Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Skandal! Also gut, dann von vorne…
Wir sind die Weltenseele. Alles lebt mit und durch uns. Durch unseren Kreislauf wird all das, was du kennst in Schwung gehalten. Du würdest vielleicht sagen, wir sind der Motor dieser Welt. Das Schicksal der Welt ist mit unserem verkettet. Unzertrennlich sind wir. Leben und sterben, einatmen und ausatmen, lieben und hassen, Leben geben und Leben nehmen… Schafe und Welt, so gehören wir zusammen, verstehst du?"
Ich nickte. In dem Moment fragte ich mich, ob das Schaf sich selbst für intelligenter hielt als mich. Andererseits, so schoss es mir durch den Kopf, wäre ich auch nicht besser als sie, wenn ich so über sie dachte.
"Du hast ihn gesehen, den Übergang… den Sendemast mit dem blauen Licht… Wir brauchen das Licht zum Sterben… zum geboren werden… Er ist kaputt…
Dieses Jahr hatten nur vereinzelt Schafe auf dieser Welt Nachwuchs. Und die Kinder vom letzten Jahr sind krank und schwach. Jemand hat ihn manipuliert… Wir können nicht wiedergeboren werden, wenn er kaputt ist!
Die Seele… die Seele verschwindet… wird eingesperrt… wir leiden Qualen… können unsere Aufgabe nicht erfüllen…"
Das Schaf klang wirklich gequält und ein Ausdruck tiefen Schmerzes war in ihren Augen zu erkennen. Mit ihrem Gedankenstrom transportierte Tippsi auch brüchige Fetzen von mir völlig fremdartigen Gefühlen.
"Du warst dort… Du musst da wieder hin! Du musst ihn reparieren! Finde den Fehler, behebe den Fehler!"
Tippsi starrte mich eindringlich an.
"A-aber ich weiß doch gar nichts… Wie soll ich denn den Fehler finden, geschweige denn reparieren?"
Ich fühlte mich überrumpelt und versuchte dieses Gefühl in einen Gedankenstrom zu packen und zu den Schafen zu schicken, aber in Menschengestalt schaffte ich es nicht meine Gedanken zu bündeln.
"Großer Fehler. Kann nicht mehr behoben werden… ein junger Mann. Angst trieb ihn…"
"Ein junger Mann? Habt ihr die gleiche Vision wie meine Mutter empfangen?", fragte ich erstaunt.
"Vision empfangen… Kind… Wir machen die Visionen, wir leben sie, wir erfüllen sie und wir schicken sie…
Wir brauchen den Sendemast, mit ihm können wir das tun, aber er läuft fehlerhaft… ist kaputt… Es kommen keine Visionen mehr!"
Tippsis Gedanken waren sprunghaft und unkonzentriert und bisweilen so heftig, dass ich das Gefühl hatte überzulaufen oder zu explodieren.
"Dann wisst ihr von diesem Allan?", hakte ich nach.
"Ja, Allan, er hat es getan, wir wissen nicht wie. Es ist ein Paradoxon… Es war geschehen und doch noch nicht… Die Auswirkungen stehen vor dem Ereignis… Wir brauchen den Sendemast!"
Ihre Gedankenstimme schwoll an, sodass ich fast Angst hatte, jemand könnte uns hören oder mein Kopf würde bersten.
"Okay und sagen wir mal, ich gehe da hin, und stelle diesen Allan zur Rede. Was soll ich sagen? Was soll ich machen?"
"Nein! Er darf es nicht wissen… Wir wissen nicht, wie viel er weiß… wissen nicht, wie ernst es ist… Unsere Verbindungen sind gestört…"
"Verbindungen?"
"Untereinander. Wir haben einige verloren, hören sie nicht mehr…"
Das gruselige Bild der Borgkönigin in einem ihrer Kuben tauchte vor meinem inneren Auge auf. Ich sah eindeutig zu viele Filme.
"Wir sind Eins. Alle Schafe… müssen kommunizieren… damit die Welt besteht… damit alles im Gleichgewicht bleibt… Der Sendemast, er hilft uns, stärkt uns, führt uns…"
Die Gedanken des Anführerschafes drifteten in einen seltsamen Singsang ab und schienen sich in der Luft zu verlieren.
"Helft mir doch… Wie soll ich es dann machen? Wie soll ich an ihn herankommen, ohne verdächtig zu sein?"
Sogar in meinen eigenen Ohren hörte ich den quengelnden Unterton.
"Spiel mit. Du wirst zu gegebener Zeit das Richtige tun."
Immer diese schwammigen Aussagen!
"Ähm okay… Ich werde also quasi undercover arbeiten, ja?"
"Undercover… wie du meinst… komische Menschen… So weit von der Wirklichkeit entfernt…"
Dabei kamen mir die Schafe eher weit von der Wirklichkeit entfernt vor, wie in einem Traumzustand.
"Was passiert mit den Schafen, die sterben, wenn sie nicht wiedergeboren werden?", fragte ich leise. Ich war mir wohl bewusst, dass ich damit ein sensibles Thema anschnitt.
"Sie fristen ihr Dasein in einer Schattenwelt… Leiden dort sehr. Kein Schaf darf mehr sterben, entweder ewige Qual im Tod oder ewige Qual im Leben. Keine schöne Zeit."
"Hm… das glaube ich… Ich… ich weiß nur nicht, ob ich die Richtige dafür
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