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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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Zigarette, die sie zwischen den Fingern hielt, zitterte.
    »Sicher. Auch Bohrinseln«, sagte er.
    »Dann können Sie die Welt noch schneller ruinieren.« Felicité blies den Rauch aus den Nasenlöchern. »Sie können Ihr Kaspisches Meer verdrecken und Ihren Himmel verräuchern. Hauptsache, es bringt Profit.«
    Ich hatte die Luft angehalten. So hätte ich mit einem Gast nicht gesprochen, Gäste haben immer recht. Aber ich sah auch nicht so aus wie Felicité, und vielleicht taugte meine Schulung unter Leas Aufsicht in einem Berliner Mittelklasse-Hotel auch nicht als Grundlage für diese Art von Konversation. Ich sah betreten zu Boden, dabei blieb mein Blick an Saffkins Schuhen hängen, der in seinem Sessel saß und die Beine ausgestreckt hatte. Sie waren schwarz und spiegelblank, eine geflochtene Lederborte lief um den genähten Rand. Wessing hätte nichts an ihnen auszusetzen gehabt.
    Saffkin antwortete Felicité nicht. In dem allgemeinen Schweigen, einem nun ziemlich angespannten Schweigen, ging mir durch den Kopf, dass sich südamerikanische Prachtkäfer am liebsten mit braunen Laborflaschen paaren. Ein amerikanisches Team hatte die Studie veröffentlicht. Ich glaube, dasselbe Team hatte festgestellt, dass Fruchtfliegen, die lange keinen Sex hatten, vermehrt zum Alkoholkonsum neigen.
    »Sie haben recht, Mademoiselle«, brach De Vries das Schweigen. »Profit reizt, das kann man nicht leugnen. Auf der anderen Seite – was man sich nimmt, nimmt man noch lange nicht jemand anderem weg. Die Welt ist ja keine Suppenschüssel, vor der wir alle sitzen.«
    Felicité sah schweigend an uns vorbei in die nächtliche Wildnis hinaus. Dorthin, wo die Natur unter sich war, für die sie kämpfte und für die ich auch aufgerufen war zu kämpfen. Ich hätte mir gewünscht, ihr Gefährte sein zu können in diesem Kampf. Sie war gerade sehr schön, fand ich. Ich habe ja ein Faible für Zorn bei Frauen. Vielleicht hatte ich mich in Lea verliebt – bei der Vorstellung im Theater des Westens, bei der sie zu spät kam und sich neben mich setzte –, weil sie so ungehemmt ausrasten konnte. Ich hatte nämlich mithören können, so wie alle anderen Zuhörer, wie sie den Typ an der Kasse gezwungen hatte, sie noch reinzulassen. Aus Felicités Gesicht machte der Zorn eine Statue. De Vries lächelte, hob die Brauen, es ging ihm genau wie mir, hundert Prozent.
    »Der Markt ist ein Wesen ohne Skrupel«, sagte er, ohne seinen Blick von Felicité zu nehmen. »Eine Unzahl Leute wollen kleine Profiteure sein, ist es nicht so, Mademoiselle? Sie alle glauben an den Profit, sie wollen nicht nur arbeiten, sie wollen an einem Spieltisch sitzen, sie wollen gewinnen. Und in Wirklichkeit werden in Millisekunden Kurse berechnet und Aktien verkauft, der Einsatz der kleinen Profiteure ist nur eine von vielen Blasen, die platzen. So etwas kann man nicht mit Politik in den Griff bekommen. Um auf Alexanders Anekdote zurückzukommen – Gorbatschow, der heute ein geachteter Politiker ist, hat es vielleicht gut gemeint, aber er hat damals wie ein Idiot gehandelt.«
    Felicité blies eine kleine Wolke Zigarettenrauch in meine Richtung, ein Blick von ihr traf mich. Ich sollte ihr helfen und wusste nicht, wie. Ein Gefährte sein. Ich müsste jetzt etwas sagen, aber mir wäre nur Jämmerliches eingefallen, vielleicht dass jeder verantwortlich sei und dass der Respekt vor der Erde damit anfange, dass man seinen Müll trenne. Jeder eine Ameise des guten Willens. Aber Felicité brauchte keine Hilfe, entschied ich, jedenfalls nicht von jemandem wie mir.
    Ihre Nasenlöcher weiteten sich, ich meinte beinahe, sie schnauben zu hören, als sie sich De Vries zuwandte.
    »Mit Ihren Geschäften gehören Sie doch dazu«, herrschte sie ihn an, »zu den Profiteuren, die Sie verachten.«
    De Vries nickte vor sich hin, den Kopf schräg gelegt. »Vielleicht, Mademoiselle«, sagte er. »Aber es gibt doch nichts Reizvolleres als ein großes Spiel, oder?« Es machte ihm offensichtlich Spaß, sich mit ihr zu balgen. »Denken Sie an die Liebe«, fuhr er fort. »Jedes Spiel hat sein Risiko. Reiz und Risiko sind nicht voneinander zu trennen.«
    Er wandte sich an Saffkin. »Wie ist es bei Ihnen, Sascha? Sind Sie auch ein – wie sagten Sie eben, Mademoiselle? – ein Profiteur?«
    Saffkins Augen unter den schweren Lidern verengten sich. Er rührte sich nicht, seine Beine waren noch immer ausgestreckt, die polierten Schuhe fingen das Licht ein.
    »Ich bin in erster Linie faul«, sagte

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