Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Rituale und… Gebete… und so…"
"Ah ich verstehe. Du weißt nicht, wie viel du mir sagen kannst, weil ich nicht im Clan aufgewachsen bin, richtig?" Er wusste offenbar mehr als ich ihm zugetraut hatte.
"Durchschaut.", grinste ich verlegen.
"Ich weiß relativ viel. Ich habe selbst keine… so eine Fähigkeit, wie ihr sie habt. Weil ich nicht im Clan aufgewachsen bin. Verstehst du? Aber ich weiß vieles. Ich war ein Jahr in Australien. Wusstest du, dass es da andere wie uns gibt? Von ihnen habe ich viel gelernt, aber den Zugang zu meiner Familiengabe konnten sie mir nicht zeigen." Er klang wirklich traurig.
"Ja, ich weiß, dass es den Clan da gibt, ich war aber noch nie da." Ich horchte interessiert auf.
"Er ist toll! Die Leute sind unglaublich nett! Und sie haben mir alles gezeigt. Sie haben gleich erkannt, was mit mir los ist." Nun klang er begeistert, brach aber nach der letzten Bemerkung schüchtern ab, als hätte er mir jetzt zu viel verraten.
"Wie, was mit dir los ist?", fragte ich verwirrt und aufgeregt. Vielleicht erfuhr ich ja heute tatsächlich etwas Wertvolles.
"Hm… dafür muss ich dir meine ganze Geschichte erzählen… Bist du interessiert?", fragte er und klang dabei aufrichtig.
Ich musste mich am Riemen reißen. Er sah so lieb und einsam aus, mehr hilfsbedürftig als gefährlich. Er musste ein guter Schauspieler sein, ich durfte mich nicht in seinen Bann ziehen lassen… Immer schön an Jasper denken, Fynia!
"Ja, erzähl mir alles." Ich nickte nachdrücklich als Allan mich misstrauisch beäugte.
"Also, mein Vater hat meine Mutter verlassen, keine Ahnung, warum, geschweige denn wer er überhaupt ist. Meine Mutter war sehr krank, als ich noch ein kleines Kind war. Sie lebte auch nicht im Clan, hatte sich aber nie von ihm abgekehrt. Sie starb, als ich noch in den Kindergarten ging. Ich kam darauf in ein Waisenhaus. Ziemlich weit weg von hier. Die dachten wohl, dass mein biologischer Vater eine Art Gefahr für mich darstellte… Frag mich nicht wieso, ich weiß es nicht.
Jedenfalls haben einige Familien versucht, mich zu adoptieren. Aber ich hab es da nie lange ausgehalten. Irgendwas hat mir immer gefehlt, es war ein seltsam leeres Gefühl in mir… Doch dann kamen… naja meine jetzigen Eltern. Sie nahmen mich mit und hatten wirklich alle Mühe mit mir. Da war ich schon dreizehn. Keine Ahnung, wie sie das geschafft haben, aber ich habe sie irgendwann akzeptiert. Obwohl ich erst so spät zu ihnen kam, sind sie jetzt wie echte Eltern für mich." Er lächelte mich irgendwie verlegen an.
"Obwohl meine Mum wirklich peinlich sein kann. Weißt du, meine leibliche Mutter hat meine Vision schon sehr früh empfangen, als hätte… ich weiß nicht, da oben" Er blickte kurz zum Himmel, "jemand gewusst, was passieren würde. Meine Mum hat die Vision aufgeschrieben und das Waisenhaus hat den Brief aufbewahrt. Ich habe ihn bekommen, als ich achtzehn wurde."
Er verstummte in fast schon ehrfürchtigem Schweigen. Das waren sehr private Informationen, die er da preisgab. Mein Herz hämmerte heftig gegen meine Brust und ich vergaß beinahe das Atmen.
"Wow, das muss ein echter Hammer für dich gewesen sein.", antwortete ich, ehrlich beeindruckt von seiner Geschichte. Und irgendwie tat er mir leid. Er schien mir nicht den Eindruck zu machen, als würde er mich belügen. Wenn doch, dann sollte er eine Karriere als Schauspieler wirklich in Betracht ziehen, denn er war sehr überzeugend.
"Ja, das war es. Und meine Adoptiveltern wissen nichts davon. Sie sind nicht aus dem Clan. Aber als ich den Brief gelesen hatte, bin ich für ein Jahr nach Australien gegangen, um nach meinen Wurzeln zu forschen.", erklärte er und schob sich eine widerspenstige Strähne seines lockigen, roten Haares hinter sein Ohr. Dabei wirkte er so klein, wie ein Kind. Vor allem wohl auch, da er seine Schultern fast bis zu den Ohren hochgezogen hatte.
"Wieso hast du das nicht im Dorf gemacht?", fragte ich.
"Ich habe es versucht, aber euer Rat hat es abgelehnt. Ich sei kein vollwertiges Clanmitglied, also habe ich keine Rechte."
Nun sah er wieder traurig aus. Unterstrichen wurde dieser Eindruck vom ziellosen Schaben seines rechten Fußes auf dem Boden, als wir für eine Minute stehen blieben.
"Das ist ja bescheuert!" Auch das meinte ich ernst.
"Ja, das fand ich auch. Aber der Clan in Australien ist anders. Wie schon gesagt erkannten sie, was mit mir passiert ist und nahmen mich auf. Sie weihten mich in Rituale und Geheimnisse
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