Gaelen Foley - Amantea - 01
auslöschen zu wollen und Klein-Genua bis auf die Grundmauern niederzubrennen, war ihr jetzt nicht mehr unverständlich.
Darius winkte sie einen Schritt von der Tür zurück und klopfte. Als Malik drinnen scharf antwortete, sagte er, wer er sei. Darius sah geradeaus, wobei seine Wangen blut- rot wurden, als Maliks Tonfall nicht mehr nach grober Zurückweisung, sondern nach feindseligem Willkommen klang. In seiner Stimme lag eine heisere Erwartung.
Allegra lief es kalt den Rücken hinunter, und sie war froh, dass sie nicht verstand, was gesprochen wurde.
Darius nahm sich erkennbar zusammen, als er eintrat. Opiumrauch schlug ihm entgegen. Er ließ die Tür einen Spalt offen, so dass Allegra die Geschehnisse im Zimmer verfolgen und später ebenfalls hineingehen konnte.
„Komm herein, Junge. Unvermutet eröffnen sich mir die interessantesten Möglichkeiten“, sagte Malik diesmal auf Spanisch. „Also, geh zum armen Lazzo. Wasche ihm die Wunden aus. Hab keine Angst vor ihm. Er wird dir nichts mehr tun. Wirkt er nicht wie ein Löwe in einem Käfig?“
Allegra biss die Zähne zusammen. Ihr Herz pochte hef- tig, und die schweißnasse Hand ließ den Griff des großen Krummdolchs ganz feucht werden. Als ihr bewusst wurde, wie nahe sie Malik kommen musste, um ihn umzubringen, hob sie leise eine der Pistolen auf.
Doch als sie noch einmal darüber nachdachte, steckte sie die Waffe in ihren Gürtel, denn sie wagte nicht, sie zu benützen. Im Schießen war sie völlig ungeübt, und Lazar befand sich zu nahe bei dem Scheich.
„Rühr mich nicht an“, vernahm sie Lazars warnende Stimme. Dann hörte sie, wie Darius aufschrie.
Malik lachte. Seine böse Aura schien die Luft zu ver- pesten.
Langsam schlich sich Allegra an die Tür heran. Sie hielt den Atem an und sah hinein. Lazar hatte Darius durch die Hälfte des Zimmers geschleudert, um ihn von sich zu entfernen.
Malik stand vielleicht fünf Schritte von Allegra ent- fernt. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und betrachtete Darius, der auf dem Steinboden lag.
„Meine Jungen, ich möchte, dass ihr Freunde werdet. Ist der Andalusier nicht ein selten schöner Jüngling, Lazzo? Er hat das Herz eines Wolfs, doch sein Gesicht ist so frisch wie Morgentau.“
Allegra war merkwürdig ruhig, und ihre Gedanken waren klar.
Sie schloss die Augen, wischte sich den Schweiß von der Wange, bekreuzigte sich rasch und trat dann voller Zorn in das Zimmer. Ohne einen Moment zu zögern, stieß sie mit aller Kraft das Messer zwischen Maliks Schultern.
Die Waffe glitt erstaunlich leicht in den Körper. Als die Klinge das Rückgrat traf, sprang sie leicht zurück und verletzte Allegra am Handgelenk. Obgleich sie es nicht wollte, schrie sie laut.
Malik stöhnte und heulte auf. Allegra wich zurück, als er sich zu ihr umdrehte und sie mit hasserfülltem Blick anstarrte.
Darius rannte zur Tür, um sie zu schließen, während Ma- lik ungläubige Schreie ausstieß, da er noch immer nicht ganz begriff, was geschehen war.
Allegra stand erstarrt da und presste die Hände auf ih- ren Mund, als sie sah, wie tief das Messer im Rücken des Scheichs versenkt war. Malik drehte sich im Kreis und ver- suchte, die Waffe herauszuziehen. Kreischend fiel er auf die Knie.
„Stopf ihm das Maul“, knurrte Lazar.
Darius eilte an ihr vorüber, zog das Messer heraus und schnitt Malik mit einer einzigen Bewegung die Kehle durch. Nachdem diese Arbeit getan war, ließ er ihn mit dem Gesicht nach unten auf den Boden fallen.
Eine Blutlache breitete sich aus.
Einen Moment stand der Junge nur da und starrte auf Malik. Er schien nicht glauben zu können, was er gerade getan hatte. Seine Brust hob und senkte sich unter ra- schen Atemzügen, und er hielt noch immer das Messer in der Hand. Blut breitete sich auf seinem weißen Gewand aus.
Dann lief Allegra erneut ein eiskalter Schauder den Rücken hinab, denn Darius begann zu lachen.
Das Gelächter wurde zu einem bösen Fauchen, und er ließ sich auf ein Knie neben Maliks Körper nieder und stach wild mehrere Male auf den sterbenden Mann ein.
„Darius“, sagte Allegra und trat von dem wahnsinnig scheinenden Knaben ein paar Schritte zurück.
Der Junge erhob sich und starrte auf den toten Mann. Befriedigung lag in Darius’ Augen. „Er hat es nicht anders verdient.“
Daraufhin wischte er die blutrote Klinge an dem weißen Leinenstoff von Maliks Gewand ab. Lazar hob die Hände, und Darius schnitt ihm die Fesseln vom Handgelenk. Dann verbeugte der Knabe sich und
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