Gabun - Roman
Flaschen heraus und brachte sie in die Küche.
Ah Soo wollte es sich nicht nehmen lassen, den Sekt persönlich am Tisch zu öffnen. Ein Koch muss den Gästen auch mal die Gelegenheit geben, ihn zu loben. Während er die Korken knallen ließ, hier fehlte ihm ein wenig der Stil, saßen die Gäste vor der Suppe – nein, vor den fünf verschiedenen Suppen, die Lin Tau ihnen zuvor serviert hatte. Ich spähte durch die Durchreiche, sah Ah Soo dienern, hörte die Damen in hohen Tonlagen kichern, die Herren gaben im Bass und Tenor kurze, markige Lachsalven von sich. Sie fingen alle gleichzeitig an – wie die Frösche im Dschungel, denen ich vor Kurzem noch zugehört hatte –, lachten eine Weile, dann hörten sie wieder auf, bis einer von Neuem anfing. Unabhängig von den Gesprächsthemen, wie ich vermutete, Lachen bedeutet ja, auch international, dass alles in Ordnung ist, dass Eintracht und Frohsinn herrschen.
Ich war angewiesen worden, nach dem Aperitif zusammen mit Lin Tau die vierundzwanzig Schüsseln mit Spezialitäten aufzutragen, die bei Tisch auf einer eigens dafür montierten drehbaren Platte angerichtet wurden, damit die Gäste sich nacheinander bedienen konnten. Mein Erscheinen löste bei den Herren Überraschung aus, und man fasste mich wohlwollend-kritisch ins Auge.
Wo ich herkäme, natürlich, wollte der älteste der Herren wissen, seine vielleicht achtzehnjährige Dame fest im Arm, die ihre sehr vollen Lippen kussbereit schürzte, sodass sie aussahen wie zwei kleine Sofakissen.
»Aus Berlin«, sagte ich.
»Ber-lin«, echote die Runde der spärlich behaarten Brillenträger.
Gemeinsam brachen sie in eine neue Lachsalve aus. Ich hatte, glaube ich, schon festgestellt, dass Chinesen aus Höflichkeit lachen, weniger aus Amusement. Und da sie sehr höflich sind, wird gelacht, solange alle lachen.
Der ranghöchste Chinese der Tischrunde hörte auf zu lachen. »Was machen Sie in Katanga?«, fragte er, dabei spielte er mit ein paar sorgfältig entkrausten, lackschwarzen Haarsträhnen seiner Dame.
»Ich serviere Ihnen das Essen«, sagte ich.
Die Chinesen lachten wieder und grinsten sich gegenseitig an. Ich kam mir vor wie ein Komiker, den man zur Unterhaltung herbestellt hat. Vielleicht sollte ich nachher mal sammeln gehen. Ich nahm das leere Tablett, die Chinesen waren noch dabei, mit Nicken und Grinsen die Lachrunde zum Abschluss zu bringen, und verschwand, um die restlichen Schälchen aus der Küche zu holen. Als ich zurückkam, waren die drei Herren damit beschäftigt, den jungen Damen zu zeigen, wie man mit Stäbchen isst. Alle drei stützten sie mit der Linken das Kinn ihrer Tischdamen, und die schnappten gehorsam mit offenen Mündern nach Ah Soos Köstlichkeiten, die zwischen den Stäbchen klemmten. Hühnerfüße oder Entenzunge, was auch immer. Die Kois aus dem Berliner Zoo fielen mir ein. Die hatten auch bereitwillig nach allem geschnappt.
»Sind Sie auf Reisen hier?«, wandte sich der Älteste wieder an mich, nachdem seine Begleiterin erfolgreich ihren Brocken geangelt und dafür einen Klaps auf die nackte runde Schulter geerntet hatte.
»Ja«, sagte ich. »Ich lerne Land und Leute kennen. Und Sie?«, sagte ich frech. »Was machen Sie hier?«
Ich blieb am Tisch stehen, bis die Lachsalve verklungen war, obwohl ich wusste, dass Ah Soo mich aus der Küche beobachtete und wahrscheinlich die Hände rang vor Verlegenheit.
»Wir bauen eine Straße«, sagte der betagte Chinese ernst. »Meine Kollegen und ich, die Herren –«, er singsangte ein paar chinesische Silben, die bei den jeweils Genannten Verbeugungen auslösten, »wir sind die leitenden Ingenieure für diesen Abschnitt.«
Ich wiegte den Kopf. »Es ist mir eine Ehre«, sagte ich, legte die Hand auf die Brust und verbeugte mich. »Bernd Jesper«, stellte ich mich vor. »Leitender Entomologe des noch zu gründenden Jesper-Instituts an der Humboldt-Universität zu Berlin.«
Niemand lachte mehr. Auch ich war beeindruckt von mir. Die Herren machten eine Miene, als müssten sie mir jetzt einen Platz anbieten; das wäre aber schon deshalb schwierig gewesen, weil ich dann keine Tischdame gehabt hätte, und die drei bereits vergebenen Damen starrten mich verunsichert an, als wäre ich gekommen, um ihnen den Spaß zu verderben. Die beiden jüngeren Chinesen schauten auf den Tischältesten. Hier wurde das Alter noch geehrt.
»China und die Demokratische Republik Kongo sind befreundete Nationen«, beendete der ältere Herr die peinlich werdende Pause
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