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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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wies auf den am Boden liegenden Schädel. »Das sicherste Versteck von allen. Du weißt ja inzwischen, dass er bei dir bleiben wird, Bern’, bis alles daran verwest ist. Bis nur noch die Knochen da sind. Bis dahin hast du dich so an ihn gewöhnt, dass du ihn zu Hause als Andenken auf deinen Schreibtisch stellen wirst.«
    Auf meinen Schreibtisch, dachte ich und kniete mich neben das Ding auf den Boden. Ich war nicht sicher, ob ich jemals wieder an einem Schreibtisch würde Platz nehmen können. Ohne Rücksicht auf die herausströmenden Ameisen und den Geruch sah ich mir die Hinterhauptöffnung noch einmal an.
    »Womit hast du das zugemacht?«
    »Baumharz und Dreck«, sagte Felicité. »Der Klebstoff der Steinzeit. M’bale hat mir das Zeug gegeben.«
    Ich nickte ein paarmal mit angehaltenem Atem. Was für eine höllische Sparbüchse. Dann, ehe ich wieder Luft geholt hatte, wickelte ich die Plastiktüte drum herum und knotete sie fest.
    »Was machen wir mit dem Gewehr?«
    »Das verkaufen wir«, sagte Felicité. »Wir denken uns eine Geschichte aus. Man wird uns natürlich übers Ohr hauen, aber dann haben wir etwas Bargeld und kommen ein Stück weiter.« Sie musterte mich einen Moment. »Zieh De Vries’ Hemd an und wirf das da weg«, sagte sie. »Später brauchst du dann auch noch den Hut.«
    Wir würden erzählen, dass wir auf der Jagd gewesen seien. Dass wir unsere Gruppe verloren hätten, als wir eine Panne mit dem Geländewagen gehabt hatten. Das, meinte Felicité, reiche schon, um den Fahrer eines Lastwagens davon zu überzeugen, dass wir in die nächste größere Stadt gelangen müssten. Schließlich brauchten wir jemanden, der den Wagen reparieren konnte. Sobald wir in einer Ansiedlung waren, würden wir das Gewehr verkaufen können, mit Hilfe einer anderen Geschichte. Mir fiel nichts Besseres ein.

ZWÖLF
    Es dauerte noch fast eine Stunde, ehe wir zur Straße kamen. Die Savanne war von tiefen Gräben durchschnitten, deren Ränder völlig ausgetrocknet waren. Versuchte man, sie zu durchqueren, brach man ein, rutschte in einer Wolke aus Dreck herunter und kam auf der anderen Seite nur mit Mühe wieder hinauf. Als wir schließlich den Damm erreicht hatten, auf dem die Straße verlief, waren wir gelb von Staub.
    Vor etwa einer Viertelstunde hatten wir einen Lastwagen vorbeirollen sehen, der einen schweren Auflieger mit einer Plane darüber schleppte. Die Straße war nicht asphaltiert, der Lastwagen war langsam gefahren, höchstens dreißig, vierzig Stundenkilometer, die Gestalt im Führerhaus hatte man nicht erkennen können. Für ein paar Sekunden hatte ich geglaubt, eine weiße Mütze hinter der Scheibe zu sehen, das war alles. Nun saßen wir neben der Böschung, hinter einem Busch, der etwas Schatten spendete, und warteten.
    »Lass mich reden, okay«, sagte Felicité und sah mich an, als wollte sie herausfinden, ob ich grundsätzlich in der Lage sei zu lügen. Da konnte ich sie beruhigen. Ich hätte sonst was erfunden, um heil hier herauszukommen, so ähnlich äußerte ich mich auch.
    Felicité schüttelte den Kopf. »Du darfst nicht aussehen, als hättest du Angst, Bern’. Sei ärgerlich, schimpf auf das Auto, auf Toyota, wenn du meinst, dass du was sagen musst. Ab und zu fluchen ist gut. Aber zeig nicht deine Angst, ja?«
    Wir vernahmen ein Motorengeräusch und machten uns bereit. Als Erstes erschien eine Staubwolke, ein paar hundert Meter entfernt hinter einem Hügel. Als die Staubwolke um die Kurve kam, tauchten darin zwei Gestalten auf. Zu meiner Überraschung waren es Reiter. Als ihre Silhouetten vor den Staubwolken schärfer wurden, verwandelten sie sich in Motorradfahrer. An den hochgezogenen Lenkern ihrer Maschinen flatterte buntes Zeug. Die beiden Fahrer fuhren auf Choppern mit nach vorn gestreckten Füßen im Easy-Rider-Stil. Hinter ihnen kam jetzt noch ein Motorrad um die Ecke, das aggressive Grollen wurde dreistimmig.
    Felicité hatte mich schon hinter den Busch gezerrt, sie lag flach auf der Erde, und ich tat es ihr gleich. Riss mir schnell De Vries’ Hut vom Kopf, den ich für meine Maskerade bereits aufgesetzt hatte. Das Bewusstsein einer unmittelbaren Gefahr vermittelte mir vor allem Felicités Hand, die auf meinen Rücken drückte. Sie zitterte wie Espenlaub, während ich durch den Busch, hinter dem wir lagen, auf die drei Motorräder starrte. Sie donnerten vorbei, eines nach dem anderen, der Staub kam wie ein Sandsturm auf uns herunter.
    Als sich das Motorengeräusch entfernte, hoben wir

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