Furien im Finstern
ihr die ganze Geschichte erzählen?«
»Und dann erzählt die Polizei sie brühwarm den Zeitungen«, sagte Bertha grimmig. »Warum die Katze aus dem Sack lassen? Nur über meine Leiche.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich auf einer Spur bin, die mir die Hälfte von mindestens zwanzigtausend Dollar verschaffen wird. Und wenn Sie glauben, ich schmeiße zehntausend Dollar so ganz einfach zum Fenster raus, dann sind Sie nicht mehr ganz bei Trost.«
»Aber ich verstehe nicht, was das alles mit mir zu tun hat?«
»Ich weiß. Es ist auch schwer zu verstehen. Sie werden sich ganz einfach hinsetzen müssen und mir alles erzählen. Einfach reden. Versuchen Sie sich zu erinnern, was Sie Bollman erzählt haben. Egal, was, reden Sie ganz einfach.«
»Aber ich muß etwas essen. Ich kann hier nicht raus und...«
»Doch, Sie können«, sagte Bertha. »Kommen Sie mit in mein Zimmer. Ich habe Frauenkleider mitgebracht, die Ihnen passen werden. Sie werden hier als meine Mutter verkleidet rausgehen. Sie haben einen kleinen Gehirnschlag erlitten, und Sie gehen ganz behutsam und stützen sich auf mich. Den Stock benutzen Sie ebenfalls.«
»Meinen Sie, wir könnten es schaffen?«
»Versuchen können wir es.«
»Ich möchte, daß es so aussieht... Ach, Sie wissen schon, daß es so aussieht, als wäre ich schon einige Zeit hier.«
»Warum?«
»Falls mich die Polizei wegen Mordes an Bollman anklagt. Dann könnte ich beweisen, daß ich die ganze Zeit hier im Hotel war.«
Bertha Cool spitzte den Mund, gab einen Pfiff von sich und fluchte: »Na, da brat mir doch einer 'nen Storch!«
»Was haben Sie denn?«
»Ihr Alibi ist keine zehn Cent wert«, sagte Bertha.
»Warum nicht? Ich kann unmöglich allein nach Los Angeles gefahren sein, Bollman umgebracht haben und dann wieder hierher zurückgekommen sein.«
»Nein, aber Sie könnten alles dort vorher erledigt haben. Und sich dann von jemandem hierherfahren lassen und die Geschichte in aller Ruhe ausgeknobelt haben.«
»Wenn nicht Bollman mich hierhergebracht hat, wer dann?« wollte Kosling wissen.
Bertha Cool runzelte die Stirn und sah ihn an. »Das«, sagte sie, »ist es, was ich während der nächsten Stunden herauszufinden versuchen werde. Aber ich weiß jetzt schon, wen Sergeant Sellers in Verdacht haben wird.«
»Wen?«
»Mich. Ich habe mit meinem Namen im Gästebuch unterschrieben.«
25
Bertha Cool half dem Blinden auf den Stuhl und sagte: »Bleiben Sie so stehen. Strecken Sie Ihren Arm aus. Nein, den anderen. Sie können den Kronleuchter erreichen. Bleiben Sie jetzt ganz ruhig stehen, ich werde Sie loslassen.«
Bertha zog langsam die Hände weg.
»Ist gut«, sagte der Blinde. »Ich stehe richtig.«
Bertha betrachtete das Ergebnis. »Nein, das funktioniert nicht. Sie können Ihren Arm nicht hochhalten. Warten Sie mal. Ich gebe Ihnen etwas zum Festhalten.«
Sie rückte einen Stuhl mit hoher Lehne heran und führte seine Hand. »Hier, halten Sie sich daran fest. Und bleiben Sie jetzt bitte ruhig stehen. Ich muß diesen Saum fertigmachen.«
Sie zog Stecknadeln aus einem gefalteten Umschlag, schob die Köpfe in den Mund, ging um den Rock herum und steckte den Saum höher. Dann trat sie zurück, prüfte das Ergebnis und meinte: »Ich glaube, das geht. Steigen Sie jetzt runter.«
Sie half ihm auf den Boden, zog ihm das Kleid über den Kopf und heftete mit schnellen, langen Stichen den Saum fest.
»Glauben Sie nicht, es wäre vernünftiger, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen?« fragte Kosling. »Als ich die Meldung zum erstenmal im Radio hörte, wußte ich nicht, was tun. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl...«
Berthas Stimme klang ärgerlich. »Jetzt hören Sie mal zu. Damit wir uns ein für allemal richtig verstehen. Sie sind im Besitz von Informationen, die zwanzigtausend Dollar wert sind. Von diesen zwanzigtausend kann ich zehntausend kassieren. Sie haben diesem Bollman irgend etwas gesagt, das ihn darauf gebracht hat. Er ist in Ihr Haus gegangen und stolperte in die Falle, die jemand für Sie vorbereitet hatte. Die Polizei möchte herausfinden, wer die Falle gelegt hat und warum. Ich möchte wissen, hinter was Bollman her war. Wenn die Polizei Sie erst einmal schnappt, dann sitzen Sie fest.«
»Aber ich kann mir nicht vorstellen, welche Information das sein sollte?«
»Das ist das Verdammte daran. Ich nämlich auch nicht«, gab Bertha zu. »Aber von meinem Standpunkt aus sind Sie eine wandelnde Goldgrube, und ich werde
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