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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Die Bemerkung bezieht sich auf Tourmaline Fontaine alias Frau Nummer Eins, und das Schimpfwort »verrücktes Weibsstück« ist in Fontaines Augen durchaus eine adäquate Bezeichnung für sie.
    Tourmaline ist ein echtes Ungeheuer; nur ihr gewaltiger Lei-besumfang und ihre beständige Trägheit hindern sie daran, hierher zu kommen.
    »Ciarisse«, protestiert er, »wenn sie original verpackt wären...«
    »Die sind nie original verpackt, du Idiot! Mit denen hat immer jemand gespielt!«
    »Dann kennst du den Markt besser als ich, Ciarisse. Verkauf du sie doch.«
    »Vielleicht sollten wir mal übers Kindergeld sprechen?«
    Fontaine schaut auf die japanischen Puppen. »Mann, sind die hässlich. Sehen irgendwie tot aus, nicht?«
    »Weil man sie einschalten muss, Blödmann.« Ciarisse stellt den Beutel auf den Boden, schnappt sich ein nacktes männliches Baby und steckt einen langen, smaragdgrünen Fingernagel in den Nacken der Puppe. Sie will das andere einmalige, individuelle Merkmal der Puppe vorführen, digital aufgezeichnete Säuglings-laute oder vielleicht sogar erste Worte, aber stattdessen hören sie schweres, mühsames Atmen, gefolgt von kindischem Gekicher und einem gleichermaßen kindischen, scheppernden Chor, der »Fick dich selber« johlt. Ciarisse runzelt die Stirn. »Da hat jemand dran rum gepfuscht.«
    Fontaine seufzt. »Ich tue, was ich kann. Lass sie hier. Aber ver-sprechen kann ich dir nichts.«
    »Ist doch wohl klar, dass ich die hier lasse«, sagt Ciarisse und stopft das Baby kopfüber in den Beutel.
    124
    Fontaine wirft einen Blick in den hinteren Teil des Ladens, wo der Junge barfuß und im Schneidersitz auf dem Boden hockt.
    Seine Haare sind ganz kurz, er hat das offene Notebook auf dem Schoß und ist völlig darin vertieft.
    »Wer ist das denn?«, erkundigt sich Ciarisse, als sie näher an den Tresen herantritt und den Jungen zum ersten Mal bemerkt.
    Aber da ist Fontaine einigermaßen überfragt. Er zieht an einer seiner Dreadlocks. »Er mag Armbanduhren«, antwortet er.
    »Ha«, sagt Ciarisse, »er mag Armbanduhren. Wieso hast du deine eigenen Kinder nicht hier?« Ihre Augen werden schmal, so dass sich die Falten an den äußeren Winkeln vertiefen, die Fontaine auf einmal liebend gern küssen würde. »Wieso hast du stattdessen ‘nen fetten kleinen Latino hier, der Uhren mag?«
    »Ciarisse –«
    »Ciarisse am Arsch.« Ihre grünen Augen weiten sich wütend, ein Grün, blass wie Treibglas, das DNA-Echo eines britischen Soldaten in einer schwülen Nacht in Kingston vor etlichen Generationen, wie Fontaine oft vermutet hat. »Du verhökerst diese Puppen, oder es gibt Stress, kapiert?«
    Sie wirbelt geschickt auf dem Absatz herum, was gar nicht so leicht ist mit ihren schwarzen Galoschen, und marschiert stolz und aufrecht in einem langen Tweed-Männermantel – Fontaine erinnert sich, dass er den vor fünfzehn Jahren in Chicago gekauft hat – aus seinem Laden.
    Fontaine seufzt. Er trägt jetzt eine schwere Last auf den Schultern, und der Abend rückt näher. »Ist legal hier, mit zwei Frauen verheiratet zu sein«, sagt er zur leeren, nach Kaffee riechenden Luft. »Total bescheuert, aber legal.« Er schlurft in seinen offenen Schuhen zur Tür und macht sie zu, schließt hinter ihr ab. »Du glaubst immer noch, ich bin ‘n Bigamist oder so, Baby, aber wir sind hier im Staate Nordkalifornien.«
    Er geht zurück und schaut noch einmal nach dem Jungen, der das Auktionshaus Christie’s entdeckt zu haben scheint.
    Der Junge blickt zu ihm auf. »Tonneau-Armbanduhr mit 125
    Minutenrepetition, Platin«, sagt er. »Patek Philippe, Genf, Nummer 187145.«
    »Glaub nicht«, sagt Fontaine. »Bißchen außerhalb unserer Liga.«
    »Goldene Sprungdeckel-Armbanduhr mit Viertelstundenrepe-tition...«
    »Vergiss es.«
    »... mit verborgenem erotischem Automaten.«
    »Kann ich mir auch nicht leisten«, sagt Fontaine. »Hör zu, ich sag dir was: Dieses Notebook ist die langsame Art, nachzugucken.
    Ich zeig dir eine schnelle.«
    »Eine. Schnelle.«
    Fontaine kramt in den Schubladen eines mit Farbe verschorf-ten stählernen Aktenschranks, bis er schließlich einen alten militärischen Datenhelm zutage fördert. Der Gummirand um das binokulare Videodisplay ist eingerissen und blättert ab. Es dauert noch ein paar Minuten, bis er den richtigen Akku findet und feststellt, dass er geladen ist. Der Junge beachtet ihn nicht; er ist völlig in den Katalog von Christie’s vertieft. Fontaine schließt den Akku an den Datenhelm an

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