Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Pferd war manchmal ein wenig störrisch.
Burlington war das große, weiße Pferd, das ich immer ritt, wenn ich hier war. Er war früher misshandelt worden. Nicht mehr lange und er wäre wahrscheinlich gestorben. Das Pferd wurde völlig unprofessionell kastriert. Die Wunden hatten sich stark entzündet, seine Hufe waren brüchig und sein Fell teilweise ausgefallen und teilweise abgeschabt vom vielen Kratzen, weil ihn das Ungeziefer biss.
Er hatte, als er hier auf dem Hof ankam, kaum noch Mähne und seine Schweifrübe lag fast blank da. Ich war dabei, als er mit dem Anhänger vorgefahren wurde. Die Tierschutzbehörde hatte sein altes Zuhause räumen lassen und suchte Abnehmer für die Tiere.
Burli wurde daraufhin behandelt, bekam eine Maniküre und ein ordentliches Bad mit einem Flohmittelchen. Issi hatte es sich während ihrer Schulzeit zur Aufgabe gemacht allen verwahrlosten Tieren, die hier ankamen zu helfen und dabei hatten wir sie tatkräftig unterstützt.
Mit 'wir' meinte ich Laura und mich. Laura war auch so eine tierliebende Verrückte wie Issi, aber das machte die beiden nur noch sympathischer. Manchmal beneidete ich sie für diese hingebungsvolle Liebe.
So, nun wartete erstmal eine kleine Herausforderung auf mich. Es war schon länger her, dass ich Burli geritten bin.
Ich näherte mich ihm ganz langsam schräg seitlich - nicht frontal, das wäre ja eine aggressive Geste gewesen. Meinen Körper richtete ich parallel zu seinem aus und hielt meinen Blick gesenkt. Es schien zu funktionieren, Burli graste gemütlich weiter.
Dann war ich an seiner Schulter angekommen. Die Anspannung in mir war riesen groß, aber ich durfte es mir nicht anmerken lassen, sonst würde er flüchten. Ich begann beruhigend auf ihn einzureden. Pferde waren schlaue Tiere, vielleicht sollte ich einen von ihnen mal einen Besuch in Wolfsgestalt abstatten.
"Na, alles klar bei dir Burli? Siehst gut aus heute."
Wie als antwortete er mir, ließ der große Schimmel ein gelassenes Schnauben vernehmen und machte einen kleinen Schritt in meine Richtung. Ein gutes Zeichen. Ich streckte meine Hand nach seiner Schulter aus und berührte ihn. Unter seinem Fell waren noch die alten Narben seiner Misshandlungen zu spüren. Schrecklich…
Er blieb stehen. Nun trat ich ganz an ihn heran und begann ihn zu loben. Wundervoll, wie er sich entwickelt hatte. Nicht nur die äußerlichen Verletzungen waren dank der guten Pflege verheilt, auch die inneren.
"Sieht so aus, als haben wir beide heute einen guten Tag erwischt."
Ich grinste zufrieden und legte meine Arme und meinen Oberkörper auf seinen Rücken. Ich atmete seinen Geruch tief ein und spürte seine Wärme, ein tolles Gefühl! Normalerweise war es immer ein langes Spiel ihn zu fangen. Aber heute klappte es tadellos. Ich ging einmal um ihn herum auf die linke Seite und tätschelte ihn auch dort. Dann legte ich ihm gemächlich das Halfter um.
"Super gemacht." Issi hatte mich schon eine ganze Weile beobachtet.
"Er hat heute einen guten Tag. Reines Glück.", lächelte ich zurück und gemeinsam gingen wir über die Wiese wieder zurück zum Kuhstall.
Beim Putzen schwatzten Issi und ich etwas über vergangene Zeiten und Zukunftspläne. Ich bewunderte sie, wie sie so einfach von ihrem Studium sprach, sogar, wenn sie sich beschwerte hörte es sich alles machbar und halb so schlimm an.
Ich bewunderte sie einfach.
Als wir die Pferde aufgezäumt und ich meinen großen gesattelt hatte, Issi ritt ohne, führten wir sie hinaus auf den Hof und stiegen auf. Issis Pferd war eine wundervolle Haflingerstute. Eine gute Mischung aus ursprünglichem Genmaterial und Einkreuzung von Arabern. Meine Freundin nahm zwei, drei Schritte Anlauf, stützte sich auf der Schulter ihrer Stute ab und schwang sich breitbeinig nach oben.
"Wow, voll stark.", kommentierte ich ihren Auftritt und nickte anerkennend.
"Ach, das klappt auch nicht immer so.", grinste sie. Ich hatte es ja gesagt, ein Glückstag!
Wir wollten die große Runde reiten. Das hieß entlang der Koppeln und Felder ins nächste Dörfchen und dann über einen Wald- und Feldweg eine Schleife wieder zurück.
Als wir die provisorische Straße entlang der Koppeln weg vom Farmhaus ritten, fühlte ich mich beobachtet. Ich wusste erst nicht woher das Gefühl kam, bis ich meinen Blick nach rechts wandern ließ.
"Machen die das immer so?", fragte ich verwirrt.
Die kleine Schafherde hatte sich vielleicht zehn Meter von uns entfernt am Zaun versammelt
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