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Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Voosen
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hinzu, »zum letzten von Ihnen
genannten Zeitpunkt habe ich mindestens 100 Zeugen, von denen ich
wenigstens fünf bis zehn mit Namen kenne.«
    Jetzt war es an Fassbinder, ein
wenig blasser zu werden. Er fing sich aber schnell wieder. »Und wie
das?«
    »Am letzten Dienstag war ich von
morgens um zehn bis abends um sechs auf der Tourismusbörse in der
Stadthalle!«
    »Ununterbrochen?«
    »Ja, ohne Pause!«
    »Das heißt, Sie haben den ganzen Tag
nichts gegessen, nichts getrunken?«
    »Doch, wir hatten an unserem Stand
ein paar Häppchen. Und Getränke gab es auch. Sie können meine
Sekretärin befragen!«
    »Worauf Sie sich verlassen können!
Und sie kann bestätigen, dass Sie ununterbrochen am Stand
waren?«
    »Ja, mehr oder weniger. Es ist
natürlich auch meine Aufgabe, mich an den anderen Ständen
sachkundig zu machen und zu schauen, was die Konkurrenz so bietet.«
Die Antwort trug ihm, wie Fassbinder und Dr. Wehmayer sofort
registrierten, einen tadelnden Blick seines Verteidigers ein, der
sich dann auch prompt einschaltete. »Das waren dann aber sicherlich
immer nur ein paar Minuten, die Sie sich von Ihrem Stand entfernt
haben?« fragte er suggestiv.
    »Ja, höchstens mal eine
Viertelstunde, allerhöchstens!«
    »Und Sie sind sich sicher, dass Ihre
Sekretärin uns das alles wird im Detail bestätigen
können?«
    »Absolut!« antwortete Lagier, aber
tatsächlich war er sich keineswegs sicher, denn gerade zur
Mittagszeit hatte er sich eine größere Pause gegönnt.
    »Dann nennen Sie mir zunächst mal
den Namen Ihrer Sekretärin. Wo hält sie sich momentan auf?« Lagier
war etwas mulmig zumute. Er hatte gehofft, mit Hilfe seines Anwalts
gleich wieder das Präsidium verlassen zu dürfen, um sich dann in
Düsseldorf mit seiner Sekretärin absprechen zu können. Er zögerte.
»Also ich weiß nicht, ob sie schon im Büro ist…«, druckste er etwas
herum, »wenn ich mich nicht irre, wollte sie heute Morgen zum
Zahnarzt.«
    »Name, Anschrift?«
    »Vom Zahnarzt?«
    »Nein, der Name Ihrer Sekretärin und
die Adresse Ihres Reisebüros!« bellte Fassbinder jetzt etwas
ungehalten. Er ließ sich nicht gerne zum Affen machen. »Ich denke«,
schaltete sich Dr. Janhssen ein, »wir sollten die Vernehmung jetzt
beenden. Es liegt kein ausreichender Grund vor, Fluchtgefahr
anzunehmen. Mein Mandant hat einen festen Wohnsitz, ist ein
angesehener Geschäftsmann und leitet ein florierendes Unternehmen
in Düsseldorf, startete er einen auf tönernen Füßen stehenden
Versuch, seinen Mandanten frei zu bekommen. »Netter, aber
untauglicher Versuch«, konterte Fassbinder dann auch sogleich. »Das
mit der Fluchtgefahr mag ja gerade noch angehen, aber
Verdunkelungsgefahr können Sie doch bei dem, was wir gerade gehört
haben, sicherlich nicht in Abrede stellen«, drückte er sich bewusst
etwas geschwollen aus. »Ich warte aber immer noch auf den Namen
Ihrer Sekretärin und die Adresse Ihres Büros!« wandte er sich
wieder an Lagier.
    »Gesa Felgenhauer. Mein Geschäft
habe ich auf der Kö, Königsallee 68.«
    »Okay. Gibt es noch mehrere
Angestellte in Ihrem Reisebüro? Ja, zwei weibliche Angestellte und
einen männlichen Azubi. Aber warum wollen Sie das wissen?«
Fassbinder ging nicht auf die Frage ein. »Bitte entschuldigen Sie
mich ein paar Minuten. Ich bin gleich zurück. Marc, du kannst ja
schon mal weitermachen!« Dr. Wehmayer und Marc wussten natürlich,
was Fassbinder vorhatte. Er wollte Lagier jetzt mit seinem
windelweichen Alibi festnageln. Das war es genau, was er brauchte,
um den Richter zu überzeugen, wenn es - eventuell schon am
Nachmittag - um den Erlass eines Haftbefehls gehen würde:
Widersprüchliche Aussagen hinsichtlich des Alibis.
    Von seinem Büro aus rief er seinen
Kollegen Horst Thiele von der Mordkommission in Düsseldorf an, den
er bei etlichen gemeinsam besuchten Seminaren kennen und schätzen
gelernt hatte. Er wusste, dass er sich 100-prozentig würde auf ihn
verlassen können. Fassbinder schilderte ihm kurz die wesentlichen
Punkte und bat ihn, unverzüglich in Lagiers Reisebüro zu fahren, um
die Sekretärin zu dem Alibi ihres Chefs vom letzten Dienstag, dem
Tag der Tourismusbörse, zu befragen. Er betonte, dass es ihm
besonders darauf ankam, mindestens ein Zeitfenster von etwa einer
Stunde - so zwischen 12.30 und 13.30 Uhr - nachweisen zu können,
für das Lagier kein Alibi hat. »Und vor allem noch eins. Es eilt.
Wir vernehmen Lagier gerade hier im Präsidium im Beisein seines
Anwalts und ich will verhindern,

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