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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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schäumte der Landknecht wütend und wurde erneut handgreiflich. Er drückte dem alten fast die Kehle zu, als er sprach: »Such die beiden, und bring sie zurück. Meinem Bruder darfst du eine abreibung verpassen. Doch wage es nicht, mir zu erzählen, dass er bei einem Unfall zu Tode gekommen wäre. Denn dann werde ich dich von der Burgmauer stoßen, aber erst nachdem ich dir beide Hände abgehackt habe. Der Seherin darf kein Haar gekrümmt werden. Jungfräulich und unversehrt bringst du sie mir zurück. Wenn nicht …«
    Mit dieser unausgesprochenen Drohung stieß er den Wolfsjäger von sich. Der alte fasste sich an den Hals und brachte krächzend hervor: »Wie hoch wird meine Belohnung sein?«
    »Du wagst es, das zu fragen? Du unverschämter Hund, mach, dass du fort kommst!« Der Landsknecht war drauf und dran, den Wolfsjäger eigenhändig aus dem Saal zu werfen, doch der alte war schon nach draußen gestürmt, bevor er ihn zu fassen bekam.
     
    Als Johann schließlich allein war, starrte er verbittert in den Kamin, in dem die Glut hellrot leuchtete. »Wie konnte Veit mir das nur antun?«, fragte er sich wieder und wieder.

    Der Morgen dämmerte bereits. anna Maria lief warmer Schweiß den Rücken hinunter, obwohl der Regen eiskalt auf sie herabprasselte.
    Veit trieb anna Maria immer wieder zur Eile an. Wenn sie zu
weit hinter ihm zurückblieb, kam er ihr entgegen, umfasste ihre Hand und zog sie mit sich. Obwohl ihre Beine schmerzten und ihr Magen knurrte, wagte sie nicht, um eine Rast zu bitten. Sie wusste, dass der abstand zwischen Nanstein und ihnen noch nicht groß genug war. Noch durften sie keine Zeit vergeuden.
     
    Der Himmel war in hellgraues Licht gefärbt, und der Regen fiel in feinen Tropfen, als sie eine weite Ebene überquerten. anna Maria glaubte in der Ferne Wölfe zu erkennen und blieb stehen, um Veit die Tiere zu zeigen. Er nickte.
    »Sie folgen uns schon eine Weile. Ich bin gespannt, ob sie sich uns nähern werden. Komm, anna Maria, da drüben unter den Obstbäumen können wir kurz rasten.«
    Die Vorstellung, sich endlich ausruhen zu können, beflügelte die junge Frau. Mit großen Schritten folgte sie ihrem Begleiter.
    Ein dicker ast, der von einem Baum gebrochen war, diente ihnen als Sitzfläche. anna Maria streckte ihre Beine aus und rieb über ihre Waden. als Veit das sah, schmunzelte er. »Du bist es nicht mehr gewohnt, weite Strecken zu gehen.«
    »Die Monate auf der Burg haben mir nicht gutgetan. Innerlich brennen meine Beine wie Feuer! Solche Schmerzen sind mir völlig neu.«
    Veit gab anna Maria ein Stück Brot und ein Stück Käse. als sie etwas sagen wollte, machte er ihr ein Zeichen zu schweigen. abrupt stand er auf und heulte wie ein Wolf. Sogleich antworteten die Wölfe und kamen über die Ebene auf Veit zugelaufen. Sie schnupperten und sprangen schwanzwedelnd an ihm hoch. als er sich hinkniete und mit ruhiger Stimme zu ihnen sprach, leckten sie ihm winselnd übers Gesicht.
    Begeistert beobachtete anna Maria die Begrüßung. »Es sind die vier Kleinen! Gott sei Dank ist keinem von ihnen etwas passiert«, rief sie glücklich. Niemals hätte sie geglaubt, dass sie sich so darüber freuen würde, die vier Wölfe wiederzusehen.

    Plötzlich trat einer der Wölfe zu anna Maria und begann, an ihr zu schnuppern. Sie blieb starr sitzen und wagte kaum zu atmen. Doch dann erkannte anna Maria die Wölfin und traute sich nun auch, sie zu streicheln. Das Tier winselte und leckte der jungen Frau das Gesicht. »Sie erkennt dich!«, stellte Veit fest. Er saß auf dem Boden, und die drei anderen Wölfe lagen eingerollt neben ihm.
    »Die Welpen sind groß geworden«, sagte anna Maria und streichelte das Weibchen, das sich neben sie gelegt hatte.
    »Wie bist du zum Wolfsbanner geworden, Veit?«, fragte sie dann unvermittelt.
    Veit sah erstaunt auf. Dann bat er sie, ihre Frage zu wiederholen.
    Anna Maria tat, wie ihr geheißen, und nun erhellte ein Lächeln Veits Gesicht. »Es ist das erste Mal, dass du mich beim Vornamen nennst und mich duzt. Weißt du das?«
    »Ach ja?«, erwiderte anna Maria und spürte, dass sie trotz der Kälte heiße Wangen bekam.
    Veit stand auf und sagte: »Wir müssen weiter, anna Maria! Wenn wir einen Platz für die Nacht gefunden haben, werde ich dir meine Geschichte erzählen.« Er reichte ihr die Hand und zog sie zu sich hoch. Beide standen dicht zusammen. Vertraut lächelten sie einander an. Veit musste an sich halten, um anna Maria nicht in seine arme zu ziehen. aber die

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