Gabriel oder das Versprechen
ein
Kinderspiel!«
»Also die Datei vom Bistro aus dem
Luisenviertel liegt schon vor und um die Düsseldorfer Datei könnte
ich mich ja kümmern.«
»Mach das. Und richte dein Augenmerk
auch auf die Blumen, Rose und Lilie. Vielleicht gibt's auch einen
Bezug zu dem verwendeten Namen Gabriel.«
»Das wäre natürlich der Knüller
schlechthin, wenn Gabriel als ›Nickname‹ in den selbst gewählten
E-Mail-Adressen auftauchen würde. Doch so blöd scheint unser Täter
nicht zu sein…«
»Aber verbeiß dich nicht in deine
Theorie, Marc, es ist nur eine von vielen Möglichkeiten«,
unterbrach Fassbinder seinen Mitarbeiter. »Und denk auch an die
Frauen …«
»An die denkt er immer«, kam ein
Zwischenruf von Marcs Sitznachbarn, der die anderen Kollegen
grinsen ließ. Es war kein Geheimnis, dass Marc aufgrund seines
attraktiven Äußeren und seines Charmes vor seiner Heirat mit Esther
bei den Frauen immer hoch im Kurs gestanden hatte und auch nie ein
Kostverächter gewesen war. »Netter Hinweis, aber ich meine das
jetzt ausschließlich beruflich. Also Marc, denk dran, wir können
auch Eifersucht nicht als Motiv ausschließen und das Faustmesser
ist eine typische Verteidigungswaffe von Frauen!« Die Besprechung
war ausgesprochen produktiv. Alle möglichen
Theorien wurden beleuchtet, erörtert und häufig wieder verworfen.
Über den Hinweis auf Eifersucht als Motiv wurde die Frage
diskutiert, ob der vorliegende Mord nicht auch die Tat eines
Homosexuellen gewesen sein könnte. Bestrafung durch den Erzengel
Gabriel, weil eine Frau den geliebten - möglicherweise bisexuellen
- Partner für sich gewonnen und damit dem Anderen entzogen hat?
Dafür sprach der scheinbare Widerspruch zwischen brutaler,
möglicherweise durch Rache motivierter Begehung und zärtlichem
Arrangement der Leiche, Rose und Lilie in den gefalteten Händen:
Zeichen der Liebe und des
Todes.
Auch zu dieser ihm sehr plausibel
erscheinenden Theorie erteilte Fassbinder zwei weiteren
Mitarbeitern den Auftrag, sich in dem entsprechenden Milieu
umzuhören. Die Tatsache, dass man in der Szene einen zuverlässigen
Informanten hatte, würde die entsprechenden Nachforschungen
erleichtern.
Erst einige Minuten vor eins hob
Fassbinder die Sitzung auf und fast alle gingen geschlossen in die
Kantine.
17
Restaurant ›Da Damiano‹, Samstag,
16. Mai, 19.55 Uhr
Mit 10-minütiger Verspätung holte
Sandra Niko ab. Von Jennifer hatte sie sich die Haare noch ein
wenig kürzen lassen. Die rötlichen Strähnchen in den brünetten
Haaren sahen pfiffig aus und verliehen ihr ein noch jugendlicheres
Aussehen. Bewusst. Denn sie wollte sich altersmäßig Niko ein wenig
anpassen. Mit ihren grünen Augen und der zierlichen Stupsnase sah
sie zum Verlieben aus, was Niko auch beim Einsteigen ein »Wow,
siehst du gut aus!« entlockte.
»Danke, mein Herr! Gut
gelaunt?«
»Und ob. Ich hab mich schon den
ganzen Tag auf dich gefreut«, sprudelte es aus Niko heraus,
sämtliche Verhaltensregeln, die ihm Markus für dieses Date mit auf
den Weg gegeben hatte, missachtend.
»Mmh, ich auch. Also ich meine, ich
freue mich auch sehr auf unseren gemeinsamen Abend! Wo geht's denn
hin?«
»Es ist nicht weit von hier. ›Da
Damiano‹, in der Friedrich-Ebert-Straße. Kennst du es?«
»Nein, nie gehört!«
»Es muss gut sein. Markus, mein
Kollege und Mitbewohner, hat es mir empfohlen. Der Besitzer
schmeißt den Laden selbst. Soll so die typisch italienische Art
haben, bei jedem seiner Gäste den Eindruck zu erwecken, er sei
heute der wichtigste Gast. Und der größte Gag ist, dass er gar kein
Italiener, sondern in Wirklichkeit Albaner ist!«
»Das ist ein Witz, oder?«
»Nein, bestimmt nicht. Mal schauen,
ob Markus mit seinem Tipp richtig liegt.«
»Die Friedrich-Ebert-Straße ist
Einbahnstraße. Ob ich vor dem Restaurant parken kann?«
»Samstags soll's kritisch sein. Aber
vielleicht haben wir Glück. Es ist kurz hinter dem Laurentius-Platz
auf der linken Seite.«
Sie hatten tatsächlich Glück. Fast
unmittelbar vor dem ›Da Damiano‹ wurde gerade ein Parkplatz frei,
als sie ankamen. Niko half Sandra galant aus dem tiefen Sitz ihres
Wagens und warf dabei einen bewundernden Blick auf ihre hübschen
Beine. Denn heute hatte sie sich für einen luftigen, recht kurzen
champagnerfarbenen Rock entschieden, zu dem sie eine leicht
ausgeschnittene dezent gemusterte Bluse trug. Niko hatte sich für
eine hellblaue Jeans entschieden. Dazu trug er ein braunes
Leinensacco über
Weitere Kostenlose Bücher