Gaelen Foley - Amantea - 01
um ihnen aus dem Weg zu gehen.
Lazar krallte sich mit aller Kraft an die Arme seines Gegners, um dessen eisernen Griff um seinen Hals etwas zu lockern. Seine Lungen schienen beinahe zu platzen, so dringend brauchte er Luft.
Er versetzte Gordon einen Hieb in die Magengrube, doch dieser stieß Lazar das Knie in den Bauch.
Während die Zeit verstrich, in der Lazar keine Luft be- kam, begann sich die große Halle immer mehr zu verdüs- tern, vor den Augen zu verschwimmen, in die Ferne zu rücken ...
Dann ließ Gordon ihn auf den Boden fallen, und Lazar hatte das Gefühl, als ob sein Kopf gespalten würde.
Als er auf dem kühlen Marmor lag und um Luft rang, während vor seinen Augen schwarze Schleier hingen und er alles doppelt sah, hörte er, wie Malik Gordon als Sieger ausrufen ließ. Die Stimme des Scheichs klang schrill, so erregt war er.
Lazar stöhnte verzweifelt. Es war wie der Laut eines Tiers, das sich geschlagen geben musste.
Als er die Augen wieder öffnete, um die Barbaresken zu sehen, die ihn wegtragen würden, musste er feststel-
len, dass sie bereits seine Hände mit dicken Seilen zusam- mengebunden hatten. Alles wirkte wie in einem Traum. Die Männer zogen ihn auf die Füße und stießen ihn in die dunkle Kammer, die er schon lange hatte vergessen wollen.
Eine Viertelstunde später stürzte Darius in den nur schwach erleuchteten Raum, wo sich Allegra aufhielt. Sie lief sogleich zu ihm, und ihr klopfte das Herz bis zum Hals, als sie seinen düsteren Blick sah.
„Sie haben ihn. Sie kommen in diese Richtung.“
„Was ist geschehen? Ist er verletzt?“
„Hier.“ Darius griff unter sein weites Gewand und holte zwei Pistolen hervor, von denen er ihr eine zuwarf. Sie stieß einen leisen Schrei aus, als ihr die Waffe beinahe durch die Hände glitt. Nachdem ihr der Junge noch Lazars Krumm- dolch zeigte und den mit Leder umwickelten Griff in ihre Hand drückte, war Allegra wie hypnotisiert.
„Woher hast du das?“
„Hinter Maliks Thron hervorgeholt. Ich kann alles steh- len. Komm, wir müssen uns verstecken.“
Allegras Herz schlug heftig. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, als sie sich neben einen Diwan hockten, der hinter schimmernden Schleiern stand. Kurz darauf ver- nahmen sie bereits Stimmen und Schritte, die auf die Eingangspforte zukamen, wo die Äthiopier Wache standen.
„Sie haben den alten Engländer in den Kerker gewor- fen“, flüsterte Darius rasch.
Der Mann in dem weißen Gewand, der unter dem Bo- gen zwischen den zwei schmalen Säulen erschien, war schlank, dunkelhäutig und ganz offensichtlich erregt. Er kam als Erster herein, ging jedoch noch einmal hinaus, da er ungeduldig auf die anderen wartete.
Er strahlte etwas Hinterhältiges aus, und Allegra wuss- te, als Darius sich neben ihr anspannte, dass es Sayf-del- Malik sein musste.
Als Lazar durch den Eingangsbogen kam, hatte Al- legra das Gefühl, als ob ihr Herz bei seinem Anblick entzweigerissen würde.
Seine Handgelenke waren vorn zusammengebunden, und seinen Kopf hielt er gesenkt. Seine Haltung offenbarte Erschöpfung, Schmerz und die Niederlage, die er erlitten hatte. Im schwachen Licht der Ölgefäße sah sie, dass Blut
an ihm herabtropfte. Allegra vermochte den Blick nicht von ihm abzuwenden.
Malik hielt die Wächter zur Eile an, als sie Allegras be- täubten Favoriten hereinführten. Die Gruppe ging lang- sam, da der Gefangene nur mühsam vorwärts kam, an ihr und Darius vorbei.
Am anderen Ende des Raums öffnete Malik eine Tür zur Linken und drängte Lazar hinein. Dann schickte er die anderen Männer fort.
Darius zitterte. Allegra hielt das für ein Zeichen seiner Angst, bis er sprach. Dann stellte sie fest, dass es reiner Hass war.
„Gehen wir“, sagte er mit einer Stimme, die sie schau- dern ließ.
Als sie dem andalusischen Jungen durch den dunklen, großen Saal folgte, fühlte sie, dass ihre Sinne seltsam ge- schärft waren. Vor der geschlossenen Tür, durch die der Scheich Lazar geführt hatte, blieb Darius stehen und hielt sein Ohr daran. Schweigend legte der Junge Lazars Pistolen neben der Wand ab.
„Sie reden miteinander“, flüsterte er. „Ich werde Malik ablenken. Wenn er Ihnen den Rücken zudreht, bringen Sie ihn um.“
Allegra nickte. Ja. Ihn umbringen. Für Lazar würde sie diesen skrupellosen Mann jederzeit töten.
Auf einmal verstand sie den Prinzen von Amantea bes- ser, als sie sich das je erträumt hatte. Seine Rachsucht, die ihn dazu veranlasst hatte, ihre ganze Familie
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