Gabun - Roman
Durchreiche, in der sich Stapel von schmutzigem Geschirr türmten. Als ich das Geschirr sah, ahnte ich bereits, wofür man mich einsetzen würde.
Ich ging an der Wand vorbei und betrat die Küche. Dort stand eine Reihe von Gasherden nebeneinander, daran werkelten zwei Chinesen, weiter hinten an einer Spüle stand ein Afrikaner. Es war brüllend heiß, und es roch durchdringend nach Essen. Plötzlich spürte ich meinen Hunger. Es war wie ein Schlag in den Magen. Auf den Herden standen große Aluminiumtöpfe, Pfannen mit Essensresten. Unmengen von runden Bambusrahmen mit Drahteinsätzen stapelten sich auf den Anrichten zu schiefen Türmen, überall standen schmutzige Schälchen und Teller herum. Ich sprach einen der beiden Chinesen an, fragte nach Ah Soo. Der Mann in weißer Küchenkleidung, an den Füßen trug er strohgeflochtene Sandalen, deutete völlig amimisch mit dem Daumen auf den anderen Chinesen, ohne mit mir Blickkontakt aufzunehmen. Ich zwängte mich zu ihm hindurch, möglichst ohne gegen einen der Geschirrtürme zu stoßen.
»Ich soll mich bei Ihnen melden. Der Herr draußen vor dem Eingang meinte, ich könnte für eine Woche hier aushelfen. Sumire schickt mich übrigens, sie hat mir den Tipp gegeben.«
Das alles sagte ich zu dem sehr beschäftigten Koch namens Ah Soo, der mir vermutlich gar nicht zuhörte, sondern gerade mitbekam, obwohl die Durchreiche fast vollkommen von Geschirr versperrt war, dass die Frauen draußen zu den dreckigen auch saubere Papiertischtücher in die Müllsäcke stopften.
»No!«, schrie er und rannte an mir vorbei. »No, no!«
Draußen im Speisesaal machte Ah Soo seinem Ärger in sehr schlechtem Französisch Luft. Ich hörte, wie er die Einweisung dahingehend präzisierte, dass saubere Papiertischtücher noch einmal zu verwenden seien. Die beiden Frauen nahmen die Schelte stoisch entgegen, sie waren beide zur Bewegungslosigkeit erstarrt und sahen den gestikulierenden Koch mit umflortem Ausdruck an, solange er redete. Als er sich von ihnen abwandte, warfen sie sich gegenseitig einen bedeutsamen Blick zu, dann stopften sie weiter die Tischbeläge in ihre Müllsäcke hinein.
Ah Soo kam in seine Küche zurück und setzte die Schelte zu Ohren des anderen Chinesen in ihrer gemeinsamen Sprache fort, natürlich wesentlich flüssiger als vorhin, ohne mich zu beachten. Ich hatte Gelegenheit, dem faszinierenden Singsang von Kantonchinesisch zu lauschen, dem Dialekt, den Ah Soo und die anderen Chinesen hier sprachen, wie ich später erfahren sollte. Der andere Chinese hörte dem Koch so schweigend und regungslos zu wie die Frauen draußen. Nach einer Weile deutete er mit dem Daumen über seine mir zugewandte Schulter auf mich. Ah Soo erinnerte sich. Er kam zu mir herüber.
»Keine Zeit«, sagte er. »Also?«
Ich sollte noch lernen, dass »Keine Zeit« Ah Soos Devise war. Sein Mantra, mit dem er alles bewältigte, was ihn an Malaisen anfiel, und das war nicht wenig.
Im Augenblick lag mir bloß daran, einen guten ersten Eindruck zu machen. Ich führte eine kleine Verbeugung aus und wiederholte meine wenigen Sätze von vorhin in beschleunigtem Tempo. Ah Soo hörte mit gerunzelten Brauen zu, mehrfach nickend, was ich als Einverständnis wertete. Es hieß aber bloß, dass er den größten Teil meines Englischs verstanden hatte. Die Gesamtmitteilung löste ein heftiges Kopfschütteln bei ihm aus. Auch das musste man bei ihm nicht allzu ernst nehmen, es bedeutete nur, dass das Leben an sich nicht bejahenswert war.
»Ich frage«, erklärte Ah Soo.
Damit verschwand er in Richtung Halle.
Er wollte sich überzeugen, dass ich ihm keinen Bären aufgebunden hatte, gut, das musste ich akzeptieren. Ich sah zu dem anderen Chinesen hinüber, der in dem Augenblick, als unsere Blicke sich trafen, den Kopf in die andere Richtung drehte, natürlich wieder ohne seine Miene zu verziehen. Der Afrikaner wusch im Eiltempo Schalen ab, die in zwei Spülbecken lagen, und stapelte sie in praktischen Stellagen, die über den Becken hingen, wo sie abtropfen konnten. Mein neuer Wirkungsbereich, wieder im Gaststättengewerbe. Vielleicht war das ja meine Bestimmung.
Ah Soo kehrte zurück. Er deutete zu den Spülbecken hin und sagte: »Geh Geschirr waschen.«
Damit war ich eingestellt. Ich ging zu dem Afrikaner, einem hageren Mann in Shorts und Muscleshirt, aber ohne den dafür passenden Körperbau, der barfuß am Spülbecken stand. Er warf mir einen Blick zu.
»Bonjour«, sagte er und rückte ein Stück für
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