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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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mit zwanzig Worten. Leicht zu merken, dass im engen Raum der Kabine ein Konflikt entstanden war.
    »Non«, sagte der Fahrer und schüttelte dazu den Kopf, als wäre das extra für mich erforderlich. Dabei verstand ich »non« ganz gut.
    »Er will, dass wir bezahlen«, sagte Felicité, zu mir gewandt. »Er nimmt uns nicht weiter mit, wenn wir nicht bezahlen können.«
    Sie wandte sich wieder dem Fahrer zu und warf ihm ein weiteres Dutzend Wörter an den Kopf, was ihn dazu veranlasste, die Augen kurz zu schließen, seinen Entschluss aber nicht erkennbar veränderte. Als Felicité Luft holte, sagte er noch einmal: »Non.«
    Wir stiegen aus. Standen mit unseren Habseligkeiten auf der mit Schlaglöchern übersäten Straße neben dem eingestaubten Lastwagen. Der Motor grollte auf, und der Wagen rollte davon. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die nun sichtbar wurde, stand ein weiterer Wellblechschuppen, der demjenigen aufs Haar glich, vor dem der Fahrer uns abgeladen hatte, in der Hitze wirkte es beinahe, als werde das Gebäude einfach gespiegelt. Im Hintergrund leuchteten die bonbonfarbenen Zelte, von der Staubschicht abgetönt, die über allem lag. Sie gaben der provisorischen Ansiedlung eine gewisse Urlaubsnote, obwohl mir klar war, dass es hier um etwas ganz anderes ging.
    Ich drehte mich um, spähte in das Dunkel unter dem Wellblechdach. Erkannte eine Reihe Tische und Bänke, am Ende einen Tresen, aus Brettern gezimmert. Ein paar Kühlschränke standen dahinter, dicht mit Postkarten beklebt. Fotos hingen an der Wand. Darauf Palmenstrände, eine schöne schwarze Frau mit üppigen Brüsten, bloß in einem Bikiniunterteil. Mehrere Reklamefotos von Geländewagen. Aber niemand da. Hätte es sich um einen Campingplatz gehandelt, müsste man sich wohl hier anmelden. Das erste Wesen, das von unserer Ankunft Notiz nahm, war ein weiteres Huhn. Es kreuzte die Straße, stoppte, als es uns bemerkte, mit schief gehaltenem Kopf und gab anschließend Fersengeld. Die Flügel seitlich weggestreckt eilte es dahin, wo es hergekommen war. Schlechte Erfahrungen mit Fremden.
    »Komm, wir setzen uns da rein«, sagte Felicité.
    Wir gingen in den Schuppen hinein, der offensichtlich eine Kneipe war, und setzten uns auf eine der Bänke. Die Bank, auf der wir Platz nahmen, war eine aufklappbare Bierbank, wie man sie gern auf deutschen Gartenfesten verwendet. Die Tische hatte man aus Paletten und Brettern zusammengezimmert, wie auch den Tresen. Ehe ich überlegen konnte, ob hier Selbstbedienung angesagt war, kam jemand hereingeschlurft. Ein junger Typ mit Baseballkappe und Sonnenbrille.
    »Hi«, sagte er und machte die dazu passende Handbewegung.
    Er kurvte um die Theke herum und ging dahinter in Positur, indem er seine Ellbogen daraufstellte und zu uns herübergrinste. Der Junge war vielleicht sechzehn. Nach einer Kunstpause sagte er auf Englisch mit breitem amerikanischen Akzent: »Und wo kommt ihr Leute her?« Anschließend schniefte er zur Bekräftigung durch die Nase.
    Welcher Film?, überlegte ich. Ich war ja bereit mitzuspielen, wenn wir dafür Essen und Trinken bekamen.
    Felicité zeigte mit dem Daumen hinter sich. »Von da«, sagte sie, den Jargon des Jungen aufgreifend.
    Der Junge nickte wissend, wiegte sich in den Schultern. »Wie sieht’s aus. Erst mal ’ne Coke? Light, Zero oder natural?«
    Den Ausdruck »natural« für Cola hatte ich noch nie gehört, aber die würde es für mich sein, genau die. Ich probierte es.
    »Natural«, sagte ich. Mit einem Blick auf Felicité: »Zwei.«
    Felicité lächelte den Jungen an und begann mit dem ersten Teil unserer Geschichte. Sie zog den wesentlichen Aspekt vor, den finanziellen. Wir warteten auf unser Geld, teilte sie dem Jungen mit, unsere Freunde kämen heute Abend. So lange müsse er sich mit dem Bezahlen gedulden.
    »Kein Problem«, sagte der Junge. »Kein Problem, Mann.«
    Er öffnete den Kühlschrank, der prallvoll mit Getränken war, nahm zwei kleine Colaflaschen heraus, hebelte die Kronkorken ab und stellte die Flaschen auf den Tresen.
    »Cheers«, sagte er.
    Ich musste mich beherrschen, sonst wäre ich vielleicht über die fünf Meter Distanz wie ein Rugbyspieler zum Tresen gehechtet für den Fall, dass er die Flaschen wieder wegnehmen würde. Aber ich bekam es hin. Ich schlenderte zum Tresen, tippte filmgemäß lässig an meinen Hut, dabei kam ich mir ziemlich blöd vor, nahm die beiden Flaschen mit und setzte mich wieder zu Felicité.
    Der erste Schluck war grandios. Er

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