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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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Holz nachgelegt werden. Deshalb sollte das Brennholz vom Burghof in den Saal umgelagert werden. Diese aufgabe übertrug Johann den Wolfsjägern. Nachdem die drei Männer die ersten Holzscheite an der langen Wand gestapelt hatten, weigerten sie sich weiterzuarbeiten und beklagten sich lautstark über die ungewöhnlich schwere arbeit.
    Hans, dem vor anstrengung der Schweiß aus allen Poren floss, baute sich vor Johann auf und fragte herausfordernd: »Warum müssen nur wir das Holz herbeischleppen? Schließlich wärmt es doch jeden hier im Saal.«
    Da fauchte Gerhild ihn an: »Ihr fresst euch seit Wochen durch, trinkt uns das Bier weg und verpestet die Luft mit eurem Gestank. Das Mindeste, das ihr tun könnt, ist, Holz heranzuschaffen.« als Karius aufbegehren wollte, drohte sie: »Wenn es euch nicht passt, dann verlasst die Burg.«
    Daraufhin arbeiteten die Wolfsjäger zähneknirschend weiter,
und bis zum abend bedeckte das Holz die gesamte Länge der Saalwand.
    Doch obwohl Tag und Nacht das Feuer brannte, reichte die Wärme nicht aus, um die Kälte und die Feuchtigkeit des Mauerwerks zu bezwingen. Schließlich gab Johann Befehl, die Hälfte des Raumes abzuteilen und mit Stroh auszulegen. Danach wurden alle Tiere aus dem Stall in den Saal umgesiedelt, und der Gestank nach Mist und Dung überdeckte rasch den der Menschen. aber auch die Wärme des Viehs konnte wenig ausrichten, und es war noch immer bitterkalt in dem hohen Steinraum. Zudem schlug sich der atem an der Decke nieder und tropfte herunter, sodass sich auf dem Boden Pfützen bildeten.
    Zuerst wurden die Kinder krank, dann die Erwachsenen. Das Blöken, Grunzen und Gackern der Tiere vermengte sich mit den ständigen Hust- und Niesgeräuschen der Menschen. Die Kinder quengelten und weinten. als einige so schwer krank wurden, dass sie ihr Lager nicht mehr verlassen konnten, wollte Johann den arzt rufen lassen. Doch die Wege nach Landstuhl waren vereist, sodass niemand in den Ort hinuntergelangen und aus Landstuhl niemand den Weg heraufkommen konnte.
    Zwei Tage später verschied augustins Schwester Thea, und am selben abend verstarb eines der Kinder in den armen seiner Mutter. Da der Boden hart gefroren war, konnte man kein Grab für die Toten ausheben. Ihre erstarrten Körper wurden in dünne Tücher gewickelt und im Gewölbekeller neben den Fässern abgelegt.
    Als sich nachts der Wolfsjäger Michel heimlich Bier aus dem Keller holen wollte, erkannte er in seinem Suff nicht, dass die ausgetretenen rötlichen Sandsteinstufen mit einer dicken Eisschicht überzogen waren.
    Erst am nächsten Morgen fand man seine steifgefrorene Leiche. »Genickbruch!«, stellte Johann ungerührt und fest und ließ Michel zu den übrigen Toten legen.

    Michels Gefährte Hans blickte Veit, der am oberen Ende der Treppe zum Keller stand, anklagend an. Daraufhin machte Veit mit der Hand eine Bewegung, die einen Stoß andeutete. Hans wurde blass und mied fortan jeden Blickkontakt mit dem Bruder des Hausherrn.
     
    Anna Maria kam kaum zu Ruhe. Von den frühen Morgenstunden an bis in die späte Nacht hinein war sie mit der Pflege der Kranken beschäftigt. als die Köchin heftigen Husten bekam und wie so viele nicht mehr von ihrem Lager aufstehen konnte, übernahm sie zusätzlich die Pflichten in der Küche.
    Zwar war anna Maria nach dem Tod der Mutter auf dem elterlichen Hof für die Führung des Haushalts verantwortlich gewesen, doch hatte sie dort aus dem Vollen schöpfen können. So kam es ihr jedenfalls vor, nachdem sie die mageren Vorräte auf der Burg begutachtet hatte. Trotzdem versuchte sie aus dem Wenigen, was sie vorfand, gehaltvolle Mahlzeiten zu kochen.
     
    Der eisige Wind, der um Burg Nanstein pfiff, zog durch jede Ritze im Mauerwerk. Mühsam versuchten die Männer, die Spalten mit Stroh, das mit Dung vermengt war, zu stopfen. Eines Nachts fegte heftiger Sturm einige Ziegel vom Dach der Burg, und durch die Löcher entschwand die Wärme. Keiner der Männer meldete sich freiwillig, um auf das vereiste Dach zu steigen und die fehlenden Tonplatten zu ersetzen, denn jeder wusste, wie gefährlich es war. Johann hatte keine Wahl, als das Los entscheiden zu lassen. Er nahm verschieden lange Strohhalme in die Hand und ließ jeden der Männer abwechselnd einen Halm ziehen. als Veit den kürzesten zog, zeigte sein Gesicht keine Regung. Wortlos ließ er sich zur Sicherheit ein Seil um den Leib schlingen. Bevor Veit den Saal verließ, bedachte er anna Maria mit einem kurzen Blick, und auch

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