, die zum Wesen des Gläubigen gehört. Ein Scherz ist eine Pause, eine Rast im beständigen ernsthaften Streben; ein Scherz ist Entspannung für die Seele.
An einer anderen Stelle sagte Umar ibn Abdul-Aziz (möge Allah sich seiner erbarmen):
Enthaltet euch des Scherzens, denn es ist töricht und reizt auf zum Zorn.
Imam an-Nawawi (möge Allah sich seiner erbarmen) sagte:
Die Art des Scherzens, die verboten ist, ist die, welche übertrieben und anhaltend ist, denn sie führt zu übermäßigem Gelächter und Verhärtung des
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