Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Ich schrie alles aus mir heraus, was sich dort angestaut hatte. Ich wollte nichts mehr damit zu tun haben, vielleicht würde sich ja alles normalisieren, wenn ich keine Rolle mehr in diesem Stück spielte.
„Nein, Fynia…“
„Nix da! Ich steige aus, ich muss mich wiederfinden! Wenn du alles immer so schön weist, dann regel du doch den ganzen Scheiß hier, ich KANN es nicht. Ich WILL es auch nicht mehr! Ich habe zu viel aufgegeben und verloren, und nichts erreicht! Lass mich mit diesem Quatsch bloß in Frieden! Zerstör doch den Sendemast oder dieses Schaltpultkastendingen, mit dem Allan rumspielt, aber LASS MICH IN RUHE!“, ich schnaufte laut, warf noch einen letzten Blick auf das Schaf, das vollkommen ruhig, ohne jegliche Emotion in dem Unterstand verharrte, bis ich fertig mit schreien war.
Es erzürnte mich noch mehr, sie so unbeteiligt zu sehen. Dann rannte ich los. Durch den inzwischen zum Nieselregen gewordenen Niederschlag zurück zu unserem Haus, in mein Bett unter die Decke. Dort erst verwandelte ich mich zurück und weinte hemmungslos, das erste Mal jedoch nicht wegen meiner persönlichen Schmerzen.
Kapitel 13
Wenn sich eine Tür schließt
Frühjahr 2012
Erst war es dunkel, dann wurde es heller und dann blendete mich das Licht. Keine Ahnung, ob ich geschlafen hatte.
Ich fühlte mich wie fast jeden Tag: wie in Trance. Einerseits ausgeruht, andererseits rastlos und so unendlich müde. Ohne zu wissen, was ich eigentlich genau tat, nahm ich mein Handy und tippte eine SMS an Allan: In einer Stunde bin ich da.
Ich wollte mir keine Gedanken über die Zukunft machen, nicht mal über die Zukunft, die schon in einer Stunde Vergangenheit sein sollte. Ich tat es einfach. Was auch immer mich lenkte, es schaltete mein Gehirn aus.
Ich zog einfach meine Schuhe an und lief langsam durch den immer noch oder schon wieder, fallenden Nieselregen. Mit den Stöpseln in den Ohren war gestern etwas erträglicher. Ich hatte meine Wut über Max überwunden und ließ mir mein Trommelfell von viel zu lauten Bässen zerfetzen. Über mir zwinkerte die Sonne unschuldig zwischen den grauen Wolken und schien mich foppen zu wollen. Ich ignorierte es.
Das hohe Gras durchnässte meine Hosenbeine, als ich eine Abkürzung über die verlassene Kuhwiese nahm, vorbei am Unterstand, doch ich ignorierte es.
Und ich ignorierte den alten, rostigen Stacheldraht, als ich durch das Loch im Zaun kletterte, genau wie die zwei kleinen Schnittwunden, die ich mir dabei zuzog. Es war doch eh alles egal.
Allan wartete draußen auf mich. Er begrüßte mich fröhlich, hatte einen bunten Regenschirm in der Hand, aber ich sagte nichts. Ich ging stur Richtung Sendemast, an die Stelle wo der Bock gestanden hatte, als...
Ich untersuchte die Stelle, fand aber keinerlei Spuren von dem, was in der Nacht passiert war. Konnte die Welt so grausam sein und dieses Opfer einfach vergessen? Das machte mich so wütend!
„Fynia? Hey, was ist denn los?“, rief Allan mir hinterher, ich antwortete immer noch nicht. Seine Stimme drang wie aus weiter Ferne durch die harten Rhythmen und konnte fast nicht mit der wundervollen Stimme des Liedsängers mithalten.
„Fynia, es tut mir so leid, was passiert ist. Wenn ich könnte, ich würde es rückgängig machen!“, rief er und schloss zu mir auf.
„Wirklich?“, fragte ich. Meine Stimme klang nur wie ein Hauch im Wind. Ich zog einen Stöpsel aus meinem linken Ohr. Ich brauchte Max jetzt, sonst würde ich irgendwas Blödes machen.
„Natürlich. Ich wollte nie, dass du und Jasper… dass ihr… naja…“ Er wurde rot im Gesicht und starrte auf meine Füße.
„Davon spreche ich ja nicht…“
„Stimmt, du sprichst gar nicht. Sag mir, was los ist.“, forderte er nun fast schon mit kräftiger Stimme.
„Du hast die Visionen beeinflusst, nicht wahr?“, fragte ich gerade heraus. Die Konsequenzen meines Handelns waren mir egal. Schicksalsschlag hämmerte mir gerade ein, dass ich stark sein muss, egal wie tief man fällt.
„Was? W-wie…?“, begann Allan, doch verstummte er bei meinem Blick.
„Sag es mir, dann hat das alles endlich ein Ende.“, meine Stimme klang rau und ungewohnt tief.
„I-ich weiß n-nicht wovon d-du sprichst…“, versuchte er sich zu retten.
„Natürlich weißt du es. Ich… ich habe mit den Schafen gesprochen, Allan. Sie sprechen zu mir, wie zu unseren Vorfahren. Jemand hat an dem Teil“ Ich deutete in Richtung des Sendemasts, „herum gepfuscht.
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