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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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sich ein Geflecht aus Zweigen, als Schindeln dienten Blätter, so groß wie Einkaufstüten. An den niedrigen Eingängen hingen Moskitonetze. Vor einer der Hütten hockte Farouk am Boden und las, ohne aufzusehen, als wir ankamen, in einem Buch. Bei seinem Anblick fiel mir ein, dass ich ganz vergessen hatte, Joseph Conrad einzustecken. Ich hatte auch vergessen, darin zu lesen, die Muße dafür hatte mir bislang gefehlt.
    Fox trat auf uns zu, begrüßte uns würdevoll mit offener Handfläche. Unbewaffnet, hieß das nach der Gebärdensprache Karl Mays. Ich musste mich zurückhalten, um ihn nicht mit »Mein weißer Bruder« anzusprechen.
    »Was machen die Gorillas?«, fragte ich stattdessen.
    Bernd, das unbefangene Greenhorn. Fox schüttelte mir kommentarlos die Hand, grinste ermutigend, nahm mir den Rucksack ab.
    Farouk sah auf. »Die fressen Ameisen«, sagte er, klappte das Buch zu und stand auf. »Sie stecken Äste in die Löcher an Termitenbauten und lutschen die Viecher ab, die sich daran festklammern. Und wenn sie damit fertig sind, stellen sie sich der Größe nach auf und warten, bis wir kommen.« Er machte eine einladende Bewegung Richtung Hütte. »Fühlt euch wie zu Hause.«
    Ich verzichtete darauf, Farouk den Unterschied zwischen Termiten und Ameisen zu erklären. Stattdessen kauerte ich mich vor eine der Hütten, schob das Moskitonetz beiseite und warf einen Blick hinein. Das einzige Mobiliar war ein Gestell aus eingerammten Pfosten, dazwischen befanden sich ein paar Arme voller Zweige, die wohl die Matratze bildeten. Ich ließ meinen Blick über den Boden wandern. Weicher Waldboden, vermoderte Blätter, Ästchen. Kompost sozusagen. Das ideale Habitat für bodenbewohnende Insekten.
    »Wer schläft hier?«, fragte ich, nachdem ich zurück ins Freie gekrochen war.
    »Na, du zum Beispiel«, sagte Farouk.
    Alle lachten, nur ich nicht.
    »Besser als in deinem Auto«, sagte Wessing, der mir über die Schulter schaute. »Und bedeutend sicherer.«
    Ich wandte mich zu ihm um, und er zwinkerte mir zu, eine Zehntelsekunde, bevor ich das Zwinkern vermisst hätte. Immer kriegte er es so hin, dass es unerwartet kam.
    Ich gab ihm keine Antwort. Hier schlafen also. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wenn es wenigstens ein kleines Zelt mit angenähtem Boden gewesen wäre. Ich nahm mich zusammen, packte meinen Rucksack aus, verstaute die Sachen in einer der Hütten, kroch wieder heraus.
    Fox lehnte an einem Baum und schrieb mit einem Bleistiftstummel in ein winziges ledergebundenes Buch. Low-Tech, die Gedankenstütze eines Entdeckers aus dem 19.   Jahrhundert. Ich hoffte, dass er trotzdem das Satellitenhandy dabeihatte, falls hier etwas schiefging, und dass er es hierlassen würde, wenn ich schon im Urwald übernachten musste.
    Wessing fischte ein zerdrücktes Päckchen Zigaretten aus der Seitentasche seiner Hose und klopfte sich auf dem Handrücken eine Zigarette heraus.
    »Nicht rauchen!« Farouk ließ sein Buch sinken und wedelte mit der Hand den noch gar nicht vorhandenen Rauch beiseite. »Sonst kannst du die Gorillas vergessen. Die riechen deine Zigarette zwei Kilometer weit.«
    Wessing steckte die Zigaretten ohne Protest wieder ein. Er stellte die Füße breit, betrachtete einen Moment lang nach vorn gebeugt den Boden, als wollte er nach vierblättrigen Kleeblättern suchen, dann warf er seine Jacke auf die Erde und setzte sich darauf. Ich fühlte mich nicht informiert.
    »Was heißt, ich schlafe hier?«
    Ich hatte gedacht, dass wir beim Aufbauen helfen und danach wieder in die Lodge gehen würden. Fox blickte von seinem Notizbuch auf.
    »Jemand sollte hierbleiben, damit die Sachen morgen noch da sind, wenn die Giulianis kommen«, sagte er in einem Ton, in dem man einem Kind erklärt, dass es sein Zimmer aufräumen soll.
    Ich schaute hinauf in das grün funkelnde Blätterdach, wo gerade wieder etwas heftig geflattert hatte, und gewann die Überzeugung, dass ich nicht hierbleiben wollte, schon gar nicht allein. Womöglich kamen die Gorillas vorzeitig zu Besuch. Als habe er meine Gedanken erraten, klappte Fox das Büchlein zu, verstaute den Bleistiftstummel in der Schlaufe und sagte, Farouk hätte sich bereit erklärt, heute Nacht mit mir zusammen draußen zu bleiben.
    »Dschungeltaufe«, sagte Fox. »Ihr könnt euch ja gegenseitig was von Ameisen und Schimpansen erzählen. Ein paar Ameisen werdet ihr bestimmt antreffen, Schimpansen wahrscheinlich nicht.«
    Farouk stand auf, trat einen Schritt auf mich zu und klopfte mir

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