Gabe der Jungfrau
grasen.
Während anna Maria schlief, watete Veit in das eisige Wasser des Teichs, um sich das Blut abzuwaschen und den Bart loszuwerden. Er atmete tief ein und aus und spürte, wie die anspannung allmählich von ihm abfiel und er innerlich ruhig wurde.
Als anna Maria erwachte, brannte ein Feuer, über dem Veit einen Karpfen grillte. Erstaunt blickte sie in sein sauber rasiertes Gesicht. »Wie geht es dir?«, fragte er besorgt. »Besser!«
Erleichtert zog er sie an sich. »Wenn sie dir Leid zugefügt hätten …«
»Es ist vorbei!«, unterbrach ihn anna Maria. Sie wollte nicht reden und auch nicht darüber nachdenken, was mit Hans und Karius im Wald geschehen war.
Einige Tage später waren anna Marias Gelenke abgeschwollen, sodass sie nach Mühlhausen aufbrechen konnten. Obwohl sie vor Pferden angst hatte, ließ sie sich von Veit in den Sattel heben. Er setzte sich hinter sie und führte das zweite Pferd am Zügel mit.
»Zumindest müssen wir jetzt nicht mehr querfeldein gehen«, sagte er und lenkte die Pferde auf den Weg, der nach Mühlhausen führte.
Anna Maria zitterte wie Espenlaub, als Veit an die Hauspforte des Baders Gabriel klopfte. Eine junge Frau öffnete und blickte anna Maria erstaunt an.
»Wir haben gehört, dass die beiden Burschen Matthias und Peter Hofmeister aus Mehlbach hier untergekommen sind«, sagte Veit, da es anna Maria anscheinend die Sprache verschlagen hatte.
»Du bist ihre Schwester!«, flüsterte die junge Frau, und anna Maria nickte. Veits Blick wanderte zwischen den beiden Frauen hin und her.
»Woher weißt du, wer sie ist?«, fragte Veit verblüfft.
»Sie gleicht ihren Brüdern sehr! Ich heiße übrigens annabelle und bin die Tochter des Baders. Und die Braut deines Bruders Matthias«, fügte sie leise hinzu. Dann füllten sich ihre augen mit Tränen. »O nein! Du hast sie in deinem Traum gesehen, und nun sind sie tot!«, schluchzte sie auf.
Erst jetzt schien anna Maria aus ihrer Erstarrung zu erwachen. »Ich habe sie nicht gesehen«, stammelte sie.
»Gott sei gedankt!«, rief annabelle. »Doch möchtet ihr nicht hereinkommen?«, bat sie freundlich. anna Maria antwortete nicht, sondern fragte nach ihren Brüdern.
Annabelle sah sie bekümmert an. »Sie sind nicht mehr hier. Vor einigen Tagen sind sie mit dem Haufen des Thomas Müntzer fortgezogen, um für die Rechte der Bauern zu kämpfen.«
Anna Maria wurde blass, und ihre Beine gaben unter ihr nach. Veit fing sie auf und trug sie ins Haus.
In der Küche setzte er sie auf einen Stuhl und bat um einen Becher Wasser. Nachdem anna Maria einige Schlucke getrunken hatte, kehrte die Farbe in ihr Gesicht zurück.
»Was sollen wir jetzt nur machen?«, wandte sie sich hilfesuchend an Veit.
»Weißt du, wo ich mehr über ihren Verbleib erfahren kann?«, fragte Veit annabelle.
»Ich werde meinen Vater bitten, mit dir zu Müntzers Haus zu gehen. Dort wird man dir auskunft geben können.«
Der Bader betrachtete anna Maria mit großen augen und sagte: »Du gleichst deinem Vater sehr!«
»Woher kennt Ihr meinen Vater?«
»Das ist eine lange Geschichte, die dir deine Brüder erzählen können«, erklärte er schmunzelnd. »Jetzt gehen wir zu Wismeler, der weiß, wo sie sind.«
Anna Maria wusste nicht, wann sie zuletzt ein Bad genommen hatte. Der Kräuterduft des warmen Wasserdampfs beruhigte ihr Gemüt, und sie entspannte sich. Während anna Maria im Zuber lag, wusch annabelle ihre Kleidung. Dann ging sie zu anna Maria in die Badestube und setzte sich auf den Rand des Bottichs. anna Maria blickte annabelle an und sagte mit einem Lächeln auf den Lippen: »Du bist also die Braut meines kleinen Bruders. Erzähl mir von euch beiden!«
Als Veit und der Bader zurückkehrten, saßen die beiden Frauen erwartungsvoll in der Küche. annabelle hatte anna Maria eines ihrer Kleid gegeben, da ihres noch nicht trocken war.
»Was habt ihr in Erfahrung gebracht?«, fragte anna Maria ungeduldig, und der Bader begann zu berichten.
»Dietrich Wismeler, ein enger Vertrauter von Müntzer, erzählte mir, dass Pfeiffer zunächst allein mit sechshundert seiner Mannen nach Langensalza aufgebrochen ist, um dort die Einwohner bei ihrem Kampf zu unterstützen. Die Langensalzer lehnten ihre Hilfe jedoch ab. Daraufhin zogen die Männer um Pfeiffer zum Zisterzienserkloster Volkenroda. Sie plünderten und zerstörten es und brachten anschließend das erbeutete Vieh, Getreide und sonstiges Gut nach Görmar, um es dort unter den darbenden
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