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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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in den Farben der Flammen schimmerten, waren geschlossen.
    Schließlich öffnete er sie wieder und legte den Kopf schräg, sodass sein Haar zur Seite fiel. Dann verengte er die Augen von der Farbe eines herannahenden Sturms, um seinen Rudelgefährten zu betrachten, der geräuschlos neben ihm aufgetaucht war.
    »Kann ich etwas für dich tun, Rye?«
    »Ich mache mir Sorgen wegen dieses Mädchens.«
    Darcio lächelte. Er konnte sich stets darauf verlassen, dass Rye direkt zum Punkt kam. In seiner Position als oberster Schwertführer war Rye sowohl Captain der Jeth-Armeen als auch Reules Thronfolger, falls dieser ohne direkten Nachkommen sterben sollte. Die Familie des Primus war während der Zeit der Verfolgung und im Laufe der Flucht ausgelöscht worden, bevor sie in Jeth Valley schließlich ein Zuhause finden konnten. Primus Reule, der keine Verwandten mehr hatte, hatte schon vor langer Zeit Rye als Nachfolger aus dem Rudel ausgewählt. Es war eine wohlverdiente Ehre. Rye war nach Reule der begabteste Telepath von Jeth City, hatte ebenfalls einen Sinn für Staatsgeschäfte und besaß die Ausgeglichenheit, um die sich Reule stets bemühte, auch wenn es ihm nicht immer gelang.
    »Warum solltest du dir wegen eines halb verhungerten und misshandelten Mädchens Sorgen machen, Rye?«
    »Weil sie verdammt noch mal überhaupt nicht gelegen kommt«, murmelte er und ließ sich ebenfalls in einen Sessel fallen. »Und ich bin nicht der Einzige, der so denkt. Delano ist …«
    »Delano ist oberster Vollstrecker, es ist sein Job, überall ein falsches Spiel zu sehen.«
    »Nun, ich würde seine Meinung niemals unbeachtet lassen«, sagte Rye mit einem mürrischen Ausdruck in dem ohnehin schon finsteren Gesicht. Ryes himmelblaue Augen richteten sich auf Darcio. »Hast du gesehen, wie Reule reagiert hat, als Para in den Hof gerannt kam? Hast du es gespürt ?«
    »Natürlich. Ich bin weder blind noch telepathisch so beschränkt, wie manche von euch glauben«, schnaubte Darcio.
    »Das meine ich gar nicht, das weißt du genau«, fauchte Rye. Er bemerkte seinen Tonfall und atmete langsam aus, während er sich durch die schwarze Mähne fuhr und sich in seinem Sessel zurücklehnte. »Warum stellst du dich absichtlich dumm?«
    »Weil mir nicht klar ist, worüber man sich Sorgen machen sollte. Ja, Reule hat extrem reagiert. Das hätte ich auch, so wie Para dahergestürmt kam. Reule sieht Dinge, die wir nicht sehen, das ist eine Tatsache. Er fühlt Dinge, die wir nicht fühlen. Ich würde mir nicht anmaßen, sein Verhalten infrage zu stellen, nur weil er jemandem helfen wollte, der in Schwierigkeiten war.«
    Rye schnaubte. »Ich würde einen Albtraum nicht ›Schwierigkeiten‹ nennen.«
    Darcio betrachtete Rye mit gesenkten Lidern. Er kannte Rye gut, und er konnte sich sicher sein, dass es nicht unbedingt die Meinung des Schwertführers war, die er zu hören bekam. Rye gehörte nicht zu denen, die leicht zu beeinflussen waren, es sei denn, Reule wünschte es. Oder wenn jemand ihm deutlich machte, dass Reule in Gefahr war. Delano und Saber, Vollstrecker und Schwertführer, waren die Einzigen, die dazu in der Lage waren.
    »Das ist mehr als Delanos übliche Paranoia, nicht wahr?«, bemerkte Darcio. »Saber muss ebenfalls in der Zwickmühle sein, wenn er dich dazu zwingt, zu mir zu kommen.« Der Schatten des Primus versuchte angesichts des überraschten und verlegenen Ausdrucks auf dem Gesicht des Thronerben ein Lächeln zu unterdrücken. »Ein zartes kleines Mädchen bringt ein ganzes Rudel brutaler Kerle dazu, zu zittern vor Angst und Sorge?«
    »Darc!«, protestierte Rye laut und richtete sich kerzengerade auf.
    Darcio setzte sich Rye gegenüber und lächelte ihn beruhigend an. »Stimmt, es gibt ein paar Ungereimtheiten, was das Mädchen betrifft. Unser Primus fühlt sich zu ihr hingezogen, ohne dass er selbst genau sagen könnte, warum.« Rye zog die Brauen hoch. »Doch es ist eine rein emotionale Reaktion. Reule ist sensibel, trotz seiner rauen Schale, und das wissen wir.«
    »Obwohl wir ihm das nicht allzu oft sagen«, scherzte Rye.
    »Nein, nicht allzu oft. Aber sogar ich habe die Trauer und den Schmerz gespürt, den diese Frau mit sich herumträgt wie einen schweren Mantel. Reule kann es nicht ertragen, wenn jemand leidet. Und ich versichere dir, diese Frau hat gelitten.«
    »Du glaubst also, dass Reule aus Mitgefühl so auf sie fixiert ist?«
    »Fixiert?«, lachte Darcio. »Er war zweimal bei ihr, seit sie hier ist, und das nennst du

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