Fußballschule am Meer Bd. 4 - Volles Risiko
dann ein Stück nach rechts. «Wenn du allerdings ganz weit geradeaus gucken könntest, dann würdest du erst die Shetlandinselnsehen, dann die Färöer-Inseln, dann Island, dann Grönland – und wenn du auch noch einen Knick in der Optik hättest, könntest du sogar Kanada erkennen!»
«Wow!», machte Brit und schwieg beeindruckt. Hoffte Finn jedenfalls. Er fand es unglaublich schön, allein mit ihr in diesem Strandkorb zu sitzen und zu schweigen. Es war so ruhig, und er spürte plötzlich wieder, dass er in der vergangenen Nacht kaum geschlafen hatte.
Doch plötzlich unterbrach Brit die Stille.
«Ich glaube, ich kann Ontario sehen», sagte sie und deutete auf ein paar Lichter, die eben noch nicht zu sehen gewesen waren.
«Nein, die bewegen sich. Das sind bestimmt Glühwürmchen», meinte Finn.
«Hamburger Glühwürmchen?», befürchtete Brit, als plötzlich Stimmen und Gelächter zu hören waren, die eindeutig näher kamen.
«Das glaube ich nicht», antwortete Finn flüsternd. «Die machen doch nicht so einen Lärm, wenn sie jemanden suchen.»
«Die kommen aus einer Großstadt», gab Brit zu bedenken. «Vielleicht können die nicht leiser sein.»
«Und was sollen wir jetzt tun?»
«Verstecken», schlug Brit vor.
«Wo denn? Hier gibt es doch nichts!»
«Dann bleiben wir eben hier. Komm, hilf mir mal!» Brit beugte sich vor und zog das Holzgitter heran. «Wir machen uns hier drin ganz klein und stellen das Gitter vor den Korb. Dann bemerkt uns niemand, wetten?!»
«Ich wette nicht», sagte Finn.
«He, das ist Danis Spruch», sagte Brit.
«Ich weiß.» Finn beugte sich ebenfalls vor, und mit vereinten Kräften schafften sie es, das Gitter hochzuziehen und von außen wieder an den Strandkorb zu lehnen.
«Hier sind wir sicher», meinte Brit.
«Glaube ich auch», sagte Finn. Sie saßen jetzt ganz dicht beieinander, aber das war kein unangenehmes Gefühl. Ganz und gar nicht! Um sich abzulenken, zwang Finn sich, an etwas anderes zu denken.
«Was ist eigentlich zwischen dir und Dani vorgefallen?», fragte er deshalb.
«Nichts.»
«He, wir haben Zeit», sagte Finn. «Wenn du willst, kannst du gern mit mir darüber reden.»
«Ich weiß aber nicht, was mit Dani los ist», sagte Brit. «Manchmal glaube ich, dass sie Heimweh hat.»
«Heimweh? Hat sie das gesagt?»
«Nein, aber sie telefoniert wegen jeder Kleinigkeit mit ihrer Mama», sagte Brit. «Und sie chattet jeden Tag mit ihren Freunden zu Hause.»
«Oh», machte Finn. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass sich jemand in der Fußballschule nicht wohlfühlte und sein Zuhause vermisste.
«Vielleicht ist sie aber auch nur unglücklich verliebt.»
«In wen denn? Dani hat in letzter Zeit doch ausnahmslos jeden dumm angemacht! Egal, ob Junge oder Mädchen. Das macht man nicht, wenn man verliebt ist!»
Brit kicherte.
«Seit wann bist du denn der große Liebesexperte? Und, wo wir gerade dabei sind: Seit wann kann man sich eigentlich mit dir unterhalten?»
Für einen kurzen Moment war Finn glücklich über das Kompliment. Aber dann wurde er von einer großen Traurigkeit übermannt, was Brit natürlich nicht verborgen blieb.
«He, was ist?», fragte sie besorgt. «Habe ich etwas Falsches gesagt?»
«Ja.» Finn nickte. «Aber das konntest du nicht wissen.»
«Was?»
«Ich war heute Nachmittag im Altenstift in Krabbensiel», sagte Finn.
«Zur Nachhilfe. Und?»
«Kannst du dich noch an Oma Möller erinnern?», fragte Finn.
«Die alte Frau, die nur rosafarbene Sachen trägt? Na klar!»
«Sie wurde heute mit dem Krankenwagen abgeholt», sagte Finn und konnte nicht verhindern, dass er dabei schluchzte. «Der Professor meint, dass sie nicht zurückkommen wird!»
Brit verstand.
«Du meinst, dass sie stirbt?»
Wieder nickte Finn, obwohl Brit das in der Dunkelheit kaum sehen konnte. Aber sie spürte es.
«Sie bedeutet dir viel», sagte sie. Das war keine Frage, eher eine Feststellung.
«Sie ist die Oma, die ich nie hatte», sagte Finn. Diesen Satz hatte so oder so ähnlich mal jemand in einem Film gesagt, oder Finn hatte ihn in einem seiner wenigen Bücher gelesen. Er hatte ihm gefallen, und jetzt war er froh, dass er ihn im Zusammenhang mit Oma Möller anbringen konnte. «Ich kann mit ihr über alles reden, verstehst du? Sie hört mir zu, quatscht nicht ständig dazwischen, vor allem tut sie nie so, als ob sie alles besser wüsste. Und trotzdem weiß sie immer Rat. Aber den gibt sie mir nur, wenn ich ihn auch haben will. Sie ist echt super.
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