Furious love

Elizabeths persönlichen Problemen der Auslöser«, grübelte er. »Ich habe eben nur 24 Stunden täglich zur Verfügung. Ich lese, schreibe und filme. Elizabeth sucht immer nach Problemen. Sie macht sich Gedanken über ihre Figur, ihre Familie, die Farbe ihrer Zähne«, versuchte er sich zu verteidigen. »Sie erwartet, dass ich alles stehen und liegen lasse, um mich diesen Problemen zu widmen.« Er bemühte sich, die Situation herunterzuspielen, behauptete gar, sie »amüsiere« ihn. Als er gefragt wurde, ob sie sich nun scheiden lassen würden, änderte sich jedoch sein Ton und er sagte mit Nachdruck, Elizabeth habe ihn gar nicht wirklich verlassen. Ref 632
    »Unsere gegenseitige Liebe und Hingabe steht außer Frage«, erklärte er feierlich.
    »Ich betrachte Elizabeth und mich nicht einmal als getrennt … Ich habe sogar Elizabeths Pass in meinem Besitz. Sieht das etwa aus, als habe sie mich verlassen?« Einige Tage zuvor hatte er Elizabeth einen dreiseitigen Brief aus Quogue geschrieben, in dem er ihr wieder einmal begreiflich zu machen versuchte, wie sehr er sie brauchte. Zugleich stellte er ihre unüberwindbaren Differenzen fest:
    Ich liebe Dich, Du liebenswerte Frau. Wenn jemand Dich verletzt, schicke mir einfach eine Zeile, »Notfall« oder »Brauch Dich« oder einfach nur das Zauberwort »Elizabeth«, und ich werde da sein – schneller als der Schall. Sicher weißt Du, wie sehr ich Dich liebe. Und sicher weißt Du auch, wie schlecht ich Dich behandle. Doch die grundlegendste, heimtückischste, schweinischste, mörderischste und unverrückbare Tatsache ist, dass wir einander vollkommen missverstehen … Wir funktionieren auf verschiedenen Wellenlängen. Du bist so weit weg
wie die Venus – den Planeten meine ich – und ich bin unempfänglich für die Musik der Sphären. Aber wie dem auch sei, so sei es. (Eine beliebte Floskel walisischer Politiker.) Ich liebe Dich und werde Dich immer lieben … Komm zurück zu mir, sobald es geht …
    Richard hatte eingesehen, dass sein Alkoholkonsum außer Kontrolle geraten war und begab sich in Behandlung bei einem New Yorker Internisten. Schaffte er es nun wirklich, trocken zu werden, würde Elizabeth vielleicht zu ihm zurückkehren. Außerdem musste er sich für seinen nächsten Film in Form bringen: Die Reise nach Palermo , produziert von Carlo Ponti. An seiner Seite würde diesmal Pontis Frau Sophia Loren spielen, eine Diva, deren ikonische Schönheit und Sinnlichkeit es durchaus mit Elizabeths aufnehmen konnte. Der italienische Neorealist Vittorio De Sica würde die Regie bei seinem, wie sich herausstellen sollte, letzten, Film übernehmen. Aus Angst, von der Presse überrannt zu werden, wenn er in ein Hotel ging, bat Burton Ponti darum, ihn in seinem Gästehaus in Marino außerhalb Roms aufzunehmen. Das Ehepaar Ponti gewährte ihm diese Bitte. Am 12. Juli 1973 reiste Burton also in die Albaner Berge, wo Ponti und Loren in einer Villa aus dem 16. Jahrhundert mit 56 Räumen residierten. Dort konnte er ungestört seine Wunden lecken. Bei sich hatte er ein deutlich verkleinertes Gefolge: seinen neuen Arzt, einen Sekretär und zwei Leibwächter.
    Elizabeth flog nach Los Angeles. Offiziell wollte sie bei ihrer verwitweten Mutter sein, der wahre Grund war jedoch, dass sie Distanz zu Richards endlosem Trinken und ihren andauernden Streitereien gewinnen wollte. Sie versteckte sich erfolgreich auf der Coldwater Canyon Avenue bei ihrer Freundin Edith Head und deren Ehemann Bill vor der Presse. Sie mochte das Haus im spanischen Stil mit Swimmingpool und Tennisplatz. Für Elizabeth war es »ein Hafen, wo ich meine Ruhe hatte und ungestört über meine Probleme nachdenken konnte«. Zur Attraktivität dieses Rückzugsorts trug bei, dass Edith Head Jack Daniel’s ebenso liebte wie
sie. Immer wenn Edith von der Arbeit kam, genehmigten sie sich »ein hübsches, großes Glas Jack Daniel’s zusammen«, erzählte Elizabeth. Sie waren einander so nahe, dass die Kostümdesignerin an den Treppen zum Gästezimmer eine Plakette anbringen ließ, auf der stand: HIER SCHLÄFT ELIZABETH TAYLOR. Das schmeichelte Elizabeth natürlich. Ihr Leben lang hatte sie viel Energie dafür aufgebracht, ein Gefühl von Heimat und Familie zu schaffen. Edith Heads Haus stellte eine weitere Ersatzheimat dar, vor allem jetzt, da sie ihr wahres Zuhause mit Richard verloren hatte.
    Und so kehrte Elizabeth also nach Hollywood zurück, wo sie ihre Jugendjahre verbracht und während der viel zu kurzen Ehe mit Mike