Gaelen Foley - Amantea - 01
wahrscheinlich einen halben Fuß wachsen, sobald er vernünftig isst.“
„Dann solltest du versuchen, ihn so rasch wie möglich zu zivilisieren.“ Der Vikar lachte.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt möglich ist.“
„Um das Thema zu wechseln – wie geht es der jungen Dame?“
Lazar schürzte die Lippen und sah seinen Freund nach- denklich an. Er nahm seinen üblichen Platz ein, wo er sich gegen die Ankerwinde lehnte. Daraufhin streifte er die Asche von seiner Zigarre ab und trat dann mit sei- nem Stiefelabsatz darauf, um noch die letzten Funken zu löschen.
„Es geht ihr nicht gut“, erwiderte er schließlich. „Über- haupt nicht gut.“
„Leidet sie an Übelkeit?“ fragte der Vikar hoffnungsvoll. „Vielleicht werde ich bald Großonkel.“
„Das ist es nicht. Sie ist unglücklich. Ich mache sie un- glücklich. Die Beziehung, wie sie jetzt geplant ist, verletzt sie.“ Einen Moment legte er seine Hand auf seine Brust. „Und es bringt mich fast um.“
„Du weißt, wie ich darüber denke“, erwiderte der Vikar tadelnd, während er in seinem Buch blätterte.
„Das tue ich.“ Lazar blies eine Rauchwolke nach oben und beobachtete, wie sie verschwand. Er machte sich über seine kleine Gefangene wirklich Sorgen. „Aber ich kann sie trotzdem nicht heiraten.“
Der Vikar warf ihm einen strengen Blick zu, was La- zars Gefühl der Schuld nur noch verstärkte. „Du und dein Fluch. Der einzige Fluch, der dich plagt, mein Junge, ist Starrköpfigkeit.“
„Ich kann nicht das geringste Wagnis in Kauf nehmen, wenn es darum geht, dass sie zu Schaden kommen könnte. Weil ich sie liebe, darf ich sie nicht heiraten.“
„Hast du Allegra über deinen so genannten Fluch berichtet?“
„Nein“, gab Lazar zu.
„Sie würde dir ins Gesicht lachen – das einzig Richtige in diesem Fall.“
Gekränkt sah Lazar den Vikar an. „Meinst du nicht, dass du etwas hart mit mir verfährst? Ich versuche nur das zu tun, was das Beste für Allegra ist.“
„Von mir aus kannst du dich und sie belügen, solange du willst. Aber probiere es nicht mit mir.“
Lazar seufzte laut und wandte sich ab. „Du weißt, was passieren wird. Sie wird umkommen.“ Er schnalzte mit den Fingern. „Einfach so.“
„Unsinn! Wie kann ein erwachsener, gebildeter Mann so abergläubisch sein?“
Lazar verschränkte die Arme und strich sich mit dem Daumen über das Kinn, während er auf die Schiffsplan- ken starrte. „Sie verliert meinetwegen ihre Selbstachtung. Das spüre ich deutlich.“
„Du tust überrascht. Was hast du anderes erwartet? Du hast sie gebeten, ihre Lauterkeit in den Wind zu schlagen – das, was ihre Persönlichkeit unter anderem ausgezeichnet hat.“
„Ich habe nicht ...“
Beinahe zornig unterbrach der Vikar ihn. „Diese Frau ist keine hohle, eitle, schnatternde Närrin, wie es deine früheren Geliebten waren.“
Lazar zog die Augenbrauen hoch und drehte sich zu seinem Freund um. „Ich wusste nicht, dass du so starke Gefühle für andere gehegt hast.“
Der Vikar schnaubte. „Was für ein störrischer Tor du doch bist! Ist dir eigentlich klar, wie selten das ist, was du gefunden hast? Weißt du, dass ich niemals so geliebt habe, wie du das jetzt tust? Dass kein Mann auf diesem Schiff jemals so geliebt worden ist wie du von ihr?
Und da stehst du und willst dieses Geschenk einfach wegwerfen! Ich bin nur überrascht, dass Allegra nicht ge- sehen hat, wie dumm es ist, dich in Sicherheit zu wiegen. Eigentlich ist sie zu klug dafür.“
Der Vikar schlug mit einem Knall das Buch zu und er- hob sich steif. „Heute Abend möchte ich deine Gesellschaft nicht, Fiore. Du fällst mir zu sehr auf die Nerven.“
„Was, zum Teufel, soll ich denn tun?“
„Heirate sie“, erklärte der Vikar. „Zeige einmal in dei- nem Leben ein bisschen Vertrauen in etwas anderes als in deine Pistolen und deinen Degen.“
Mit diesen Worten schritt der Vikar davon. Lazar blickte ihm fassungslos nach.
„Verdammt noch mal“, sagte er und stützte die Hände in die Hüften.
Vielleicht war der Fluch tatsächlich Unsinn.
In Wahrheit begann er außerdem, Nicolette von Schön- burg als seine mögliche Gattin bereits aus dem einfachen Grund zu hassen, weil sie nicht Allegra war. Er würde mit dieser fremden Frau Kinder zeugen müssen, die alles erben würden, was er besaß.
Im Gegensatz dazu würden die Kinder von der Frau, die er liebte, nichts von dem erhalten, was sie hier und jetzt gemeinsam planten. Sie würden
Weitere Kostenlose Bücher