Fyn - Erben des Lichts
ich den Schlag ab. Ich lachte müde und wandte mich zum Gehen. »Entschuldige mich jetzt bitte, ich habe noch eine Prüfung zu absolvieren.«
Der kleine Disput mit Per hob meine Stimmung wieder an. Eindeutig ein Sieg nach Punkten. Gleichzeitig fragte ich mich, woher meine Gefühlskälte rührte, denn eigentlich war Pers Verhalten mehr als verständlich. War ich tatsächlich der heimtückische und charakterlose Bastard, für den mich die meisten Leute hielten?
Als ich die Treppe zum Untergeschoss hinabstieg, um Myrius frisch gestärkt entgegenzutreten, ließ mein Triumphgefühl etwas nach, denn ich wurde mir wieder der unumgänglichen Schmach bewusst, die nun folgen würde. Niederlagen sind im kranken Geist eines Perfektionisten inakzeptabel, aber leider nicht immer zu vermeiden.
Die Halle, in der die Prüfung stattfand, war gänzlich leer. Von den Wänden flackerten lediglich zwei Fackeln, die ein spärliches Licht warfen. Von Myrius fehlte jede Spur. In Ermangelung einer Sitzgelegenheit nahm ich auf dem nackten Steinboden Platz und harrte der Dinge, die da kommen würden. Ich legte mir die Worte zurecht, mit denen ich den Meistermagier darum bitten würde, mich ohne Prüfung durchfallen zu lassen.
Ein Blick auf meine Taschenuhr verriet mir, dass ich zwanzig Minuten dort gesessen hatte, ehe sich die Tür zum Saal knarrend öffnete und ich das strahlend weiße Magiergewand mit den goldenen Stickereien erblickte, das durch den dunklen Saal strahlte wie ein Vollmond in dunkler Nacht. Leider passte das Gesicht seines Trägers nicht zum Rest der leuchtenden Erscheinung, denn er blickte mürrisch drein, als hätte man ihn heute Morgen um sein Frühstück gebracht. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Myrius immer einen Flunsch zog, hätte ich es glatt für eine Zermürbungstaktik gehalten.
Der Meistermagier kam in gewohnt stocksteifer Haltung auf mich zu. Ich erhob mich ächzend vom harten Boden und deutete eine Verbeugung an, obwohl Myrius genau gemerkt haben musste, dass ich dabei äußerst genervt wirkte.
Er musterte mich von oben bis unten und ließ sich bewusst viel Zeit damit, etwas zu sagen. Mich beeindruckte sein Gehabe wenig. Ich sah ihm fest in die eisblauen kalten Augen.
»Ich hoffe, Sie haben die Zeit, die Ihnen zur Verfügung stand, sinnvoll genutzt«, sagte er in die Stille hinein. »Immerhin sind Sie der Letzte in dieser Woche, Sie haben einen Vorteil. Ich bin mir sicher, Sie bestens vorbereitet anzutreffen.« Er klang, als zweifelte er keineswegs an meinem Können. Nichts an seinem Tonfall deutete auf Schadenfreude oder Missbilligung hin, was mich im ersten Moment verwirrte und mundtot machte.
»Wo ist der Protokollführer?« Ich sah über seine Schulter hinweg zur Tür, doch er hatte sie hinter sich geschlossen. Es machte nicht den Eindruck, als würde noch jemand nachkommen.
»Machen Sie sich keine Gedanken darüber.« Etwas in Myrius’ kalten Augen bescherte mir ein ungutes Gefühl. »Ich bin mit allen Prüflingen bisher allein gewesen. Sämtliche Soldaten werden in der Stadt gebraucht.«
Eine dunkle Vorahnung ergriff von mir Besitz. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass Myrius ein falsches Spiel trieb, doch ich sagte nichts. Ich hatte ohnehin nicht vor, mich der Prüfung zu unterziehen. Wozu also auf einen Protokollführer pochen?
Der Magier bedeutete mir mit einer Geste, mich ein paar Yards zu entfernen. Ich rührte mich nicht. »Ich möchte die Prüfung nicht ablegen.« Einfache Worte, die die Tatsachen jedoch auf den Punkt brachten. Seltsam, dass ich so lange gebraucht hatte, sie mir zurechtzulegen.
Myrius zog die buschigen Augenbrauen hoch und bedachte mich mit einem Blick, als stünde er einem geistig Minderbemittelten gegenüber. »Wie bitte?«
»Sie wissen doch genau, dass ich die Prüfung nicht bestehen werde. Ich kann keine Magie wirken. Ich verlange, ohne Beweis dafür durchzufallen.«
»Das ist die seltsamste Bitte, die ich je von einem Schüler gehört habe.« Myrius schüttelte mitleidig den Kopf. »Aber es gibt hier keine Sonderbehandlung. Ich muss Sie prüfen und dokumentieren, ob Sie fähig sind oder nicht. Das ist Vorschrift.«
Ich rechnete nicht mit einem Einlenken seinerseits, deshalb legte ich nach. »Und wenn ich mich weigere? Was soll mir passieren? Durchfallen werde ich so oder so.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust, nahm sie jedoch rasch wieder herunter, denn ich kam mir albern vor.
»Seien Sie doch nicht so kindisch! Ich habe kein Interesse an
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