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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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anderen töten? Wann würde er innehalten?
    Wie Daniel wusste, war er als Versuchsobjekt ausgewählt worden, weil er außer der Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, scheinbar nichts zu bieten hatte. Aber wenn er sein zweites Talent bewies, würde Abraxos vielleicht darauf verzichten, ihn umzubringen und sich seine Fähigkeiten anzueignen, weil er keine Schmerzen ertragen wollte. Stattdessen würde er Daniel weiterleben lassen, ihn leiden und sich die Zukunft weissagen lassen, wann immer es ihm beliebte.
    Selbst wenn dies ein qualvolles Leben verhieß – Daniel fand es besser, dem Anführer mit der Hellseherei zu dienen, als den grausamen Tod hinzunehmen, den ihm jene beklemmende Zukunftsvision gezeigt hatte. Darin lag seine einzige Hoffnung. Denn niemals würde er die Adarianer ganz verlassen, niemals für immer aus ihrer Mitte verschwinden können. Weil er nirgendwo anders hingehörte. Die Adarianer waren das Einzige an Familie, was Daniel je gekannt hatte. Und ganz davon abgesehen – wo er auch sein mochte, der General würde ihn finden. Es gab kein Entrinnen.
    Also musste Daniels Plan gelingen.
    Dafür brauchte er Juliette Anderson, seinen Beweis. Neben der jetzt unantastbaren Eleanore Granger war Juliette der einzige Sternenengel, von dessen Existenz er wusste. Und er bezweifelte nicht, dass nur er allein sie ausfindig gemacht hatte. Sogar die vier Erzengelbrüder waren ahnungslos.
    Wenn er schnell genug agierte, würde er alle Konkurrenten besiegen, mochten es Erzengel oder Adarianer sein. Er würde Juliette in seine Gewalt bringen und dem General beweisen, welch ein wertvolles Teammitglied er war.
    Deshalb warf er jetzt in seinem Hotelzimmer in Schottland den Koffer, den er Juliette gestohlen hatte, auf das Bett und öffnete ihn. Es war geradezu lächerlich einfach gewesen, den Koffer auf dem Rollfeld des Flughafens vom Gepäckwagen zu nehmen … Glücklicherweise wurden auch alle Gegenstände unsichtbar, die er anfasste, sobald er sich unsichtbar machte. Was hatte Juliette gedacht, als ihr Gepäck nicht auf dem Förderband erschienen war? Nun musterte er ihr Eigentum. Zuerst fiel ihm ein Plüschelefant inmitten einiger Kleidungsstücke auf. Ziemlich abgenutzt. An manchen Stellen war die dunkelgraue Farbe verblasst. Ein Band, aus Samtresten genäht, umgab den Hals. Darauf stand Nessie.
    Unwillkürlich grinste Daniel und ergriff das Plüschtier. »Nessie, wie?« Sicher würde Juliette den Elefanten vermissen, der eindeutig ein sehr persönliches Erinnerungsstück war, und Daniel fühlte sich schuldig wegen des Diebstahls. Doch nur flüchtig. Voller Neugier roch er an dem abgewetzten Stoff. Parmaveilchen, ein süßer, erstaunlich seltener Duft. Behutsam legte er den Elefanten auf die Steppdecke und inspizierte die anderen Sachen.
    Ein paar Taschenbücher über Archäologie und Schottland, eines über Traumdeutung. Die Stirn gefurcht, wunderte er sich über das seltsame Thema. Dann warf er das Buch beiseite. Nachdem er eine Zeit lang reizvolle Dessous und ihre Kleidung durchwühlt hatte, fand er, was er suchte, und hielt es ins Licht – einen USB-Stick.
    Grinsend steckte er ihn in seine Hosentasche, zog seine Belstaff-Jacke an und ging zur Tür. Zukunftsvisionen, die ein bestimmtes Individuum betrafen, ließen sich leichter heraufbeschwören, wenn man etwas besaß, was der Person gehörte.
    Als er am Badezimmer vorbeikam, musterte er sich im Spiegel. Blond, eins neunzig groß, breitschultrig, mit markantem Kinn, eisgrünen Augen und Pupillen, die tintenschwarzen Teichen glichen. Daniel blieb stehen, lächelte sein Ebenbild an und bemerkte den grausamen Zug um seinen Mund. Millionen Mal hatte er sich betrachtet. Trotzdem interessierte ihn der Anblick immer wieder. Wenn man als kostbarste adarianische Gabe die der Unsichtbarkeit besaß, war es beruhigend zu wissen, dass man anschließend stets wieder auftauchte.
    Daniel nahm den Fahrstuhl nach unten. Die Hotelhalle wirkte luxuriös, mit einem Marmorboden, Spiegeln in vergoldeten Rahmen und unzähligen Vasen voller echter Orchideen. Daniel ging an einigen Angestellten vorbei, nickte den Frauen zu, die ihn ungeniert begafften, und betrat den Raum, in dem mehrere Computer für die Gäste bereitstanden.
    Glücklicherweise traf er dort niemand anderen an. Er setzte sich vor den Rechner, der am weitesten von der Tür entfernt war, und steckte den Stick in den Laufwerkschacht.
    Immer breiter grinste er, während er die Dateien öffnete und studierte. Ein paar

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