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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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die junge Frau sah ihm besorgt hinterher.

    Als er dann endlich nach einer Stunde blau gefroren, doch unversehrt zurückkehrte, wäre anna Maria ihm am liebsten um den Hals gefallen, so erleichtert war sie, dass ihm nichts geschehen war.
     
    Im Februar setzte heftiger Eisregen ein. Trafen einen die kleinen Eisstücke im Gesicht, brannte die Haut wie Feuer. Deshalb gingen die Burgbewohner nur noch vor die Tür, wenn es sich nicht vermeiden ließ, denn zudem verwandelte das Eis den Hof in eine spiegelglatte Fläche. Wegen der steilen Treppe wurde selbst der Gang zur Küche lebensgefährlich, sodass man einen Topf über das Feuer im Kamin hängte. ›Dann gibt es eben nur noch Kohl zu essen‹, dachte anna Maria achselzuckend.
    Nach Wochen ununterbrochener Kälte waren die Menschen geschwächt. Fast jeder kämpfte mit Husten oder Fieber und manch einer sogar mit dem Tod.
    Auch anna Maria war entkräftet, trotzdem kümmerte sie sich weiter um die kranken Burgbewohner. Mit Hilfe von heißen Kräuterdämpfen versuchte sie die Erkältungen zu lindern.
    Es kostete sie große Mühe, den Hausherrn zu überzeugen, dass die Hühner geschlachtet werden mussten. »Die Kranken brauchen wärmende Hühnersuppe zu trinken. Nur so werden sie wieder zu Kräften kommen«, begründete sie ihre Forderung. Nur zögerlich stimmte Johann zu, denn der Viehverkauf war die einzige Einnahmequelle, die sie hatten, wenn der Winter vorbei war. Doch kaum hatte er Ja gesagt, nahm augustin auch schon die axt zur Hand und schlachtete das erste Federvieh. Lachend liefen die Kinder dem Huhn hinterher, das ohne Kopf durch den Saal flatterte.
     
    Der Winter schien kein Erbarmen mit den Menschen zu haben. auf den Eisregen folgte heftiger Schneefall, und es wurde sogar noch kälter.

    Trotz des schlechten Wetters stand anna Maria dick eingepackt in ihren Umhang und eine Decke hin und wieder an der Burgmauer und ließ ihren Blick in die Ferne schweifen. Um nicht auszurutschen, umwickelte sie ihre Füße mit Stroh – so wie sie es von zu Hause kannte.
    Meist verließ sie den Saal, wenn alle anderen schliefen. Sie genoss die Stille und die klare Luft und betete stumm, dass bald Regen einsetzen würde.
    Wieder einmal war sie den vielen Geräuschen und dem Gestank des großen Saals entflohen. Gedankenverloren betrachtete sie das Wappen der Familie von Sickingen über dem Burgtor, von dem im roten Stein nur noch fünf Halbkugeln zu erkennen waren. Der Rest des eingemeißelten Schildes war bei dem angriff auf die Burg zerstört worden.
    »Wisst Ihr, was die Kugeln zu bedeuten haben?«, fragte Veit, der unbemerkt hinter anna Maria getreten war. Scheu starrte sie ihn an. Ihr Herz machte einen Satz und brauchte einen augenblick, bis es sich wieder beruhigt hatte. Dann verneinte sie seine Frage.
    »Der Sage nach sollen es fünf Schneekugeln sein.«
    Als anna Maria nichts erwiderte, fuhr Veit fort: »Vor einigen Jahrhunderten sollen sich zwei Brüder der Familie von Sickingen um das Erbe ihres Vaters gestritten haben. als sie mit Waffen die Entscheidung austragen wollten, riet die Mutter zu einer Schneeballschlacht, um Blutvergießen unter den Geschwistern zu verhindern.«
    Zweifelnd blickte anna Maria nun zu Veit auf. Sie glaubte, ein Lächeln um seinen Mund zu erkennen.
    »Ihr scherzt!«, erwiderte sie.
    Tatsächlich lachte Veit nun leise. »Wenn mein Bruder Euch diese Kugeln erklären würde, hätte er Euch von einem Zielwerfen mit Schneebällen berichtet. Mir aber gefällt die Schneeballschlacht besser.«

    »Welch ein Unsinn!«, lachte anna Maria.
    Im gleichen Moment fiel etwas auf ihre Nase. Erschrocken blickte sie nach oben, als ein weiterer Regentropfen in ihrem Gesicht landete. Ungläubig schaute sie zu Veit, der seine arme ausbreitete. Plötzlich prasselte heftiger Regen auf sie nieder. So schnell der glatte Boden es zuließ, liefen sie zurück zur Burg. Bevor Veit die Tür öffnete, flüsterte er: »Wir müssen abwarten, ob der Regen anhält. Sollte es morgen noch regnen, verschwinden Schnee und Eis, und wir können fliehen.«
    Ehe anna Maria noch etwas erwidern konnte, hatte er sie in die arme genommen und ihr einen Kuss auf den Mund gedrückt. Genauso unverhofft ließ er sie dann wieder los. Doch nun zog anna Maria ihn an sich und küsste ihn sanft. Ungläubig starrte er sie an. Bestürzt senkte anna Maria den Blick, wand sich aus seinen armen und eilte in den Saal.
     
    Der Morgen graute bereits, doch anna Maria lag noch immer wach auf ihrem Strohlager.

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