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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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mich zur Seite.
    »Bonjour«, antwortete ich.
    Wir wuschen einen Berg Schalen ab, dann gingen wir zu den Schälchen über, von denen ebenfalls eine Unmenge Stapel bereitstanden. Es gab vier verschiedene Schalen- und Schälchengrößen, die kleinsten nicht größer als Eierbecher, die passend sortiert werden mussten. Zwischendurch holten wir Hunderte von Kunststoff-Essstäbchen aus einer mit warmem Wasser gefüllten Bütte, wo sie zum Einweichen gelegen hatten, putzten sie ab und warfen sie in eine Kiste. Die benutzten Kochtöpfe wurden in großen Plastikwannen am Boden schon gewässert, bevor wir sie mit Drahtkissen ausrieben.
    Als die beiden hängenden Trockengestelle voll waren, hakte mein Kollege eines davon aus und wies mit dem Kinn auf das andere. Ich hatte zugesehen, wie er es machte, und kriegte es gleichfalls hin, aber unter dem Gewicht wäre ich beinahe zu Boden gegangen. Wir trugen die elend schweren Gestelle zu den Geschirrregalen und räumten das halb trockene Geschirr an den richtigen Stellen hinein. Dann hängten wir die leeren Gestelle über die Spüle und stellten uns wieder davor. Auf ein Neues.
    »François«, sagte mein Kollege nach der zweiten Runde und hielt mir seine aufgeweichte schwarze Hand hin.
    »Bernd«, sagte ich.
    »Hä?«
    »Bernd.«
    »Bern’«, wiederholte er und nickte.
    »Oui«, sagte ich.
    Nachdem das Geschirr abgewaschen war, nahm mich Ah Soo mit zu den Vorratsräumen hinter der Küche. Sie bestanden aus vier Containern, zwei davon waren an der Außenseite mit brummelnden Kühlaggregaten bestückt. Derjenige, den wir betraten, enthielt Küchenutensilien, Geschirr, Ersatzmöbel, ineinandergestellte Kochtopfpyramiden, Kleidung. Ah Soo suchte eine weiße Hose und einen schicken weißen Kittel für mich heraus, den man sich mit zwei Bändern um den Leib festband, und sagte, ich solle das in Zukunft anziehen, wenn ich in die Küche käme. Dazu bekam ich ein Paar Sandalen aus Rattangeflecht mit Kunststoffbändern. Ich nutzte die Arbeitspause, um Ah Soo zu fragen, wo ich schlafen könnte.
    »Wieso schlafen?«, sagte Ah Soo. Er war schon wieder dabei, zu seiner Küche zurückzueilen.
    »Ich brauche einen Platz zum Schlafen«, sagte ich. Ich hatte mich schließlich schon bei der Arbeit bewährt, daher fasste ich mich kurz.
    »Keine Zeit«, sagte Ah Soo. Er schüttelte den Kopf über die Unbill, die ständig auf ihn zukam, hob die Schultern. »Weiß nicht, irgendwo«, fügte er an. »Wir suchen einen Platz. Heute Abend. Jetzt ist keine Zeit.«
    Ich zog mich um. Meine paar Habseligkeiten, den Affenschädel, der mein Hemd noch immer ausbeulte, und das »Herz der Finsternis«, stopfte ich in eine Plastiktüte, die ich herumliegen sah, und nahm sie mit, aus guten Gründen.
    In der Küche deponierte ich die Tüte in Greifweite von den Spülbecken. Ich würde sie nicht aus den Augen lassen.
    François spülte neben mir ohne Freude, aber mit Ausdauer. Seine Bewegungsabläufe waren so gleichförmig und exakt, dass er wie eine Maschine wirkte. Man hätte eine Studie zur Effektivitätssteigerung an Geschirrspül-Arbeitsplätzen in Schwellenländern ganz mit ihm alleine durchführen können. Ich versuchte, es ihm nachzumachen, aber ich musste einsehen, dass es mir noch an Erfahrung fehlte.
    Nach zwei Stunden Schälchenwaschen tat mir der Rücken weh. Draußen neben dem Kühlcontainer hatte ich vorhin ein paar Campingstühle stehen sehen, die so aussahen, als wären sie der Pausenplatz für die Küchenbelegschaft. Dort hätte ich mich jetzt gern für ein paar Minuten hingesetzt, um mich auszuruhen. Auch um herauszubekommen, ob sich die aufgequollene Haut an meinen Händen wieder glätten würde. Pausen gab es aber nicht.
    Denn jetzt hieß es, das Gemüse für das Abendessen zu putzen. François war inzwischen verschwunden, er war offenbar nur für das Tellerwaschen eingestellt. Ich aber sollte auch Küchentätigkeiten ausführen, daher vielleicht die weiße Kleidung, die um die Körpermitte vom Spülen bereits ziemlich eingenässt war. Mir war noch nicht klar, ob mein Dauereinsatz eine Ehre war oder ob ich einfach rund um die Uhr ausgenutzt werden sollte. Vielleicht bekam ich ja die Gelegenheit, mich zu bewähren, nachdem ich vorhin vollmundig behauptet hatte, dass das meine Absicht wäre.
    Ah Soo kam in die Küche gerannt und machte scheuchende Bewegungen in meine Richtung. Dazu wies er mit ungeduldiger Miene auf den anderen Chinesen, der gerade dabei war, mehrere Kessel mit Wasser zu füllen. Ich

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