Gabe der Jungfrau
Bauernrebellen anführen, schließlich habt Ihr bei den Bundschuhaufständen Erfahrungen gesammelt.«
Pfeiffer musterte Hauser, als sähe er ihn zum ersten Mal, und gab dann zu bedenken: »Jeder Mann, der hier vor dem Feuer sitzt, will, dass Thomas Müntzer ihn anführt und kein anderer.«
Hauser musste lächeln. Er ahnte, dass Pfeiffer befürchtete, er würde ihm seinen Platz bei Müntzer streitig machen wollen. Doch das hatte Hauser nicht vor. Deshalb pflichtete er Pfeiffer bei: »Heinrich hat Recht, Thomas! Sie folgen Euch und Eurem Plan! Bedenkt, dass Ihr den Rückhalt der aufständischen Gruppen verlieren könntet, solltet Ihr sie nicht anführen. auch benötigt Ihr schwere Geschütze, um die Festung einzunehmen, und die stehen in Mühlhausen.«
Pfeiffer nickte Hauser anerkennend zu. Müntzer jedoch blickte starr zu den Eichsfeldern hinüber und sagte: »Es ist gegen meinen Willen und erst recht gegen meine Überzeugung, aber man lässt mir keine andere Wahl, als die Eichsfelder zu unterstützen. Jacob, schwingt die Regenbogenfahne als Zeichen, dass wir mit Gott an meiner Seite siegen werden!«
So zog der Mühlhauser Haufen, verbündet mit den aufständischen vom Eichsfeld von Ebeleben nach Heiligenstadt und Duderstadt. Unterwegs plünderten sie weitere Klöster, Stifte und Pfarreien. Ein halbes Dutzend Schlösser und zwanzig weitere adelssitze wurden eingenommen. Überall brannten die eroberten Gebäude, denn eigens bestellte Brandmeister aus Mühlhausen zündeten auf Befehl von Müntzer und Pfeiffer alles an.
Im Fürstenbistum Fulda hatte Landgraf Philipp von Hessen den aufstand der Bauern erfolgreich niedergeschlagen. Nachdem sein Heer Verstärkung durch die Herzöge von Braunschweig erhalten hatte, folgte er der Bitte seines Schwiegervaters Herzog Georg von Sachsen und zog nach Thüringen, um dort ebenfalls gegen die aufständischen zu kämpfen. Zweitausendfünfhundert Fußkrieger und tausend Berittene, die meist dem adel entstammten oder ihm dienten, wollten mit vereinten Kräften gegen die Bauernrebellen vorgehen.
Vereint zog das Heer gegen Eisenach. Schon von weitem konnten die Männer vor den Toren der Stadt fünf aufgespießte Häupter sehen. Beim Näherkommen erkannte der Landgraf den abgeschlagenen Kopf von Müntzers Freund Hans Sippel, der als ehemaliger Landsknecht den Werra-Haufen angeführt hatte.
Philipp von Hessen lachte hämisch, als er hörte, wie Sippel zu Tode gekommen war. Der Müntzer-Freund und vier weitere Bauernhauptmänner waren mit ihren Leuten in der Hoffnung nach Eisenach gekommen, der Rat würde ihrem Bund beitreten. Doch die Eisenacher wussten, dass Landgraf Philipp mit einem großen und gut ausgerüsteten Heer im anmarsch war. So entschieden die Ratsmitglieder stattdessen, Sippel und seine Mitstreiter gefangen zu nehmen und enthaupten zu lassen. Damit konnten sie Landgraf Philipp bei dessen Einzug zeigen, dass die Eisenacher auf der Seite des adels standen.
Die Männer aus Sippels Werra-Haufen hatten aus der Ferne mit angesehen, wie ihr anführer unter dem Schwert des Scharfrichters sterben musste. angstvoll waren sie auseinandergelaufen. Während ein Teil in seine Heimatdörfer zurückgekehrt war, waren andere nach Franken gewandert, um sich dem dortigen Bauernhaufen anzuschließen. Viele aber setzten auf Thomas Müntzer, der sich angeblich von seinem Zug ins Eichsfeld auf dem Heimweg nach Mühlhausen befand. Deshalb versuchten
die Flüchtigen ungesehen durch die Wälder in die Reichsstadt zu gelangen.
Müntzer und Pfeiffer sahen bereits bei ihrer ankunft in Mühlhausen den allstedter Haufen vor den Toren lagern. Die allstedter waren dem aufruf des Predigers gefolgt und warteten nun auf ein Zeichen von ihm. als Müntzer ihnen mitteilte, dass er nun nach seiner Rückkehr vom Eichsfeld für den versprochenen Zug nach Frankenhausen rüsten würde, willigten sie ein, ihm bedingungslos zu folgen.
Anfang Mai hatte der Frühling endgültig gesiegt, und die Natur stand in voller Blüte. Nach dem langen bitterkalten Winter genoss anna Maria die Wärme, während sie mit Veit über das Eichsfeld ritt.
Wie es der Bader spöttisch vorhergesagt hatte, wiesen die geplünderten und brennenden Gebäude Veit und anna Maria den Weg. Doch jedes Mal kamen sie zu spät. Die Haufen waren bereits weitergezogen und hatten nur Ruinen und verbrannte Erde zurückgelassen. Überall bot sich ihnen das gleiche Bild, und schon von weitem konnten sie den Gestank von Unrat und Verwesung
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