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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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trat Olson mit aller Kraft in den nackten Hintern. Es gab ein Geräusch wie bei einem gut getretenen Elfmeter, und Olson kollerte seitwärts ins Gebüsch. Ich fühlte grenzenlose Erleichterung.
    Farouk. Mit seinen trainierten Muskeln unter dem weißen T-Shirt, seinem immer bereiten Zorn. In diesem Augenblick ein Held. Das steckte mich an, und ich eilte mit ihm zusammen zu Felicité, die sich am Boden zusammengekrümmt hatte. Das war fürsorglich von uns beiden, aber verfrüht und wenig umsichtig, denn jemanden wie Olson machte ein Tritt in den Hintern nicht kampfunfähig.
    Er war schon wieder auf den Beinen. Die schwere Hose zog er mit einer Hand hoch, um beweglicher zu sein. Mit der freien Faust verpasste er Farouk einen Hieb in die Nieren, der ihn zu Boden gehen ließ. Ich wich zurück, sah mich nach etwas um, das als Waffe dienen konnte, und fand nichts. Aber meine Stimme war wieder befreit, ich konnte schreien. Ich rief – warum, weiß ich nicht –, ich rief nach Wessing. Zu meinem Glück kam Farouk gleich wieder auf die Beine und zog damit Olsons Zorn komplett auf sich, ich konnte weiter schreien, ohne eine unmittelbare Attacke Olsons befürchten zu müssen. Farouk und ich, wir hätten ein eingespieltes Team von Stierkämpfern sein können. Während ich abwechselnd »Gustaaav!« und »Hilfe!« brüllte und den Boden absuchte, um einen Stein zu finden, der zur Körperverletzung taugte, verpasste Olson mit unbewegter Nussknackermiene Farouk einen regelwidrigen Tritt in den Bauch und anschließend einen Kinnhaken, der ihn erneut zu Boden schickte.
    Dann wandte sich Olson mir zu. Eigentlich hätte ich stolz darauf sein können, dass er mich überhaupt bemerkte. Ich wich zurück zur Toilettenwand, einen Stein hatte ich noch nicht gefunden. Am Rand meines Gesichtsfelds lagen Olsons Opfer, Farouk und Felicité, am Boden, beide in embryonaler Leidensstellung, und ich, ich ergriff die Flucht. Ich gebe es zu, ich wollte nicht der Dritte sein. Ich drehte mich um und lief davon. Ich lief Wessing direkt in die Arme, der eben zwischen den Toilettenhäuschen angekommen war, in der Hand – tatsächlich: eine Pistole.
    »Gustav«, stieß ich aus. »Olson. Er ist durchgedreht. Er hat Farouk – und Felicité …«
    Wessing drückte mich beiseite. Ich kehrte um und folgte ihm auf dem Fuß zurück zum Schauplatz, den ich eben verlassen hatte. Olson stand mit geballter Faust über Farouk gebeugt, der sein Gesicht mit den Händen schützte, Felicité war verschwunden.
    Wessing steckte die Pistole in den Gürtel seiner Jeans.
    »Hör auf, Lary«, knurrte er. »Hör verdammt noch mal auf.«
    Er riss an Olsons Schulter. Aber Olson hörte nicht auf, er kauerte über Farouk, das Gesicht mordlustig verzerrt, schien nichts gehört zu haben. Stammhirngesteuert, auf vorsprachlichem Niveau. Wessing beugte sich hinunter, holte aus und verpasste Olson mit aller Kraft eine Ohrfeige. Erst eine rechts, dann eine zweite links. Olson richtete sich langsam auf und starrte Wessing an wie ein ertappter Kettensägenmörder. Ich hätte in diesem Moment nicht auf Wessing gewettet.
    »Lars – Olson!«, schrie Wessing ihn an, im Kommandoton, die Fäuste in die Hüften gestemmt.
    Olson starrte in Wessings Gesicht, nackt wie ein Frühmensch, die Kampfhose hing ihm wieder an den Knöcheln. Er öffnete langsam den Mund, als falle ihm das Denken im Moment sehr schwer. Dann schüttelte er den Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser aufgetaucht ist. Sah auf Farouk hinunter, der zwischen seinen Beinen am Boden lag.
    »Lary«, sagte Wessing, jetzt in normaler Lautstärke. »Ist gut jetzt. Los, komm, Lary. Komm, weg hier.«
    Er packte Olson am Arm und zog ihn fort von Farouk. Zu meinem Erstaunen funktionierte es. Olson stolperte gehorsam mit Wessing davon, seine offene Hose mit der Hand festhaltend.
    Ein paar Atemzüge danach traf Fox ein, er stieß auf Wessing und Olson. Im Durchgang zwischen den Toiletten blieben sie stehen, Olson an Wessings Arm starrte mit halb offenem Mund an Fox vorbei, das Großhirn abgeschaltet.
    »Später, Robert«, hörte ich Wessing sagen. »Lary ist komplett ausgetickt. Tut mir leid.«
    Als Fox sich auf dem Schauplatz umsah, hatte ich mich schon etwas erholt.
    »Was ist hier passiert?«
    Ich warf einen Blick auf Farouk, der gegen die Wand der Toilette gelehnt saß, die Augen geschlossen, ein blutgetränktes Papiertaschentuch gegen seine Nase gedrückt. Von Felicité keine Spur. Vermutlich hatte sie sich in die Toilette geflüchtet. Ich

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