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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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liebkoste ihren Hals, während sie eine Wendeltreppe emporstieg und durch einen Türbogen ein großes Gemach betrat.
    Im Kamin loderte ein helles Feuer, doch unter dem schwarzen steinernen Sims war das Bild durchsichtig, nur eine Vision der Flammen, die den Schlossherrn einst gewärmt hatten. Sein Schlafzimmer. Juliette blieb stehen und betrachtete die geisterhaften Umrisse eines Schreibtisches, eines Schranks, einer Truhe und eines Betts. Wie schmale Türme ragten seine vier Pfosten in die Wolken. Von seinem zerbrochenen Betthimmel hingen schleiergleiche Vorhänge herab und bauschten sich in der Brise. Die Schlaffelle sahen weich und warm aus, die Wolldecken dick und kunstvoll gewoben – und zerwühlt, als hätte sich niemand darum geschert.
    Langsam ging Juliette auf sie zu, unwiderstehlich angelockt, ohne zu wissen, warum. Kaum vernehmlich, erklang gedämpfte Musik und berührte ihr Herz. Als sie Schritte im selben Takt hörte, schloss sie die Augen. Sie hallten von den Wänden des Vorraums wider, dann näherten sie sich.
    Nun stand er hinter ihr. Das wusste sie. Seine Gegenwart war das einzig Wirkliche in dieser gespenstischen Traumwelt. Mit warmen Händen umfasste er ihre Schultern, zog sie an sich, und sie lehnte an seiner Brust, brauchte seine Kraft. Leise stöhnte sie, als seine sanften Finger zu ihrem Hals wanderten.
    Freudige Erwartung ergriff von ihr Besitz, wie eine Droge in ihrem Blut, und ein Verlangen erwachte, das sie bisher nur ein einziges Mal gekannt hatte. Behutsam ergriff er ihr Kinn, drehte ihren Kopf zu sich um. An ihren Lippen flüsterte er Worte in einer alten Sprache, die sie früher verstanden, aber inzwischen vergessen hatte.
    Zärtlich knabberte er an ihrer Unterlippe. Jetzt presste er sie fester an sich. Sein Kuss raubte ihr den Atem, bis sie keine Luft mehr bekam.
    Das Bettzeug bedeckte ihr Gesicht, drohte sie zu ersticken. Verzweifelt rang sie nach Luft und kämpfte mit den Decken, bis sie in einem Knäuel neben dem Bett lagen. Dann saß sie keuchend auf der Matratze. Wie ein Vorhang verhüllte ihr langes, zerzaustes Haar ihr Gesicht. Sie strich es beiseite und sah sich um.
    Wo bin ich? Sie fühlte sich unsicher und orientierungslos. In dem Raum war es finster, der Wind rüttelte an einem Fenster. Juliette schloss wieder die Augen. Mühsam schluckte sie. Beinahe wurde ihr übel. Sie zerbrach sich den Kopf, versuchte sich zu erinnern. In Australien? Nein. Von dort war sie nach Hause geflogen. In Pittsburgh? ’Nein. Da brannte ein Nachtlicht in ihrem Zimmer.
    In Schottland.
    Sie blinzelte. Ja, dies war das Schlafzimmer in dem Cottage auf Harris, das sie gemietet hatte. Noch ein paar Sekunden, und ihr fiel alles wieder ein. Das Pub auf Lewis. Der dunkelhaarige Gabriel Black mit den silbernen Augen, der schreckliche Angreifer im Hotelzimmer.
    Nur wenige Minuten, nachdem Inspector Angus Dougal sie unter Hausarrest gestellt hatte, hatte sein Telefon geklingelt. Am anderen Ende der Leitung hatte ein Polizist erklärt, man habe am Tatort, in Miss Andersons Hotelzimmer, neue Beweismittel gefunden und Gabriel Black sei aus der Haft entlassen worden. Dougal schien wie versteinert. Aber er hatte den guten Bullen erstaunlich gut gespielt, Juliette sogar zu ihrem Cottage in Luskentyre gefahren und sie hinein begleitet. Dann hatte er sich für ihre Strapazen in dieser Nacht entschuldigt und ihr für weitere eventuelle Notfälle seine Handynummer gegeben.
    Was für ›neue Beweismittel‹ mochten das sein? Das Chloroform? Etwas anderes? Was bedeutete das für sie? Für Gabriel Black? Und wo hielt er sich jetzt, nachdem er freigelassen worden war, auf?
    Unwillkürlich stellte sie sich Black in seinem Bett vor. Es war sicher ein breites Bett. Mit vier hohen Pfosten und einem Baldachin? Sie ließ ihre Gedanken schweifen. Schlief er nackt?
    Ihr Mund wurde trocken, und sie schluckte. Energisch schüttelte sie den Kopf. Wie seltsam sich ihr rasendes Herz anfühlte. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn. Nun würde sie sehr lange nicht einschlafen können.
    Seufzend stand sie aus dem Bett auf und streckte die Arme wie eine Blinde aus, die ihren Weg ertasten musste. Sie fand den Lichtschalter, drückte darauf, und der Raum erhellte sich. Rasch schlüpfte sie in Leggings, Schaffellstiefel und ein dickes Sweatshirt.
    Ihren Laptop unter dem Arm, ging sie ins Wohnzimmer. Hier funktionierte die Internetverbindung per Einwahl, also würde es eine Weile dauern, bis sie hergestellt war, denn Juliette musste mit

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