Gabun - Roman
Büschen weg, während er hupend an uns vorbeidonnerte. Ich sah den Fahrer lachen, seine weißen Zähne blitzten, ich hörte ihn johlen, während wir mit einem halben Meter Abstand so knapp aneinander vorbeikamen wie ein Stierkämpfer an einem Stier.
»Motherfucker«, schrie Sumire ihm aus dem Fenster hinterher. Auch sie lachte vergnügt.
»Komische Späße«, sagte ich verkniffen.
Sumire stieß mich mit dem Haken aufmunternd gegen die Schulter. »Hast du eine Freundin, Bernd? Da, wo du herkommst?«
»Klar«, sagte ich kühn. Ich wäre mir blöd vorgekommen, wenn ich Nein gesagt hätte.
»Wie ist sie? Sie ist schön, oder?«
»Klar ist sie das«, sagte ich trotzig.
»Na sicher«, sagte Sumire. »Und diese Frau, mit der du im Flugzeug warst, wie hieß die noch mal?«
»Felicité«, sagte ich.
»Hast du mit der – also, du weißt schon?«
»Habe ich nicht«, sagte ich.
»Ihr habt es nicht gemacht, obwohl ihr tagelang allein im Urwald gewesen seid?«
»Nein. Wir haben es nicht gemacht, wenn du es genau wissen willst.«
»Du hast dich nicht getraut«, sagte Sumire.
»Ist das Verhör jetzt zu Ende?«
»Na ja«, sagte Sumire und langte unter den Sitz nach der Kühlbox. »Dein, na ja, dein Dingsda, der hätte es schon gern gemacht, oder?«
Sie hatte eine Cola aus der Kiste geklaubt und schaute zu mir herüber, die Augen voller Schalk.
»Was weißt du denn von meinem Dingsda?«, sagte ich.
»Nicht viel«, sagte sie. »Aber ich glaube, der weiß was von mir.«
Sie knackte die Dose auf und reichte sie mir.
»Du kannst noch bis zur Grenze fahren. Drei, vier Stunden. Dann musst du nach hinten. Oder hast du Papiere?«
Ich verneinte.
Sumire meinte, ohne Papiere könnte ich nicht so einfach über die Grenze. Das Beste wäre, ich versteckte mich so lange. Die Transitfracht werde nicht kontrolliert.
»Du hast einen Frachtbrief, da steht drauf: ›Transit Daressalam‹ und die Firma, die das Zeug von dort aus verlädt. Das Ganze auf Chinesisch mit drei Sätzen auf Französisch, und – sehr wichtig – du brauchst einen Fünfzig-Dollar-Schein, den legst du zwischen die Papiere. Das gibst du im Büro ab, und dann«, sie klatschte sich mit der flachen Hand auf das Knie, »dann gibt’s den Stempel. ›Allez‹, sagt der auf der Kongoseite. ›Go on‹, sagt der in Sambia. Der kriegt nichts. Ein Bier, okay, das kriegt er. Jedenfalls von mir.«
Wir fuhren weiter und zogen eine lange Wolke aus Staub hinter uns her, fuhren an Büschen in allen Formen und Größen entlang, und die Sonne fand uns überall, einen himmelblauen brummenden Käfer, der ihr ausgeliefert war, weil er nicht vom Weg abweichen durfte, weil er weitermusste, weil wir ans Meer wollten, nach Daressalam und vielleicht auch noch nach Sansibar. Ich hatte eines von Sumires Handtüchern ins Seitenfenster geklemmt, um von der sinkenden Sonne nicht wie eine Toastscheibe geröstet zu werden. Die Wolkentürme plusterten sich auf, bekamen regenverheißende graue Ränder, aber ehe sie auch nur ein bisschen Schatten spenden konnten, sackten sie wieder in sich zusammen.
»Morgen«, sagte Sumire. »Morgen regnet es oder heute Nacht. Besser morgen. Die Straßen in Sambia sind besser.«
Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir die Grenze. Ein Schild wies darauf hin, dass es noch drei Kilometer bis dahin wären. Sumire sagte, ich solle anhalten.
»Soll ich jetzt nach hinten?«
»Quatsch.« Sie lachte. »Du musst nicht hinten rein, wo der ganze Dreck ist. Geh nach oben. In mein Bett. Da schaut keiner nach.«
Sie wies auf die Schlafnische über uns, die mit einem Vorhang abgedeckt war. Ich stellte mich auf das Sitzpolster und schob meinen Kopf durch den Vorhang hindurch. Dort oben war eine schmale Matratze, auf der zwei Kissen und ein Leintuch lagen. Ich kletterte hinauf und versuchte, mich auszustrecken. Am Kopfende hing wieder ein Marienbild, diesmal war es eine Gottesmutter, die die Arme ausgebreitet hatte und ein blutendes Herz mit einer Dornenkrone auf ihrer Brust sehen ließ. Ein Rosenkranz war darüber gehängt.
»Kann ich meine Sachen mit nach oben nehmen?«
Ich beugte mich aus der Koje heraus und wollte meinen Beutel holen, den ich unter dem Armaturenbrett verstaut hatte. Sumire hatte ihn schon in der Hand.
»Was ist das denn?« rief sie. »Meine Güte!«
Hatte ihn geöffnet, mit Hand und Haken.
»Ein Andenken«, sagte ich.
Sumire drehte den Affenschädel in der heilen Hand.
»Komisches Andenken«, sagte sie.
»Na ja«, meinte ich. Ich streckte
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