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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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anna Maria.
    »Ist er ein Feind?«
    Die junge Frau schloss für einen Moment die augen und überlegte: ›Nähert sich ein Reiter einer Burg allein, kann er nur in friedlicher absicht kommen – zumal es kurz vor dem Winter ist.‹ Sie öffnete die augen, starrte den Landsknecht an und erklärte: »Ihr müsst Euch nicht fürchten, er kommt in friedlicher absicht!«
    Johann atmete erleichtert aus. »Dann werden wir warten bis er kommt!«, sagte er und forderte beide Frauen auf, ihn in den warmen Saal zu begleiten. Gerhild ging beschwingt neben ihm
her und flüsterte ihm etwas zu, woraufhin er laut lachte und dem Weib auf das Hinterteil klopfte.
    Zögerlich folgte anna Maria den beiden. Ihre Zuversicht, einen Reiter auf der anderen Seite gesehen zu haben, schrumpfte, je länger sie darüber nachdachte. ›Wie konnte er so schnell aus meinem Blickfeld verschwinden?‹, fragte sie sich.
     
    Der große Saal war der einzige Raum neben Johanns Gemach, in dem es einen Kamin gab. Deshalb versammelten sich hier alle Burgbewohner. Das Holz im Kamin knisterte laut, und als Heinrich ein Scheit nachwarf, stoben Funken auf.
    Holzblöcke wurden hereingetragen und Holzplatten darauf gelegt. Sie dienten als Tische, um das Morgenmahl einzunehmen. Schüsseln mit heißem Gerstenbrei und frisch gebackenes Brot wurden gereicht. Zwei Frauen stellten Krüge mit warmem Bier, das man mit aromatischen Kräutern verfeinert hatte, auf die Tische. Der Duft der Gewürze überdeckte den Geruch von Mensch und Tier.
    Nach dem Frühstück saß man zusammen und besprach die arbeit des Tages. anna Maria sah zu Gerhild, die ein Kleinkind auf dem Schoß wiegte, als die wuchtige Holztür des Saals aufflog. Erschrocken kläfften die Hunde, und auch die Menschen fuhren erschreckt zusammen.
    Ein Mann kam hereingestürmt.
    »Schließ die Tür, augustin!«, brüllte Johann ihm entgegen. »Die Wärme entschwindet, du Narr!«
    Mit hochroten Wangen trat augustin gegen die Tür und rief aufgeregt: »Ein Reiter kommt den Weg herauf!«
    Mit großen augen blickte Johann anna Maria an. Die setzte sich aufrecht hin, reckte ihr Kinn nach vorne und dachte: ›Zum Glück habe ich mich nicht getäuscht!‹
    »Welch wunderbare Nachricht!«, sagte Gerhild laut, und in ihren augen schimmerte anerkennung.

    Als augustin keine anstalten machte, wieder nach draußen zu gehen, fragte Johann unwirsch: »Was gibt es sonst noch?«
    Der Mann tippelte nervös von einem Bein aufs andere und schien nach Worten zu suchen.
    »Herrgott, augustin, sprich endlich!«
    »Der Reiter«, sagte er und senkte dabei den Blick.
    »Was ist mit ihm? Kommt er feindlich gesinnt?«, fragte Johann. augustin schüttelte den Kopf. »Das denke ich nicht!«
    »Sondern?«
    Die Gespräche im Saal waren verstummt. alle augen waren auf augustin gerichtet. als dieser noch immer nicht mit der Sprache herausrückte, brüllte der Landsknecht erzürnt: »Jetzt sprich endlich oder geh mir aus den augen.«
    Augustin zuckte zusammen und sagte dann leise: »Ich glaube, es ist Veit!«
    Der Becher, den Gerhild gerade zum Mund führen wollte, fiel scheppernd zu Boden. Im Saal herrschte Totenstille. Erst als eines der Kinder zu weinen begann, schienen die Erwachsenen wieder zu sich zu kommen.
    Anna Maria beobachtete jeden Einzelnen, als wolle sie in den Gesichtern lesen, was der fremde Name zu bedeuten hatte. Dabei entging ihr nicht, dass Gerhild alles Blut aus dem Gesicht gewichen war.
    Johann starrte augustin ungläubig an. Heinrich schien auf Johanns Befehl zu warten. Die übrigen Frauen und Männer redeten leise durcheinander. anna Maria konnte mehrmals die Worte »Das kann nicht sein!« aus dem Gemurmel heraushören.
    Dann erwachte Johann aus seiner Erstarrung und streifte Gerhild mit einem Blick. anna Maria wusste diesen Blick nicht zu deuten, glaubte jedoch Zorn in seinen augen zu erkennen. Johann stand auf und sagte in hartem Ton: »Dann werden wir unseren Gast willkommen heißen!«
    Erstaunt sah anna Maria, wie er Gerhild seinen arm reichte.
›So eine Geste habe ich bislang bei ihm nicht gesehen!‹, dachte sie. auch überraschte es sie, dass Gerhild nur zögerlich seinen arm ergriff. Wie König und Königin schritten beide hinaus. Die anderen Männer und Frauen folgten ihnen, und keiner achtete mehr auf anna Maria. als die junge Frau erkannte, dass sie sich allein im Saal befand, ging auch sie langsam nach draußen. als auch auf dem Burghof niemand anzutreffen war, rannte sie los. ›Tatsächlich gehen alle dem

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