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Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Voosen
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erhob er sich, ging zum Altar, kniete nieder und
betete.

 
    15
    ›Focus-Versicherungs-AG‹, Freitag,
15. Mai, 10.20 Uhr
    »Salon ›Sandras Haarstudio‹, hier
spricht Jennifer. Was kann ich für Sie tun?« meldete sich eine
junge Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Niko Altmann hier, guten Tag!
Könnte ich Frau Niemetz sprechen?«
    »Geht es um einen
Termin?«
    »Nein, es ist… es ist
privat!«     
    »Einen Moment bitte!«
    Etwas undeutlich, als ob die
Sprechmuschel nur halb zugehalten würde, hörte Niko, wie Jennifer
ihre Chefin rief. »Sandra, kannst du mal eben? Es ist für
dich!«
    »Sandra Niemetz. Guten
Tag.«    
    »Hallo, Sandra. Hier ist Niko. Bin
leider nicht dazu gekommen, mich früher zu melden. Aber hier im
Büro war diese Woche Land unter«, sprudelte es aus ihm heraus in
der Hoffnung, dass seine Angebetete nicht merkte, wie aufgeregt er
war.
    »Hallo, Niko. Das ist aber nett,
dass du dich meldest. Ich habe schon gedacht, du hättest mich
vergessen …«, absichtlich machte Sandra eine Pause, um ihm
Gelegenheit zum Widerspruch zu geben.
    »Nein, Sandra, ganz im Gegenteil.
Ich hab an dich, also ich hab schon an dich gedacht, auch mehrmals,
aber ich bin wegen der Arbeit im Büro … und es waren auch ein paar
ganz eilige Aufträge dabei … einfach nicht früher dazu gekommen,
dich anzurufen!«
    »Niko, ich glaub dir ja und ich
freue mich richtig, dass du dich gemeldet hast«, erwiderte
sie.
    Ich wollte eigentlich nur mal
fragen, was du so am Wochenende vorhast? Irgendwelche
Pläne?«
    »Warum fragst du?« ließ sie ihn
zappeln.
    »Nur so, also ich habe nichts vor.
Wenn du auch nichts…«
    »Bei mir sieht's nicht so gut aus.
Also heute Abend bin ich mit meiner Steuerberaterin verabredet,
morgen wollte ich mit meiner Freundin Karen ins Kino gehen und am
Sonntagnachmittag hat mich meine Mutter zum Kaffee
eingeladen.«
    »Schade, ich wäre … also ich hätte
dich gern am Wochenende zum Essen eingeladen. Naja, kann man eben
nichts machen«, meinte er resignierend.
    »Da fällt mir ein, Karen wollte
ursprünglich Sonntag mit mir ins Kino
gehen, weil ihr das besser passen würde und ich war es, die lieber Samstag gehen wollte. Also wenn
es dir recht ist, rufe ich sie mal eben an
und frage, ob wir den Termin umpolen
könnten. Dann würde es ja vielleicht doch
mit morgen klappen!«
    »Das wäre prima«, kam die spontane
Antwort.
    »Gut, ich ruf dich gleich zurück.
Wie ist deine Nummer im Büro?«
    Niko nannte ihr seine Telefonnummer
und beendete das Gespräch. Er war enttäuscht. Er war sich so sicher
gewesen, sie am Wochenende wiederzusehen. Und jetzt? Die Minuten
verrannen. Er starrte auf sein Handy. Oft klingelte es im falschen
Moment. Doch jetzt schwieg es. Warum ruft sie nicht zurück? Hat
ihre Freundin auf dem einmal vereinbarten Termin
bestanden?
    Natürlich hatte Sandra die
Verabredung mit ihrer Freundin nur erfunden. Sie wartete ungefähr
zehn Minuten, bevor sie Niko zurückrief.
    Der Klingelton riss Niko aus seinen
Gedanken.
    »Niko hier! Äh, Focus-Versicherung,
Niko Altmann am Apparat. Sie wünschen
bitte?«
    »Ich bin's, Sandra. Also Karen hat
sich ein bisschen geziert, aber gutes Zureden hat geholfen. Sie ist
einverstanden. Wenn du also willst, würde ich deine Einladung gerne
annehmen. Hast du schon ein Restaurant im Auge?«
    »Wie war's mit einem Italiener?«
fragte Niko, denn das ging eigentlich immer. »Gerne. Schon einen
ausgeguckt?«
    »Nein, noch nicht. Aber lass dich
überraschen«, gab er sich bewusst locker. »Holst du mich ab, so
gegen sieben?«
    »Halb acht wäre mir
lieber!«
    »Gut, dann bis morgen um halb acht.
Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Abend.«
    »Ich mich auch, tschüss
Niko.«
    »Ciao, Sandra!«

 
    16
    Polizeipräsidium Wuppertal, Freitag,
15. Mai, 11.00 Uhr
    Jürgen Fassbinder, Hauptkommissar
und Leiter der Mordkommission, war 59 Jahre und seit drei Jahren
verwitwet. Er dachte nicht im Traum daran, sich frühzeitig
pensionieren zu lassen, obwohl er aufgrund einer noch nicht lange
zurückliegenden Prostata-Operation im kommenden Jahr in Pension
hätte gehen können. Er war mit Leib und Seele Polizist. Seine
Statur war etwas untersetzt, etwa 1,75 Meter, und zeigte einen
kleinen Bauchansatz. Er hatte dichtes schwarzes Haar, einen dunklen
Teint und in seinem vom Wandern, seiner geliebten
Freizeitbeschäftigung, gebräunten Gesicht thronte eine mächtige
Nase. Kleine Lachfalten umspielten seinen Mund, unter dem ein
energisches Kinn Entschlossenheit

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