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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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als Kurfürst Ludwig von der Pfalz, Erzbischof Richard von Trier und Landgraf Phillip von Hessen mit ihrer Feldartillerie und den neuen Belagerungsgeschützen Burg Nanstein umstellten.
    Als Franz von Sickingen von der Burgmauer aus die vielen Männer sah – er schätzte das Heer auf dreißigtausend Mann -, sagte er voller Bitterkeit: »Die Feinde kommen, die Freunde nicht!«
    »Herr, Ihr könnt fliehen! Ihr kennt alle Wege und Schlupfwinkel ringsum, und bis die Festung völlig abgeriegelt ist, habt Ihr Zeit, Euch in Sicherheit zu bringen.«
    Franz von Sickingen, der einen Kopf kleiner als Johann war, trat auf ihn zu, streckte sich in die Höhe, legte seine Hand auf die Schulter des Landknechts und sagte, den Blick ins Tal gerichtet: »Nein, ich werde mich nicht davonschleichen. Hier bei meinen treuen Gefolgsleuten und bei meinen wahren Freunden werde ich bis zum bitteren Ende bleiben!«
    Ende april war es dann so weit. Johann bildete sich ein, noch immer den Pulvergestank riechen zu können und den Staub auf der Zunge zu schmecken.
    Ununterbrochen beschossen die großen Kanonen der angreifer die Mauern der Burg. Die Festung war zwar stark, aber ein Teil der dicken Mauern war erst im Jahr zuvor ausgebessert worden und der Kalkmörtel noch nicht vollständig abgebunden.
    Zuerst wurde der große Turm, auf dem von Sickingen seine Geschütze in Stellung gebracht hatte, zerstört.
    Als der Ritter seine Kanonen zerborsten zwischen den Steinquadern auf dem Burghof liegen sah, sagte er voller Zorn: »Sechs Jahre lang haben wir Ritter uns gegenseitig Hilfe und Beistand versprochen, um das Reich zu erneuern. Wo sind sie jetzt? Sie sitzen auf ihren Burgen und warten!«

    Zwei Tage später stand Franz von Sickingen an einer breiten Schießscharte und schaute auf das gegnerische Lager. als er die vielen Reiter und Knechte sah, ließ er eine Kanone aufstellen, die mit Pulver und gehacktem Blei geladen wurde.
    Sickingen war nur einen kurzen augenblick aus der Deckung getreten, als eine Kugel die Scharte traf. Das Geschütz wurde aus seiner Lafette gerissen, und das Bronzerohr schleuderte ihn gegen einen Bauholzstapel. Sickingens Bein wurde zerquetscht und seine rechte Leibseite aufgerissen.
     
    Johann schauderte, als er an die Schreie seines Herrn und das viele Blut dachte, das aus der klaffenden Wunde geflossen war. Lunge und Leber des Ritters lagen frei, und die Schmerzen mussten unbeschreiblich gewesen sein.
     
    Der treue Landsknecht ließ Franz von Sickingen in ein sicheres Gewölbe bringen. Im Stroh liegend und durch den Blutverlust schwächer und schwächer werdend, gab er anweisungen, wie man die Burg verteidigen sollte.
    Als von Sickingen erkennen musste, dass jede weitere Stunde mehr Tote, aber keinen Sieg bedeuten würde, ließ er einen Mann mit einer weißen Fahne nach unten gehen – als Zeichen, dass er sich ergab.
     
    Johann schloss für einige augenblicke die augen. Zorn stieg in ihm hoch, als er daran dachte, wie die drei Fürsten vor dem sterbenden Franz von Sickingen gestanden hatten und sich nicht scheuten, den Todgeweihten zu verfluchen.
    Sowohl der Erzbischof von Trier wie auch Landgraf Philipp blieben ungerührt und beschimpften den Sterbenden, bis Kurfürst Ludwig gebot, dass sie Ruhe geben sollten.
    Mit schwindender Kraft sprach Franz von Sickingen seine letzten Worte: »Ich muss vor einen höheren Herrn treten!«
    Als der Erzbischof ihn bedrängte, die Beichte abzulegen, bevor er vor seinen Richter trete, flüsterte von Sickingen: »In meinem Herzen habe ich Gott bereits gebeichtet!«
    Als Franz von Sickingen anfang Mai 1523 seine augen für immer schloss, wusste Johann, dass mit ihm die letzte Hoffnung zerbrach, das Reich zu erneuern.
     
    »Mein Freund, du wirst unvergessen bleiben!«, flüsterte Johann in schmerzhafter Erinnerung.
     
    Nachdem man Franz von Sickingen in einen Harnischkasten gelegt hatte, wurde er am selben Tag in der Marienkapelle unterhalb der Burg beerdigt. Danach nahmen sich die Sieger drei Tage Zeit, um die Burg zu plündern. Selbst die edle Wandvertäfelung rissen sie von den Mauern. Kein Möbelstück ließen sie zurück, keine Waffe, keinen Schild – alles was sie tragen konnten, wurde mitgenommen.
    Die letzten Getreuen zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. auch Johann zog mit seinen Männern von dannen. Doch ihre Welt daheim war ihnen nach den Jahren auf dem Schlachtfeld und in der Fremde eng geworden. So zogen sie umher, um sich neuen Feldherrn anzuschließen, was nicht

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