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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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überall hinschlängelten, und nordkalifornische KEIN TRINKWASSER-Aufkleber, die über den Wasserhähnen der Waschbecken abblätterten.
    Er holte das Messer aus der Tasche, drückte auf den Knopf und sah zu, wie die schwarze Klinge herausklappte und einrastete.
    Dann drückte er erneut, entriegelte die Klinge, schloss das Messer und öffnete es wieder. Was hatten diese Schnappmesser bloß an sich, fragte er sich, was drängte einen, das zu tun? Vermutlich 132
    wollten die Leute sie hauptsächlich deswegen haben, es war irgendwas Psychologisches, aber Dummes, Primitives. Denn eigentlich konnte man gar nichts mit ihnen anfangen, dachte er, außer im praktischen Sinn, als simple Messer. Kinder mochten sie, weil sie dramatisch wirkten, aber wenn jemand sah, wie man eins auf-schnappen ließ, dann wusste er, dass man ein Messer hatte, und rannte entweder weg oder verpasste einem eine Tracht Prügel oder erschoss einen, je nachdem, wonach ihm gerade der Sinn stand und wie er zufällig bewaffnet war. Möglicherweise gab es ja ganz spezielle Situationen, in denen man einfach eins auf-schnappen lassen und jemanden damit abstechen konnte, aber er glaubte nicht, dass so was allzu häufig vorkam.
    Die GlobEx-Schachtel lag quer auf seinem Schoß. Ihm fiel wieder ein, wie er sich in L. A. mit dem Messer geschnitten hatte, und er schlitzte das graue Klebeband behutsam mit der Spitze der Klinge auf. Es ging durch das Material wie ein Draht durch Butter.
    Als er so weit geschnitten hatte, dass er glaubte, das Päckchen öffnen zu können, klappte er das Messer vorsichtig zusammen und steckte es ein. Dann hob er den Deckel hoch.
    Zuerst glaubte er, eine Thermoskanne vor sich zu sehen, eins jener teuren Dinger aus gebürstetem Edelstahl, aber als er sie her-aushob, merkte er an ihrem Gewicht und ihrer hervorragenden Verarbeitung, dass es etwas anderes war.
    Er drehte das Ding um und entdeckte einen rechteckigen Einsatz mit einem ganzen Haufen Mikrobuchsen, nichts weiter, nur noch einen etwas abgewetzten blauen Aufkleber mit der Aufschrift FAMOUS ASPECT. Er schüttelte es. Nichts schwappte oder klapperte. Fühlte sich massiv an, und es gab weder einen sichtbaren Deckel noch eine andere Möglichkeit, es zu öffnen. Er fragte sich, wie so etwas durch den Zoll gekommen war, wie die GlobEx-Leute es wohl geschafft hatten, den Zollbeamten zu erklären, was das war (was immer es sein mochte), und sie davon zu überzeu-gen, dass es nicht irgendwelche Schmuggelware enthielt. Ihm fielen ein Dutzend Schmuggelwaren ein, die man in ein Behältnis 133
    von dieser Größe packen und mit denen man reichlich Kohle machen konnte, wenn man sie von Tokio hierher bekam.
    Vielleicht waren doch Drogen drin, dachte er, oder irgendwas anderes, und er wurde rein gelegt. Vielleicht traten sie gleich die Kabinentür ein und legten ihm Handschellen an – Handel mit verbotenem Foetalgewebe oder so.
    Er saß da. Nichts geschah.
    Er legte sich das Ding auf den Schoß und durchsuchte die pass-genaue Schaumstoffverpackung nach einer Nachricht, einem Hinweis, nach irgendetwas, was vielleicht erklärte, worum es sich handelte. Aber da war nichts, und so packte er das Ding wieder in die Schachtel, verließ die Kabine, wusch sich die Hände mit nicht trinkbarem Brückenwasser und ging hinaus. Er hatte vor, die Bar samt Creedmore und Shoats darin zu verlassen, sich vorher aber noch seinen Matchbeutel zu holen, den er ihrer Obhut anvertraut hatte.
    Nun sah er, dass die Frau, diese Maryalice, die vom Frühstück, sich zu ihnen gesellt und dass Shoats irgendwo eine Gitarre aufgetrieben hatte, ein zerkratztes altes Ding mit einem langen Sprung im Korpus, der mit einer Art Kreppband überklebt war.
    Shoats hatte seinen Stuhl vom Tisch zurückgeschoben, damit er zwischen dem Tischrand und seinem Bauch Platz für die Gitarre hatte, und war dabei, sie zu stimmen. Er trug diese Ich-höre-geheime-Harmonien-Miene zur Schau, die Leute aufsetzten, wenn sie eine Gitarre stimmten.
    Creedmore saß vornübergebeugt da und sah zu, sein blond gestreiftes Haar mit dem Wet-Look glänzte im Halbdunkel der Bar, und Rydell sah einen unverhüllten Hunger in seinem Gesicht, bei dem ihn ein komisches Gefühl beschlich, als sähe er, wie Creedmore sich hinter der Mauer aus Scheiße, die er um sich herumgezogen hatte, nach etwas sehnte. Dadurch bekam er auf einmal etwas sehr Menschliches, und das machte ihn irgendwie noch unattraktiver.
    Shoats holte jetzt geistesabwesend etwas aus seiner

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