Fyrgar - Volk Des Feuers
nach dem Tod der Mutter vor zehn Jahren an deren Stelle gerückt war, im Alter von gerade einmal zwölf Frühlingen, und die seither die Pflichten einer Fürstin erfüllte. Sie lachte nur selten und gab sich stets beherrscht. Darin war sie ihrem Vater sehr ähnlich.
Vater und Tochter waren prächtig gewandet und traditionell geschmückt. Die Barastie zeigten ihren Reichtum nicht nur durch ihre Bauten, sondern auch in der Kleidung. Doch unter der juwelenglitzernden Pracht verbarg sich oft ein eher sprödes Wesen.
»Ich weiß, Nansha«, sagte Réando ruhig. »Ich weiß, welches Opfer von dir verlangt wird. Aber siehst du einen anderen Weg?«
»Als eine Heirat mit Sasteme? Mich vom höchsten Turm zu stürzen.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Hasad erschleichen sich auf diese Weise doch nur unseren Thron!«
»Sie versuchen es, mehr nicht. Andererseits bekommen wir sie so unter Aufsicht.« Réando stieg die drei Stufen zum Thron hinauf und ließ sich darauf nieder. »Saranla hat es sehr geschickt verstanden, ihre Macht im Verborgenen aufzubauen. Ich habe sie unterschätzt, weil ich sie seit meiner frühen Jugend kenne. Sie war ein fröhliches und unbeschwertes Mädchen damals, wir haben viel gelacht, Streiche gespielt und hatten Spaß, wenn unsere Familien zusammenkamen. Ich hätte niemals gedacht, dass unter dieser lieblichen Schale ein ehrgeiziges, machtbesessenes und rücksichtsloses Herz schlug.«
»Vielleicht hat sie sich verändert?«
»Nein, Nansha. Ich hätte es schon erkennen müssen, als unsere Eltern meine Werbung um Saranla ablehnten, weil sie keinen Zusammenschluss der beiden Reiche wünschten. Blanker Hass stand auf ihrem Gesicht, als sie unsere Eltern ansah. Ich erschrak damals darüber, war jedoch selbst viel zu aufgebracht, um allzu sehr darauf zu achten. Danach ... sprach sie nur noch das Notwendigste mit mir und erschien auch nicht zu meiner späteren Hochzeit mit deiner Mutter. Unsere Freundschaft, die sich bei mir zu Liebe entwickelt hatte, war zerbrochen, und ich habe mir einige Jahre lang Vorwürfe gemacht, dass es meine Schuld gewesen war.« Er hob die Schultern. »Aber wer denkt in solchen Momenten schon darüber nach, dass es Saranla nur um Macht ging? Die Zusammenhänge klären sich immer erst später.«
»Dann kann ich dich umso weniger verstehen, dass du mich jetzt an ihren Sohn verkaufst«, erwiderte Nansha.
»Ich sagte es schon: Nur so kann ich sie im Auge behalten und rechtzeitig eingreifen. Ich bin kein Narr, ich weiß, dass Saranla meinen Tod bereits geplant hat ... und deinen vermutlich auch, sobald du den Thronerben geboren hast. Ich kann nur gegensteuern, indem ich Mutter und Sohn so nah wie möglich an uns heran lasse - aber nur die beiden, und nicht ihr gesamtes Heer.«
»Und was wäre, Vater, wenn du ablehnst und sie daraufhin ihr Heer gegen uns aufmarschieren lässt? Soll sie doch! Dieses Schloss ist uneinnehmbar!«
»Aber das Land nicht, Tochter. Das Volk würde zu leiden haben, es gäbe Hunderte, wenn nicht Tausende Opfer. Armut, Hunger und Krankheiten würden ausbrechen, und am Ende müssten wir dennoch aufgeben, wenn die Belagerung zu lange andauert. Wir können uns nicht selbst versorgen. Und ich habe nur halb so viele Soldaten wie Saranla, denn niemand hat es bisher je gewagt, mir zu drohen. Warum auch? Unsere Traditionen haben ganz Luvgar reich gemacht, und das königliche Erbe hat immer noch Wert und Bestand.«
Finsternis verdunkelte Nanshas felsgraue Augen. Ihre feingliedrigen Hände ballten sich zu bleichen, harten Fäusten. »Dann werde ich Sasteme töten, und seine Mutter ebenso.«
»Niemals«, sagte Réando leise, aber so scharf, dass der Ton einen Harnisch durchschneiden könnte wie ein frisch gebackenes Brot. »Diese Schande begehen wir nicht, meine Tochter. Es gibt eine Grenze, die wir niemals überschreiten werden, und nicht nur hinsichtlich des Erbes der Königslinie, sondern auch hinsichtlich unseres reinen und wahren Selbst. Die Fyrgar haben ein Wort dafür: Baiku. Dieses werden wir niemals besudeln, denn unser höchstes Ziel sollte Ehre sein und Wahrhaftigkeit.«
Nansha legte den Kopf leicht schräg. »Die Fyrgar?«
Der Fürst zeigte zur Decke. »Das unsterbliche Volk, das hoch in den Bergen lebt.«
»Ich dachte, das wäre nur eine Legende ...«
»Oh nein. Dieses Volk besitzt das Wissen der Welt und ist von höchstem Stand. Nachdem ich Saranla nicht heiraten durfte, reiste ich damals Richtung Wolkenreiter, weil ich Antworten
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