Gabriel oder das Versprechen
ihres Sessels. »Beruhigen Sie sich, bitte beruhigen Sie
sich. Es ist ja noch nichts passiert. Und deshalb sind wir ja auch
hier, damit Ihnen nichts passiert!«
Sabine Staudt saß sichtlich
erschreckt in ihrem Sessel. Es dauerte einige Zeit, bis sie ihre
Sprache wiederfand. »Wie kann ich Ihnen denn helfen? Wollen Sie
wissen, ob ich etwas beobachtet habe?«
»Nein, wir wissen schon, dass die
Opfer und Sie nicht dieselbe Veranstaltung besucht
haben.«
»Und was wollen Sie dann von mir?«
fragte sie irritiert. Fassbinder druckste etwas herum und schaute
verlegen drein. Marc ergriff für ihn das Wort.
»Also es ist uns jetzt ein wenig
unangenehm. Aber im Zuge der Ermittlungen mussten wir uns auch
sämtliche Karteikarten ansehen. Dabei haben wir festgestellt, dass
fünf der Teilnehmerinnen, überhaupt kein ›Ja‹ angekreuzt haben bzw.
höchstens einmal.«
»Ja, ich auch.« So allmählich
beruhigte Sabine Staudt sich und fand ihre Fassung wieder. »Bei mir
war es ganz einfach die Altersstruktur, die nicht so richtig auf
mich zugeschnitten war. Nur ein Teilnehmer hatte etwa mein Alter
und war auch ganz sympathisch. Ihm habe ich ein ›Ja‹ gegeben«,
sagte sie freimütig, ohne daraus einen Hehl zu machen. »Aber ich verstehe immer noch nicht so
ganz…«
»Unsere Vermutimg, dass der Täter
psychisch gestört ist, verhärtet sich immer mehr. Drei dieser
Frauen mit dem eben erwähnten Verhaltensmuster hat der Täter
umgebracht. Wir vermuten bei ihm so eine Art Wahnvorstellung, er
müsse dieses Verhalten rächen, verstehen Sie?«
»Nein, immer noch nicht«, antwortete
sie leise. »Also gut, was wir meinen, ist, dass wir befürchten, er
könnte es auch auf Sie und die andere Frau abgesehen
haben.«
»Also meinen Sie doch, dass er mich
auch ermorden will?«
»Es ist keineswegs gewiss. Aber ein
paar Hinweise sprechen schon dafür.« Es war Fassbinder anzumerken,
wie er versuchte, die Sache nicht zu dramatisieren, aber doch
deutlich zu machen, dass Frau Staudt ernsthaft gefährdet
war.
»Das ist ja schrecklich. Aber was
soll ich denn jetzt machen?«
»Genau darüber wollten wir mit Ihnen
sprechen.«
»Und was schlagen Sie vor?
Polizeischutz rund um die Uhr?«
»Das ist eine Alternative. Es gibt
einen ziemlich konkreten Hinweis, dass der Mörder die Tat am
kommenden Samstag ausführen will. Das hieße, dass wir rein
vorsorglich den Personenschutz zunächst bis einschließlich nächsten
Samstag veranlassen würden. Lieber wäre uns aber, wenn Sie von
Freitag bis Sonntag an einen Ort führen, den nur wir kennen. Wäre
das möglich?«
»Da muss ich mal überlegen«,
antwortete Sabine Staudt und es war erkennbar, dass sie ernsthaft
nachdachte. »Ich könnte zu meiner Schwester nach Oberbörsch im
Bergischen fahren. Den Freitag im Büro frei zu nehmen, wäre kein
Problem. Mein Abteilungsleiter ist da ziemlich flexibel und fragt
auch nicht lang, wieso und weshalb.«
»Da würden Sie uns einen großen
Gefallen tun!«
»Ich mir selbst ja wohl auch«, sagte
sie und versuchte dabei zu lächeln trotz der eben vernommenen wenig
erfreulichen Neuigkeit.
»Selbstverständlich würden wir Sie
mit einer Zivilstreife abholen und zu Ihrer Schwester
bringen.«
»Das wäre gut, denn mit der Bahn ist
es schon ein bisschen kompliziert. Und für den Polizeischutz wäre
ich Ihnen auch dankbar«, antwortete sie. »Glauben Sie, ihn am
Wochenende zu schnappen?« fragte sie unsicher und es war deutlich
spürbar, dass ihr die ganze Sache doch sehr nahe ging. »Haben Sie
denn schon einen Verdächtigen?«
»Momentan kommen noch einige
Personen in Betracht«, wich Marc der direkten Frage aus. »Aber
gegen Ende der Woche dürften wir mit Sicherheit schon sehr viel
schlauer sein!«
»Dann spreche ich mit meiner
Schwester, aber das ist reine Formsache. Wann soll ich am Freitag
startklar sein?«
»Wann immer Sie wollen. Ist neun Uhr
okay?«
»Ja, das passt. Und Sie holen mich
auch ganz sicher ab?«
»Sie können sich darauf verlassen.
Nur noch eine Bitte.
Sprechen Sie mit niemandem über
Ihren geplanten Aufenthaltsort. Wir haben es mit einem ziemlich
ausgefuchsten Täter zu tun. Wir wollen ihm keine Chance geben. Also
sagen Sie bitte niemandem, wohin Sie fahren.«
»Geht in Ordnung. Ich halte mich
daran. Und wie kann ich Sie telefonisch erreichen?«
»Unter dieser Nummer«, sagte
Fassbinder und gab ihr seine Karte. »Sollte ich nicht im Zimmer
sein, bitten Sie um Rückruf. Ich werde mich umgehend
melden.«
»Mach ich.
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