Gäbe es die Liebe nicht
er über ihren Körper. Er tat es mit einer Zärtlichkeit, die sie erbeben ließ. Als er hörte, wie sie seinen Namen wisperte, musste er sich beherrschen, um sich nicht einfach zu nehmen, was er wollte. Er küsste sie, und ihr Mund schien auf seinen gewartet zu haben.
Dann kämpfte er mit den Knöpfen an ihrem Kleid. Sie waren so winzig, seine Hände viel zu groß dafür. Als er sah, dass seine korrekte Anna Spitze und Seide auf der Haut trug, stockte ihm der Atem.
Sie bog sich ihm entgegen und wand sich unter seiner vorsichtig erkundenden Berührung. Was er in ihr auslöste, war mehr, als sie erwartet hatte. Es war wie ein Traum. Unglaublich sanft strich er mit seinen kräftigen Fingern über ihren Körper. Er streichelte sie, hielt inne, wagte sich dann weiter. Das Gefühl war unwiderstehlich, und plötzlich war alles andere unwichtig. Es gab nur noch eins. Verlangen. Und sie gab sich diesem Gefühl hin.
Mit jedem Herzschlag wuchs seine Verzweiflung. Er wusste, was er wollte. Jetzt und sein ganzes Leben lang. Anna. Nur Anna. Ihr Mund war heiß, ihre Haut kühl. Sie klammerte sich an ihn und schien ihm alles zu geben. Vor Lust und Freude wurde ihm fast schwindlig. Dann presste sie das Gesicht an seinen Hals und erstarrte.
„Anna?“ fragte er mit rauer Stimme.
„Ich kann nicht behaupten, dass ich das hier nicht will.“
Der Widerstreit, der in ihr tobte, erschreckte sie. „Aber ich kann auch nicht sicher sein, dass ich es wirklich will.“ Sie hob den Kopf und wich zurück. Im Kerzenschein war ihr Gesicht blass, die Augen dunkel. „Das hier ist neu für mich, Daniel. Ich muss nachdenken.“
In ihm brannte das Verlangen. „Ich kann für uns beide denken.“
Bevor er sie küssen konnte, setzte sie sich auf. „Genau das macht mir Angst.“ Ihr Kleid war bis zur Taille offen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich einem Mann so gezeigt. Dennoch empfand sie keine Scham. Ihre Finger zitterten nicht, als sie die Knöpfe schloss. „Was zwischen uns passiert … zwischen uns passieren könnte … ist die wichtigste Entscheidung meines Lebens. Ich muss sie allein treffen.“
„Sie ist längst getroffen.“
Ein Teil von ihr stimmte ihm zu, ein anderer wehrte sich dagegen. „Du weißt, was du willst. Ich nicht. Und solange kann ich dir nichts versprechen.“ Erst jetzt begannen ihre Finger zu zittern. „Vielleicht werde ich dir nie etwas versprechen können.“
„Wenn ich dich in den Armen halte, fühlst du, dass es richtig ist. Fühlst du das nicht, wenn ich dich berühre?“
„Doch.“ Anna zwang sich, ruhig zu bleiben. „Und genau deshalb brauche ich Zeit. Wie immer meine Entscheidung ausfällt, ich muss sie mit klarem Kopf treffen.“
„Mit klarem Kopf“, wiederholte er wütend, stand auf und ging durchs Zimmer. „Mein Kopf ist nicht mehr klar, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.“
Sie erhob sich. „Dann brauchen wir beide Zeit, ob es dir nun gefällt oder nicht.“
Er nahm ihr Glas und leerte es. „Du brauchst Zeit, Anna.“ Er drehte sich zu ihr um. „Ich werde drei Tage in New York sein. Die Zeit gebe ich dir. Wenn ich zurückkomme, will ich deine Entscheidung hören.“
Anna hob das Kinn. „Ich lasse mich von dir nicht unter Druck setzen, Daniel.“
„Drei Tage“, wiederholte er und stellte das Glas heftig ab. „Ich bringe dich nach Hause.“
6. KAPITEL
Als aus drei Tagen eine ganze Woche wurde, wusste Anna nicht, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte. Sie versuchte, sich über ihre Gefühle für Daniel klar zu werden. War es nur Verlangen oder auch Liebe? Woran sollte sie erkennen, dass sie ihn liebte? Sicher war, dass sie ihn vermisste.
Sie musste sich ablenken, also ging sie mit Freunden ins Theater und auf Partys. Tagsüber stürzte sie sich in die Arbeit im Krankenhaus.
Wie immer besuchte sie zuerst Mrs. Higgs. Anna brauchte kein Examen, um zu erkennen, dass die alte Dame nicht mehr lange zu leben hatte. Trotz ihrer anderen Pflichten versuchte sie, so viel Zeit wie möglich in Zimmer 521 zu verbringen.
Eine Woche nach dem Abendessen bei Daniel setzte sie ein Lächeln auf und ging zu Mrs. Higgs. Ihre Lieblingspatientin war wach und starrte lustlos auf die welken Blumen neben dem Bett. Als sie Anna sah, leuchteten ihre Augen auf.
„Ich bin so froh, dass Sie hier sind. Ich habe gerade an Sie gedacht.“
„Ich freue mich auch.“ Anna legte die Zeitschriften auf den Nachttisch. „Ich muss Ihnen doch von der Party erzählen, auf der ich gestern
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