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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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das Thema nicht gerne weiterzuverfolgen, und wir – wir mussten ohnehin zu allem Ja sagen, was er uns vorschlug. Immerhin klang es so, als meinte er, was er sagte.
    Er würde uns doch nicht hier zurücklassen, nicht nachdem er sich so viel Mühe mit uns gegeben hatte. Ob er Kinder habe, fragte ihn Felicité.
    »Mes enfants, mais oui«, sagte M’bale.
    Er zeigte uns seine Eckzähne. Hob vier Finger, hielt den Daumen dabei eingeklappt. Sie wären dort, bei seinen Leuten. »Je vous montre.«
    Das beruhigte mich. Ich vertraute ihm, hatte ihm schon in der Minute vertraut, als wir ihm begegnet waren, er dagestanden hatte wie das Denkmal eines kleinen Mannes und uns musterte. Dass diese Musterung ihn dazu gebracht hatte, uns zu helfen, obwohl wir eine Last für ihn sein würden, machte ihn meines Vertrauens mehr als würdig.
    M’bale sah zum Himmel hinauf beziehungsweise zu dem blauen Fleck zwischen den Laubkronen. Er werde jetzt noch mehr Essen holen gehen, meinte er. Bestätigend klopfte er auf seine Armbrust. Ich fragte, ob ich mir die Waffe ansehen dürfe. Er gab sie mir.
    Sie war beinahe so lang wie er und machte den Eindruck, als habe jemand mit primitivem Werkzeug versucht, ein Museumsstück nachzubauen. Der Bogen war aus hartem Holz gefertigt, die Sehne aus einem gedrehten Darmstrang, der Schaft bestand aus den zwei Hälften eines dicken Stocks, die man zusammendrücken musste, um die Sehne auszulösen. Das Ganze sah ziemlich provisorisch aus, aber ich zweifelte nicht daran, dass M’bale damit umgehen konnte. Die Pfeile in dem Sack, die dazugehörten, bekam ich nicht. M’bale legte die Hand auf die verpackten Spitzen und hob die Brauen.
    »Danger«, sagte er. »Poison.«
    Wir suchten gemeinsam noch einen Holzvorrat zusammen, damit das Feuer weiterbrannte, während er nachher jagen ging. Der Rauch hielt uns einen Teil der Insekten vom Leib, aber nur diejenigen, die Flügel hatten. Was am Boden unterwegs war, blieb unbehelligt und unberechenbar. M’bale warf einen letzten Arm voller Holz neben das Feuer, dann winkte er mich zu sich. Er kauerte sich auf den Boden und drehte Steine um. Schon unter dem zweiten saß ein blassrot gefärbter Skorpion, so groß wie eine Hummerkrabbe und so hässlich wie ein böser Traum. Der Skorpion machte sich flach und drückte die Beine an den Leib, hob schon mal den Schwanz mit dem Giftstachel. M’bale drückte ihn mit seinem Messer auf den Boden und riss ihm geschickt den Schwanz ab, als der Skorpion ihn gegen die Klinge stieß.
    »Les singes les aiment, celle-là«, teilte er uns mit.
    Er stieß dem Skorpion einen angespitzten Stock durch den Leib, warf ihn auf den Boden und ließ ihn daran zappeln. Dann drehte er weitere Steine um und fing noch zwei andere, die er auf die gleiche Art an Stöcken fixierte, nachdem er sie entwaffnet hatte. Felicité und ich saßen am Feuer, sahen ihm zu. Ich kannte M’bales Speisekarte noch nicht vollständig und überlegte, während die Skorpione am Boden zappelten, wie ich unserem Retter klarmachen konnte, dass ich unter gar keinen Umständen gegrillten Skorpion essen würde, auch nicht auf dem Totenbett.
    Aber M’bale klaubte die Skorpione vom Boden auf und verschwand mit den gepfählten Tieren in der Rechten, Armbrust und Beutel umgehängt, im Wald. Der Hund erhob sich im richtigen Moment, das bedeutete, zwei Sekunden, ehe sein Herr verschwand, und trottete ihm nach, irgendwohin.
    »Denkst du, er kommt wieder?«
    »Ich glaube schon«, sagte Felicité. »Du bist immer so besorgt. Wir hatten doch Glück bis jetzt, oder?«
    »Na ja«, sagte ich. »Maka scheint uns gewogen zu sein.«
    Felicité sah mich scharf an. »Mach darüber keine Witze, Bern’. Vor allem nicht hier, im Wald.«
    »Glaubst du tatsächlich an so was?«
    »Ich glaube vor allem, dass man sich darüber nicht lustig machen sollte«, sagte sie und streckte sich, dehnte vorsichtig ihre Arme und Beine. »Mir tut alles weh, ich habe das Gefühl, ich werde von Ameisen aufgefressen.«
    »Vielleicht brauchst du noch ein bisschen Spucke?«
    »Danke, nein«, sagte sie. »Aber nimm es nicht persönlich.«

ELF
    Ich nahm es nicht persönlich. Wir hörten den unsichtbaren Bewohnern des Waldes zu. Ab und zu meldete sich einer davon, ich versuchte, mir vorzustellen, um was für ein Tier es sich handeln mochte, aber die Töne boten keinen Anhalt dafür. Die Sonne stach zwischen den Baumwipfeln herunter. Wir versuchten, im Schatten zu bleiben.
    Zuerst kam der Hund zurück. Er trottete so

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