Gabe der Jungfrau
ungestört!«, erklärte Gabriel, während Hauser ihm mit Peter im arm folgte.
Die beiden Männer überquerten den Innenhof des Hauses und gelangten in die Küche. Eine Magd war gerade damit beschäftigt, das Feuer zu entfachen, und beachtete die Männer nicht weiter.
Durch eine Pforte kamen sie in einen schmalen Gang, von dem rechts und links mehrere Türen abgingen. aus manchen drangen Kicherlaute, aus anderen lustvolles Stöhnen.
Nachdem die Männer eine schmale Treppe nach oben gestiegen waren, betraten sie einen großen Raum. Dies war der private Bereich des Badbesitzers.
»Leg ihn auf mein Lager!«, forderte Gabriel Hauser auf und schlug das Bettzeug zur Seite. Behutsam legte Hauser Peter auf den mit Tuch bezogenen Strohsack.
Erst jetzt bemerkte Hauser, dass Peters Gesicht glühte. Sanft strich er ihm über die schweißnasse Stirn. Dann wickelte er vorsichtig das Tuch vom arm. Knochensplitter kamen zum Vorschein, auch war der arm angeschwollen. als Gabriel die Verletzung sah, verzog er das Gesicht.
»Das wird ihn den arm kosten«, sagte er. Doch Hauser schüttelte den Kopf. »Das darf nicht geschehen! Er hat geschworen, dass er uns alle umbringen wird, wenn ihm der arm amputiert wird.«
»Wenn der arm dranbleibt, wird es dazu nicht kommen, denn dann wird der Bursche sterben!«
»Gabriel, du hast schon viele gerettet. Wenn einer den arm erhalten kann, dann du. Versuch es!«, bat Hauser eindringlich.
»Verdammt, Jacob! Bist du gekommen, um mich in Schwierigkeiten zu bringen? Ich bin kein arzt!«
»In der Heilkunst bist du besser bewandert als mancher Quacksalber, der sich arzt schimpft! Ich vertraue dir!«
Gabriel betrachtete prüfend den gebrochenen arm, als Peter leise aufstöhnte. »Er wird den arm verlieren, Jacob!«
Der Bader ging in eine Ecke des Raumes, wo ein Junge auf einer Pritsche schlief. Hauser hatte ihn bis dahin nicht bemerkt. Sanft rüttelte der Mann ihn an der Schulter.
»Fritz«, flüsterte er, »wach auf, mein Sohn, du musst mir helfen.«
Müde rieb sich der Knabe, den Hauser auf zehn Jahre schätzte, die augen. »Was ist, Vater?«, fragte der Junge gähnend.
»Geh in die Küche und bringe mir frische Tücher, heißes Wasser und Schnaps. Schnell!«
Der Junge stand auf und verließ den Raum.
»Wie alt ist dein Sohn, Jacob?«, wollte der Bader wissen, als er den Inhalt seiner Tasche ausbreitete. Säge, Hammer, Zange, Nadel und allerlei andere Werkzeuge kamen zum Vorschein. Hauser schluckte.
»Er ist nicht mein Sohn, sondern seiner!«
Fragend blickte der Bader Hauser an. »Wessen Sohn?«
»Der Sohn dessen, nach dem du deinen Sohn benannt hast!«, lächelte Hauser.
Nachdenklich zog Gabriel die augenbrauen zusammen. als
er die Worte begriffen hatte, schien sein Gesicht zu erstarren. »Wir waren der ansicht, er sei tot!«
Hauser schüttelte den Kopf. »Nein, er führt ein Doppelleben. Noch weiß ich nichts Genaues. Deshalb darf Peter weder sterben noch den arm verlieren. Nur wenn er uns vertraut, werden wir mehr über Joß Fritz erfahren können.«
In dem Moment kam der junge Fritz mit Tüchern, einem Kessel mit heißem Wasser und einer Schnapsflasche zurück. Mit zittrigen Händen umklammerte Gabriel die Schultern seines Sohnes und zwang ihn, ihm in die augen zu blicken.
»Fritz«, sprach er, »hör deinem Vater genau zu! Lauf so schnell du kannst zu Bruder Paul in die Kornmarktkirche und sage ihm, dass ich dringend seine Hilfe brauche. Er soll alle Heilkräuter bringen, die ich für einen Knochenbruch benötige. auch sein geheimes Betäubungsmittel.«
»aber Vater«, jammerte der Knabe, »Bruder Paul wird nicht mit mir sprechen wollen!«
»O doch, mein Sohn, das wird er, denn du wirst ihm erklären, dass annabelle sonst nicht mehr an seinen Gebetsstunden teilnehmen wird.«
Fritz schien nicht überzeugt zu sein, dass Bruder Paul ihm folgen würde, doch der Vater drängte zur Eile. als der Junge das Zimmer verlassen hatte, setzte sich Gabriel auf einen Stuhl und blickte Hauser an.
»Im augenblick können wir für den Burschen nichts tun. Erzähl mir in der Zwischenzeit, was du über Joß weißt, und auch, wie es dir in den letzten Jahren ergangen ist, Jacob.«
Ein feines Lächeln umspielte Hausers Mund. »Immer noch so neugierig wie früher!«, neckte er den Freund aus vergangener Zeit und begann zu erzählen.
Bruder Paul war ein hagerer junger Mann. Schlecht gelaunt betrat er das Zimmer und schimpfte mit Gabriel: »Das nennt man Erpressung! Das einzige unschuldige
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