Gaelen Foley - Amantea - 01
einer Laterne, wie Darius vom Kapitän seinen Krumm- dolch bekam.
Darius nahm das Geschenk mit einem Blick großer Über- raschung und der vollkommenen Ergebung entgegen. Zwar hatte er das Messer gut genutzt, doch es verblüffte Alle- gra dennoch, mitzuerleben, wie Lazar seine liebste Waffe weggab.
Sie sah, wie der Kapitän zum Ruder zurückkehrte, wo er noch einmal den genauen Kurs für die ganze Route mit Mr. Harcourt durchsprach. Ohne sie weiterhin eines Blickes gewürdigt zu haben, ging Lazar zum Bug des Schiffs.
Allegra beobachtete ihn, während er auf das Meer hi- naussah, und sie spürte, dass er trotz seines Versuchs, gelassen zu wirken, in Wirklichkeit verzweifelt war.
Sie zögerte, da sie nicht wusste, wie sie ihn anspre- chen sollte, nachdem sie jene Momente in Maliks Zimmer miterlebt hatte.
Doch noch bevor sie auf ihn zutreten konnte, hatte er den Bug verlassen. Seine Pistole schimmerte im Mond- licht, und als er an dem Hauptmast vorüberging, hielt er inne und sah zu den Segeln hoch. Einen Moment strich er geradezu zärtlich über das glatte Holz, und auf einmal verstand Allegra.
Lazar hatte seine letzten Vorbereitungen getroffen. Er hatte sich um alle gekümmert. Sie war gerade Zeugin geworden, wie er von seinem geliebten Schiff Abschied genommen hatte.
„O mein Gott, nein“, sagte sie atemlos, und ihre Knie begannen zu zittern. Entsetzen und Angst überfielen sie und ließen sie nicht mehr los.
Lazar senkte am Kiefernmast, wo er noch immer stand, den Kopf. Dann drehte er sich um und ging langsam zur Luke, die zu den unteren Decks führte. Allegra stand wie erstarrt da.
Sie versuchte sich einzureden, dass sie mit ihrer An- nahme nicht Recht hatte. Ihr schlimmster Albtraum würde sich doch nicht bewahrheiten? Ihr mutiger Lazar durfte jetzt nicht aufgeben. Der Sieg war ihm so nahe.
In demselben Moment, in dem er aus ihrem Blickfeld verschwand, eilte sie ihm hinterher.
Lazar verschloss seine Kajütentür und ging zu seinem Schreibtisch. Dort sank er auf den Stuhl. Sein Körper schmerzte, sein Stolz war gebrochen, seine Seele zerrissen.
Hastig zog er die obere Schublade auf und suchte nach der Silberkugel, die er für diese Gelegenheit aufbewahrt hatte.
Er konnte sie nicht finden. Als er hörte, dass Allegra an die Tür klopfte und ihn rief, sah er auf. Sein zerstreuter Blick fiel auf den Stapel von Papieren und Dokumenten, die alle mit Amantea zu tun hatten.
Mit einer einzigen heftigen Bewegung fegte er sie vom Tisch. Sie flogen durch das ganze Zimmer. Jetzt riss er die Schublade heraus und schüttete den Inhalt vor sich auf die Tischplatte.
„Verdammt noch mal, wo ist sie?“ murmelte er laut vor sich hin.
„Bitte, Lazar! Bitte, lass mich herein!“
Er antwortete nicht, hörte aber, wie sie schreiend davon- rannte. Vermutlich wollte sie Männer holen, die die Tür aufbrechen sollten.
Verzweifelt durchsuchte er den Inhalt der Schublade, doch als er schließlich die kleine Silberkugel zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, wusste er mit einem Mal, dass er es nicht über sich bringen würde.
Er vermochte es Allegra nicht anzutun.
Zwar war es Lazar nicht klar, wie er weiterleben sollte, aber er wusste, er konnte seinem Schicksal nicht entrin- nen. Das Leben ließ ihn nicht aus den Klauen – wie ein Raubvogel, der sich an sein Opfer krallte.
Auf einmal konnte er kaum noch atmen. Er stand so rasch auf, dass ihm schwindlig wurde. Lazar nahm den Lederriemen für seine Pistole ab und warf sie samt der Waffe in eine entfernte Ecke des Zimmers.
So würde er vielleicht nicht wieder in Versuchung ge- raten. Auch seinen Degenriemen riss er sich vom Leib, schleuderte ihn von sich und ging dann auf den Balkon, um frische Luft zu schnappen.
Keuchend stand er da und hielt noch immer die Silber- kugel in der Hand. An der Brüstung warf er sie schließlich, so weit er konnte, ins Meer hinaus. Dann stützte er sich auf das Geländer und ließ voller Verzweiflung den Kopf hängen.
Der Vikar besaß einen Schlüssel zu der Kajüte, den er nun Allegra gegeben hatte. Doch da so viele Piraten hinter ihr
standen, wurde sie noch unruhiger, so dass sie in ihrer Hast kaum das Schloss aufbrachte. Endlich schaffte sie es.
Dann kam der schwierigste Moment in ihrem Leben.
Sie wappnete sich innerlich, während sie noch immer den Türknauf in der Hand hielt. Doch bevor sie ihn um- drehen konnte, wurde dies von innen getan. Die Tür wurde geöffnet, und Lazar stand vor ihr.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte
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