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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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wagte sich wieder nach oben, und zum Glück war auch dieses Mal die Tür zu Johanns Gemach nur angelehnt. als Stühle geschoben wurden, vermutete die junge Frau, dass die beiden Männer sich vor den Kamin setzten. anna Maria wusste, dass sie die Tür nur einen winzigen Spalt weiter öffnen müsste, um die beiden Männer sehen zu können.
    Vor anspannung presste anna Maria ihre Lippen fest aufeinander und schob die Holztür vorsichtig auf. Die beiden Brüder bemerkten sie nicht. Wie sie richtig vermutete hatte, saßen sie in den schweren Holzstühlen vor dem Feuerplatz.

    Johann atmete laut aus, kratzte sich am Kopf und fragte: »Warum bist du zurückgekommen, Veit?«
    »Freust du dich nicht, mich zu sehen?«
    »Darum geht es nicht!«, antwortete Johann brüsk. »Wir hatten eine abmachung, und du hast sie gebrochen.«
    Veit verschränkte die Hände am Hinterkopf und starrte ins Feuer. anna Maria konnte sein Gesicht von der Seite betrachten und überlegte, ob er tatsächlich der war, für den sie ihn hielt.
    »Johann, ich hatte dir damals zwar gesagt, dass ich nicht mehr zurückkommen würde. Doch nun habe ich meine Meinung geändert.«
    »Verdammt, Veit! Damit niemand dich suchen und aufspüren wird, habe ich jedem erzählt, dass du tot bist!« als er Veits Gesichtsausdruck sah, fragte er entrüstet: »Was hätte ich denn tun sollen? Etwa die Wahrheit sagen? anstatt dein selbst gewähltes neues Leben zu leben, tauchst du nach fast drei Jahren wieder auf und tust so, als seist du nie fort gewesen! Wie sollen wir den Leuten erklären, dass du von den Toten auferstanden bist?«
    Beide schwiegen.
    Anna Maria spürte die Spannung zwischen den Brüdern. auch sie selbst war angespannt, denn ihr Verdacht erhärtete sich.
    »Zwischenzeitlich ist viel passiert!«, fügte der Landsknecht leise hinzu.
    »Ich habe vom Tod Franz von Sickingens gehört. Es tut mir leid, denn ich weiß, dass ihr enge Freunde wart!«
    Johann ging nicht darauf ein, sondern fragte: »Woher wusstest du, dass ich auf Burg Nanstein zu finden bin?«
    Veit lachte laut auf. »Welche Frage, Bruderherz! Hast du vergessen, dass meine Stärke im Heer das auskundschaften der Gegner war?«
    »Ich bin nicht dein Gegner!«, begehrte der Landsknecht auf.

    »Das hoffe ich!«, spöttelte der Jüngere.
    »Sag mir den wahren Grund, warum du zurückgekehrt bist und warum du alles aufs Spiel setzt. Geht es um Gerhild?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Könnte ja sein, dass du sie wiederhaben möchtest!«
    »Nein, sei unbesorgt. Ich bin nicht wegen ihr zurückgekommen.«
    »Verflucht, Veit! Warum dann?«
    Veit zuckte mit den Schultern. »Das kann ich dir erst beantworten, wenn ich es selbst herausgefunden habe.«
    Nachdenklich betrachtete Johann seinen jüngeren Bruder. »Was ist mit deinen Freunden?« Der Landsknecht gab dem Wort »Freunden« einen besonderen Unterton, den anna Maria nicht zu deuten wusste.
    Erstaunt blickte Veit seinen Bruder an. Er schien mit dieser Frage nicht gerechnet zu haben. »Ich wusste nicht, dass sie dich interessieren! Schließlich siehst du sie lieber tot als lebend.«
    »Das stimmt! Jedoch hast du sie mir vorgezogen, was ich nie verstehen werde.«
    »Als wir uns das letzte Mal gegenüberstanden, habe ich dir meine Beweggründe erklärt, Johann!«, antwortete Veit, und der Ton seiner Stimme wurde hart.
    »Ja, ich weiß! Trotzdem kann ich es nicht nachvollziehen. Wir sind Brüder, Veit! Unsere Eltern würden sich im Grab umdrehen, wenn sie davon wüssten!« Johann sprang aufgebracht vom Stuhl auf, setzte sich jedoch einen augenblick später wieder hin.
    »Johann, ich bin müde und möchte von dir wissen, ob ich auf der Burg bleiben kann.«
    Der Ältere überlegte und fragte dann: »Für wie lange?«
    Veit zuckte mit den Schultern. »Den Winter über.«
    »Du wirst mir die Weiber durcheinanderbringen, und ich werde deshalb mit den Männern Probleme bekommen.«

    Um Veits augen zeigten sich feine Lachfalten. »auch ich bin älter geworden. also, was ist?«
    »Ich habe unserer Mutter auf dem Totenbett geschworen, auf dich aufzupassen. Diesen Eid werde ich erfüllen – auch wenn du es mir schwer machst.«
     
    Anna Marias Füße waren durch den Steinboden eiskalt geworden. Sie tippelte auf der Stelle und stieß dabei gegen die Tür, die leise knarrte.
    Erschrocken starrte sie durch den offenen Spalt. Der Landsknecht sprach weiter, nur Veit blickte zur Tür. anna Maria verharrte in ihrer Bewegung. Der Fremde schien sie nicht gesehen zu haben, denn er

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