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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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er packte sie am Lauf, machte, alles eine einzige flüssige Bewegung, einen Schritt auf den Mann mit der Zange zu und hieb ihm den Pistolengriff auf den Kopf. Der Mann hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich zu Wessing umzudrehen. Die Zange fiel ihm aus der Hand, und er ging zu Boden. Wessing nahm die Pistole in die andere Hand, eine Sekunde später zeigte die Mündung auf den Begleiter des Gefällten. Der riss die Augen auf und wich ein Stück zurück. Wessing machte eine nach oben gerichtete Kopfbewegung, deren Bedeutung der Mann eher begriff als ich. Er hob die Hände.
    De Vries wandte sich uns zu. »Gehen Sie ins Flugzeug zurück. Wir haben nicht viel Zeit, wir müssen das rasch abschließen. Ich möchte Sie hier nicht zurücklassen.«
    Das begriff ich sofort, und es war durchaus in meinem Sinn. Ich wollte nicht hierbleiben, am Ende der Welt. Wessing hatte den Gürtel aus der Hose des Mannes gerissen, der am Boden lag, drehte ihn mit dem Fuß auf den Bauch und band ihm die Ellbogen auf dem Rücken zusammen. Dann verlangte er den Gürtel das anderen Mannes, erhielt ihn und band dem Bewusstlosen damit die Fußgelenke zusammen.
    »So«, konstatierte Wessing auf Deutsch, ein bisschen außer Atem. »Jetzt noch den Sprit, und dann nichts wie weg.«
    Der Mann mit den Kabeln im Ohr sah vom einen zum andern. Seine Augen waren noch immer weit aufgerissen. De Vries wies mit der Hand auf den Schuppen und sagte ein paar Worte zu ihm. Der Mann nickte und setzte sich in Bewegung, dabei hielt er seine Hose fest. Er hatte ja eben seinen Gürtel abgeben müssen.
    »Gebt acht, dass der da solange keine Dummheiten macht«, sagte Wessing zu uns. »Falls ihr das vor eurem Gewissen vertreten könnt, meine ich. Es ist in eurem Interesse, wir sind hier wahrscheinlich nicht sonderlich beliebt. Und bleibt vor allem dicht beim Flugzeug.«
    Wessing folgte De Vries zu dem Schuppen, vor dem die beiden Flugzeuge und der Geländewagen standen. Vielleicht hat er mir vorher noch einmal zugezwinkert, es hätte zu ihm gepasst, aber ich weiß es nicht mehr. Der Mann, der seine Hose festhalten musste, klaubte einen Schlüsselbund aus der Tasche und öffnete die Tür des Schuppens. Zu dritt verschwanden sie darin.
    Felicité kauerte sich neben den Mann, der am Boden lag; er war dabei, aufzuwachen. Sein Gesicht verzerrte sich, vor Schmerz, wie ich annahm. Er bewegte die Schultern und stöhnte vor sich hin. Ehe ich noch überlegen konnte, ob hier wohl Erste Hilfe angebracht wäre, bemerkte ich etwas am anderen Ende des Bahnhofs.
    Licht. Unter den Bäumen war Licht aufgeblitzt und wieder verschwunden, nun kam es wieder. Dort befand sich eine primitive Verladerampe, aus Baumstämmen gezimmert, dahinter musste eine Straße liegen, denn von dort näherten sich, nun war es zweifelsfrei zu erkennen, zwei Autos. Ihre Scheinwerfer schwankten hinter den Bäumen auf und ab, man hörte die Motoren aufjaulen, wenn sie über Bodenwellen hinwegfuhren, die unsteten Lichtbündel kamen rasch näher. In meinem Kopf entsteht in solchen Situationen der übliche Katastrophenstau. Mehrere Szenarien entwickeln sich parallel, und das wirkt sich bei realen Problemen wie bei dem, das sich hier andeutete, nicht günstig aus. Ich konnte die verschiedenen Möglichkeiten nicht einmal ansatzweise zu Ende denken. Zum Glück oder zum Unglück, das kann ich bis heute nicht endgültig beurteilen, reagierte Felicité schneller.
    »Wir müssen hier weg«, entschied sie.
    Als wäre es das Einfachste auf der Welt, von hier wegzukommen. Der Schuppen, in den sich De Vries und Wessing mit ihrem unfreiwilligen Helfer begeben hatten, war mindestens zweihundert Meter entfernt. Wahrscheinlich, nein: ganz sicher sahen sie nicht, was wir sahen, und sie hörten auch nicht, wie die beiden Autos jetzt mit Karacho hinter der Rampe herauskamen und schlingernd auf das Gelände einbogen. Es waren zwei Pick-ups, wie man jetzt erkennen konnte, in den Scheinwerfern des hinteren leuchtete die Staubwolke des vorderen für eine Sekunde hell auf, als habe zwischen den Autos eine Granate eingeschlagen.
    »Los, komm«, sagte Felicité.
    Sie zerrte an meinem Hemdärmel. Ich gehorchte, gehorchen kann ich wahrscheinlich auch noch im Zustand der Paralyse. Wir rannten die fünfzig Meter zum Flugzeug. Und sprangen hinein, direkt in ein weiteres Katastrophenszenario. Das reichhaltige Armaturenbrett starrte uns an. Jeder von uns hatte eine Steuereinheit vor sich.
    »Ich kann nicht fliegen«, sagte ich wie ein Frosch, der

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